Silberband 096 - Die Gravo-Katastrophe
Fähigkeiten voll ausspielen zu können. Ein normaler Mensch hätte sich auf den oft nur fingerbreiten Streben niemals ungefährdet bewegen können.
Schneller als erwartet erreichte Bjo das Ende eines Pfeilers. Er klammerte sich mit einer Hand fest und griff mit der anderen an den Rand der Luke. Er konnte nicht erkennen, was sich im Innern des Bauwerks befand.
Seine Furcht, die er schon überwunden zu haben glaubte, kehrte zurück. Entschlossen gab er sich einen Ruck und schob sich durch die Öffnung.
Immer wenn besondere Probleme anstanden, spaltete sich die Inkarnation der Superintelligenz BARDIOC in ihre Zustandsformen CLERMAC, VERNOC und SHERNOC auf. Die vierte Zustandsform, BULLOC, war noch nicht so weit ausgereift, um produktiv an solchen Diskussionen teilnehmen zu können.
»Wir sollten zuschlagen«, forderte der Eroberer unter den Inkarnationen. »Je länger wir warten, desto schneller wächst die Gefahr, dass die Menschen die Falle durchschauen. Wenn es ihnen dann gelingt, zu entkommen, waren alle Bemühungen umsonst.«
VERNOC argumentierte dagegen. »Ein Akt der Gewalt würde verhindern, dass wir Informationen erhalten. Sobald wir alles in Erfahrung gebracht ha ben, können wir das Schiff immer noch in unsere Gewalt bringen.«
Die Entscheidung lag bei SHERNOC.
»Die Falle wurde errichtet, um mehr über die Menschen, ihre Ziele und ihre Verbindungen zu Puukar und der Kaiserin von Therm zu erfahren. Erst in zweiter Linie kam der Gedanke an eine Eroberung oder Zerstörung ihres Raum schiffs. Deshalb sollten wir VERNOCs Vorschlag folgen.«
CLERMAC war enttäuscht, aber da er nur ein Bestandteil der Gesamtinkar nation war, mündete seine Enttäuschung nicht in Protest.
»Solange wir die Varben kontrollieren, wird alles wie geplant verlaufen«, versprach er. »In der Rolle des Schweren Magiers kann ich jeden gewünschten Einfluss auf diese Wesen nehmen, ohne dass wir auf Kleine Majestäten zurückgrei fen müssten.«
Das Treffen der Zustandsformen fand auf Koriet, dem zweiten Planeten des Systems Zweitnest, statt. Anschließend bildete die Inkarnation wieder jene ge schlossene Wesenheit, die intensiv an der Geburt ihrer vierten Zustandsform ar beitete.
Nachdem sich seine Augen an das Halbdunkel des Gebäudes gewöhnt hatten, stellte Bjo Breiskoll fest, dass sich die Einrichtung dieser Wohnkugel wesentlich von der anderer varbischer Räume unterschied, die er gemeinsam mit Atlan besucht hatte. Etwas Fremdes hatte dieser Umgebung seinen Stempel aufgedrückt, das sah und fühlte der Katzer.
Reglos stand er neben der Einstiegsluke. Obwohl er ziemlich sicher war, allein zu sein, fürchtete er die unkalkulierbare Reaktion einer unbekannten Macht, sobald er Gegenstände berührte. Vielleicht gab es keinen Schweren Magier mehr, aber dann hatten sich zumindest die äußeren Zeichen seiner Präsenz aus der Vergangenheit in die Gegenwart herübergerettet.
Der junge Mutant wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war, als er endlich aus seiner Starre erwachte. Zögernd setzte er sich wieder in Bewegung und sah sich in der unheimlichen Umgebung um.
An einen Pfeiler gelehnt, wartete Atlan auf Bjos Rückkehr und wärmte sein Gesicht in den ersten Sonnenstrahlen. Er hoffte auf Hinweise, die helfen würden, die Identität des Schweren Magiers zu enträtseln. Je mehr über die Varben und ihre Art zu leben bekannt war, desto leichter würden alle Verhandlungen sein.
Atlan beurteilte fremde Zivilisationen stets vorsichtig, doch das Verhalten der Varben erschien ihm unvernünftig und widersprüchlich. Er stellte sich vor, welche Reaktion der Tod eines Menschen ähnlich wie Koerlaminths Ableben auf der Erde ausgelöst hätte. Die Terraner, überlegte er, hätten sofort alle Kräfte mobilisiert, um einen Angriff auf ihre Heimat abzuwehren. Die Varben hingegen blieben beinahe gleichgültig.
Misstrauten sie den Menschen? Das war die einzig vernünftig erscheinende Erklärung.
Vergeblich wartete Atlan darauf, dass sein Extrasinn aktiv wurde. Der oft unermüdliche Mahner schien in dieser Beziehung ebenfalls ratlos zu sein.
Er blickte in Richtung der Straße, ohne genau zu wissen, was ihn zu dieser Bewegung veranlasste. Gleich darauf sah er, dass ein Fluggleiter näher kam. Die Frage war offen, wie die Varben darauf reagieren würden, dass ein Besucher das Heim des Schweren Magiers betreten hatte.
»Bjo!«, rief Atlan über Armbandfunk. »Wir erhalten Besuch.«
Auf keinen Fall konnte der Katzer schnell genug wieder unten
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