Silberband 096 - Die Gravo-Katastrophe
Manchmal hatte er sogar den Eindruck, dass sich der Lauf der Straßenbänder veränderte, als seien sie von einer ständigen wellenförmigen Bewegung ergriffen. Wahrscheinlich war das gesamte Verkehrsnetz auf einem System unsichtbarer Gravitationslinien aufgebaut.
Nach einer Weile erreichten sie eine Senke, die den tiefsten Punkt der Straße bildete. Zwei kleinere Bänder zweigten hier ab, eines führte zu den Wohnkugeln, das andere in die Wüste hinaus, wie es der Varbe beschrieben hatte. Endlich sah Bjo einen hellblauen Lichtpunkt, nur war unmöglich abzuschätzen, wie weit er von ihrem Standort entfernt lag.
»Kannst du irgendetwas spüren?«, wollte Atlan wissen.
Bjo verneinte.
»Die Straße in die Wüste Tervth ist verlassen«, fuhr der Arkonide fort. »Das Band ist als einziges unbeleuchtet.«
Bjo war plötzlich unheimlich zumute. »Wir sollten aufpassen, dass wir kein Tabu brechen.«
»Möchtest du umkehren?«
»Auf keinen Fall!« Der Katzer wusste, dass der erfahrene Arkonide ihn durchschaute. »Aber vielleicht sollten wir eine Funknachricht an die SOL geben.«
»Damit Perry uns zurückpfeift?« Atlan setzte sich wieder in Bewegung, und Bjo folgte ihm auf das dunkle Band hinaus. Es war kalt und windstill. Die Dünen, die noch vom Licht der seltsamen Stadt erreicht wurden, ragten wie eine Mauer auf.
Die Straße fiel schon nach etwa hundert Metern ab, bis sie schließlich den Boden berührte, die Wunder der Gravo-Technik waren hier nicht mehr wirksam.
Die gemeinsamen Anstrengungen der Mutanten hatten das Schicksal von Terly Anternach, Gondor Grayloft und Khun Zburra nicht klären können. Perry Rhodan war auf die SOL zurückgekehrt, um mit seinen Freunden zu beraten.
»Die Frage ist, ob die Varben tatsächlich etwas mit den Vermissten zu tun haben«, sagte Joscan Hellmut. »Waybunth und die anderen Weltverwalter haben Dutzende von Suchkommandos losgeschickt.«
»Ohne Erfolg!«, erinnerte Gucky. »Das kann ein Trick sein, um uns zu beruhigen.«
»Mit Spekulationen erreichen wir überhaupt nichts«, sagte Perry Rhodan ärgerlich. »Ich werde veranlassen, dass alle Besatzungsmitglieder nach und nach von Wassytoir zurückkehren. Das darf nur keinesfalls überhastet geschehen, damit es nicht einem Affront gegen die Varben gleichkommt.«
Da keine weiteren Zwischenfälle gemeldet worden waren, neigte er zu der Ansicht, dass das Verschwinden der drei Solaner früher oder später aufgeklärt werden konnte.
Die Siedlung der Varben war zu einem in fließender Bewegung befindlichen Lichtknäuel geworden, aus dem die Bandstraßen wie feurige Kaskaden hervorschossen. Atlan schätzte, dass er mit Bjo drei bis vier Kilometer weit in die Wüste Tervth vorgedrungen war.
Das blaue Licht war größer und heller geworden, aber es ließ weiterhin keine Konturen erkennen.
Vor einer Stunde hatten sie Rhodans Befehl empfangen, mit dem die auf Wassytoir befindlichen Raumfahrer zur allmählichen Rückkehr zur SOL aufgefordert wurden. Damit war ihrem Unternehmen eine zeitliche Grenze gesetzt.
Der Aktivatorträger war froh, dass Bjo und er isolierte Anzüge trugen, er schätzte, dass die Temperatur mehrere Grad unter dem Gefrierpunkt lag. Der Katzer bewegte sich geschmeidig an seiner Seite. Im Halbdunkel erinnerte er beinahe an ein Raubtier, das auf seine Beute zuglitt. Atlan konnte verstehen, dass dieser junge Mann manchen Menschen auf der SOL unheimlich war.
»Bald werden wir die einzigen Solaner auf Wassytoir sein«, befürchtete Bjo. »Dann wird Rhodan uns ebenfalls zurückrufen.«
Die Straße war nur mehr undeutlich auszumachen, allein das blaue Leuchten wies den Weg. Atlan wunderte sich, dass es nirgends Sandverwehungen gab. Es war, als hielte eine unsichtbare Barriere die Wüste davon ab, die Straße zu verschlucken.
In der Zentrale der SOL herrschte eine angespannte Atmosphäre. Die offen zur Schau gestellte Sachlichkeit der Schiffsführung konnte nicht über eine gewisse Gereiztheit hinwegtäuschen, deren Ursache vor allem darin lag, dass die Mutanten mit ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten nichts ausrichten konnten. Sogar Gucky wirkte verdrossen.
Früher hätte Perry Rhodan in solchen Situationen nach einer Möglichkeit gesucht, seine Freunde aufzumuntern, jetzt fehlte ihm einfach der innere Antrieb dazu.
SENECA meldete sich mit der Situationsanalyse: »Die vermissten Besatzungsmitglieder können sich nicht mehr auf dem Planeten Wassytoir befinden«, verkündete die Hyperinpotronik mit weicher Stimme.
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