Silberband 098 - Die Glaswelt
Kontrolle über den neuen Körper. Dann Aneignung von Macht und Produktionsmitteln. Schließlich die Herrschaft über die neue Erde.
»Ich muss handeln«, sagte Sucanne Weyter laut und entschlossen . »Der Verlust des Aktivators bedeutet baldigen Tod für den Körper.«
Sie versuchte, die Spuren richtig zu deuten, die sie im Staub des Büros und auch außerhalb gefunden hatte. Mehrere Personen waren hier gewesen. Nachdem sie auch in der Eingangshalle nach Hinweisen gesucht hatte, stand sie oberhalb der Freitreppe in der grellen Sonne.
Alles troff von Nässe. Zwischen den Häusern brodelten Nebelschwaden.
Vorübergehend war sie restlos verwirrt. Sie fragte sich, welche der vielen Spuren hier draußen zwischen wild wuchernden Pflanzen und Unrat die richtigen sein konnten. Dann konzentrierte sie sich auf logische Überlegungen. Mehrere Menschen waren ihr gefolgt. Also würde eine breite Spur ihre eigene überdecken. Nach dem Raub waren die Diebe in größerer Eile gewesen. Vielleicht hatten sie sich sogar entzweit, dann gab es zwei Fährten von Verfolgten und Verfolgern.
Nach einer kurzen Analyse der mehr oder weniger deutlichen Fährten fand Sucanne die ihrer Meinung nach richtige. Sie ging die Stufen hinunter und fühlte sich dabei schutzlos, weil sie nichts hatte, was sie als Waffe benutzen konnte. Die Müdigkeit des Körpers behinderte sie. Wie lange konnte ein Aktivatorträger ohne das Gerät weiterleben? Sie versuchte sich zu erinnern, aber sie wusste es nicht.
Blutrünstige Insekten umschwirrten sie, und Dornen rissen ihr die Beine auf. Trotzdem folgte sie unbeirrbar der Spur, die auf einen hoch gelegenen Innenhof zu führen schien. Ringsum erklangen die Stimmen einer weitestgehend unsichtbaren Tierwelt.
In dem Hofbereich wucherte die Wildnis nicht mehr so ungezügelt. Ein Feuer hatte vieles vernichtet, und nur Moose und Gräser hatten mittlerweile wieder Fuß gefasst. Quer über den Hof verlief eine Spur von mindestens drei Leuten und führte über eine gewundene Treppe aufwärts.
Sie scheinen eine Wohnmöglichkeit gefunden zu haben, dachte Sucanne und wusste zugleich, dass sie eine Waffe brauchte. Keiner, der einen Zellaktivator an sich gebracht hatte, würde ihn freiwillig herausgeben.
Schmutzspuren führten zu einer eingetretenen Tür. Auf derselben Ebene waren zwei Terrassentüren geöffnet. Vorsichtig schob sie sich näher an die Tür heran und lauschte.
Alles blieb ruhig. Sie bückte sich, hob einen mehr als faustgroßen Stein auf und schob die Tür auf. Unverkennbarer Geruch nach menschlichem Schweiß und nasser Kleidung schlug ihr entgegen, als sie den abgedunkelten Raum betrat.
Sie huschte auf Zehenspitzen weiter. In einem muffigen Raum schlief eine Frau. Als Bett diente ihr ein auseinandergeklappter Kontursessel.
Sucanne schlich näher heran und holte aus. Der Stein in ihrer Hand zielte auf die Schläfe der Frau, aber weil sie sich im Schlaf herumdrehte, traf er nur ihren Nacken. Den gellenden Aufschrei unterband Sucanne sehr schnell, indem sie der Gegnerin ihre Hand auf den Mund presste. Noch einmal schlug sie zu, und diesmal mit Erfolg. Den Stein ließ sie einfach fallen und riss die Decke zur Seite. Tatsächlich hing ein Gurt mit zwei Strahlern oder Schockwaffen an der Armlehne des Sessels.
In den angrenzenden Räumen zu beiden Seiten ertönten Rufe und polternde Geräusche. Sucanne nahm eine der Waffen an sich und richtete den Strahler auf die Tür zu ihrer Rechten.
»Bogna! Was ist los?«, rief eine laute männliche Stimme.
Mit einem gewaltigen Ruck wurde die Tür aufgerissen. Ein breitschultriger Mann mit schweren Tränensäcken und wirrem schwarzem Haar sprang in den Raum herein. Zuerst richtete er den Blick auf die regungslos im Sessel liegende Frau, dann sah er Sucanne.
Ihr Finger krümmte sich, ein schwaches Summen ertönte, aber es löste sich kein Schuss, weil die Waffe noch gesichert war.
Der Mann stürzte fluchend heran. Sucanne begriff, dass er sie nicht als Frau, sondern als seinesgleichen sah. Sie schnellte sich zur Seite und suchte gleichzeitig den Sicherungshebel. Aber der Angreifer wirbelte ihr den Schocker aus der Hand. Sie duckte sich, wich erneut aus und versuchte die Tür zu erreichen. In dem Moment stürmte ein zweiter Mann herein, übersah die Situation gedankenschnell und machte einige Sätze, die ihn fast gleichzeitig mit ihr an die Tür brachten.
Sie wirbelte herum, als er nach ihr griff, und stieß mit den Fingern zu. Der Schwarzhaarige war nun ebenfalls
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