Silberband 098 - Die Glaswelt
entdeckten«, antwortete Kerrsyrial. »Wir benutzen es nur für unsere Zwecke. Gebaut wurde diese ehemalige Raumstation von einem Volk, das wahrscheinlich längst ausgestorben ist.«
Er berührte einen Sensorpunkt. Nach einer Weile runzelte er die Stirn.
»Mein Signal erzeugt keine Reaktion. Eigentlich müsste sich die Schleuse des Schiffshangars öffnen. Da stimmt etwas nicht.«
»Wie könnte es auch, wenn sich Dalaimoc Rorvic in Ghor-Chrane befindet!«, erwiderte ich und griff nach der Gebetsmühle des Tibeters.
Nachdem Kerrsyrial die G'DHON KARTH TBA nahe an die ver schlossen bleibende Schleuse herangeflogen und immer wieder sein Signal gesendet hatte, sahen wir ein, dass wir so nicht weiterkamen.
»Entweder zerschießen wir das Außenschott – was anschließend eine aufwendige Reparatur erforderlich macht –, oder wir versuchen, von der Bruchstelle aus in die Station einzudringen«, schlug ich vor.
»Wenn meine Brüder wenigstens antworten würden!« Der Gys-Voolbeerah klang verzweifelt. »Wahrscheinlich hat Dalaimoc Rorvic sie getötet. Dann will ich ebenfalls sterben.«
»Immer langsam!«, mahnte ich. »Rorvic ist zwar ein Scheusal, aber er ist kein Mörder. Und er wäre Ihren Brüdern ohnehin haushoch überlegen.«
Kerrsyrial blickte mich zweifelnd an.
»Rorvic kann fast alles«, erklärte ich. »Schließlich ist er von Goshmos Castle aus nach Ghor-Chrane gekommen, ohne sich technischer Hilfsmittel zu bedienen.«
»Ihr Menschen gebt uns immer neue Rätsel auf«, sagte Kerrsyrial.
Ich verzichtete darauf, ihm wie schon während unseres Fluges noch einmal zu erklären, dass Rorvic eigentlich kein richtiger Mensch war. »Wahrscheinlich ist es zweckmäßiger für uns, von der Bruchstelle aus in die Station einzudringen«, sagte ich stattdessen.
Der Gys-Voolbeerah steuerte die G'DHON KARTH TBA dicht an der grauen Hülle des riesigen Bruchstücks entlang – und nach einer Weile schwebten wir neben der fast drei Kilometer hohen Bruchstelle. Aus der Nähe wirkte sie wie die Wildnis auf einem Planeten, dessen Pflanzen aus Stahlplastik bestanden.
Jäh zuckte zwischen den Trümmern ein grelles Licht auf. Es hielt sich fast eine Minute lang, bevor es wieder erlosch.
»Dort wird gekämpft!«, stieß Kerrsyrial hervor.
»Dazu gehören mindestens zwei Lebewesen oder zwei Roboter«, widersprach ich. »Aber das Licht kam nur aus einer Quelle und hielt zu lange an. Gibt es in der Station Reparaturroboter?«
»Wir kontrollieren verschiedene Arbeitsmaschinen, die wir abgeschaltet vorfanden, umprogrammierten und reaktivierten«, antwortete der Gys-Voolbeerah. »Aber wir würden sie niemals in der Abrisszone einsetzen, da wir im Rest der früheren Raumstation mehr als genug Platz haben.«
»Gehen Sie näher heran, Kerrsyrial!«, bat ich. »Ich hatte den Eindruck, als würde ein atomares Schneid- oder Schweißgerät dort arbeiten.«
Er schüttelte den Kopf, steuerte das kleine Schiff aber doch in die Richtung, in der wir das grelle Leuchten gesehen hatten. Als er den Frontschirm auf Ausschnittvergrößerung schaltete, entdeckten wir drei seltsame, metallisch schimmernde Gestalten, die zwischen drei Wandfragmenten herumturnten und dabei eine Metallplatte an die Stelle der fehlenden vierten Wand dirigierten. Ihr Aussehen erinnerte mich irgendwie an terranische Marabus, obwohl sie keine Flügel erkennen ließen.
»Das sind entweder Angehörige des Volkes, dem die Station früher gehörte -- oder, was ich für wahrscheinlicher halte, Reparaturroboter. Wir wissen, dass die Station und dieses Schiff von Vogelabkömmlingen erbaut wurden – und es ist eine alte Erfahrungstatsache, dass die meisten Intelligenzen während einer bestimmten Phase ihrer Entwicklung ihre Roboter mehr oder weniger nach ihrem äußeren Erscheinungsbild formen.«
»Es sind Reparaturroboter der Station«, sagte Kerrsyrial. »Aber sie gehören zu einem Typ, den wir nur in den Außenbezirken des Bruchstücks fanden und niemals in Betrieb setzten. Ich kann mir nicht erklären, warum meine Brüder sie ausgerechnet jetzt aktiviert haben sollten.«
Erneut leuchtete es in der Abrisszone auf. Diesmal sahen wir deutlich, dass das Leuchten von atomaren Schweißgeräten kam, mit deren Hilfe die Roboter die Metallplatte mit den benachbarten Wandfragmenten verbanden.
»Sie wollen eine Kammer in diesem Sektor wiederherstellen«, sagte der Gys-Voolbeerah verwundert. »Aber davon wird die Station weder größer noch besser, denn was sie außen anbauen,
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