Silberband 099 - Treibgut der Sterne
verachtete Rest der Menschheit in ein Versorgungslager eingewiesen wurden. Deshalb hatte er die Anweisung erteilt, Individualtaster einzusetzen. Die dafür eingeteilten Sondereinheiten hatten mittlerweile über zweitausend Männer und Frauen aufgespürt, unter ihnen viele Ältere, die es vorzogen, irgendwo in der Einsamkeit zu leben und zu sterben. Tifflor hatte Letzteren gestattet, auf Gäa zu bleiben, er hatte Verständnis dafür, dass sie ein Eremitendasein leben wollten. Jüngere Menschen aber wurden ohne Rücksicht auf Proteste zu den Raumschiffen gebracht.
Jetzt war Julian Tifflor der letzte Mensch in Sol-Town. Ein eigenartiges Gefühl beschlich ihn, als er über die Stadt blickte, es war die Vorstellung, sie sei nur in einen tiefen Schlaf gesunken. Irritiert schüttelte er diesen Gedanken von sich ab. Gäa durfte nie wieder menschliches Leben tragen, das Zwischenspiel im Verborgenen war zu Ende.
Als Repräsentant der Menschheit hatte er den Vertretern der GAVÖK erklärt, dass Terra kein neues Solares Imperium anstrebe. Glaubwürdig war das nur, wenn die Menschen auf einem jederzeit zugänglichen Planeten lebten. Auf der Erde. Gäa hingegen war die ideale Basis für einen Kampf aus dem Verborgenen heraus. Demnach erschien es unerlässlich und richtig, Gäa und die Dunkelwolke Provcon-Faust zu verlassen.
Julian Tifflor ging langsam zu seinem Gleiter, der auf dem Dach parkte.
Ein Schwarm Wintermeisen fiel über der Stadt ein – Vögel, die hoch im Norden lebten und nur in den Wintermonaten nach Süden zogen. Sie sind viel zu früh dran, dachte er. Oder sollte es in diesem Jahr einen zeitigen Wintereinbruch geben?
Tiff wurde sich dessen bewusst, dass er umdenken musste. Auf der Erde würde er sich mit einer Flora und Fauna vertraut machen müssen, die ihm in all den langen Jahren fremd geworden war. Vielleicht würde er sogar das eine oder das andere Tier vermissen, ohne sich dessen bewusst zu werden, dass es diese Art auf der Erde nie gegeben hatte.
Er startete mit dem Gleiter. Andere Fahrzeuge befanden sich nicht mehr im Luftraum. Deshalb konnte er tief durch die Häuserschluchten fliegen.
Auf einigen Plätzen hatten Kunstbeflissene riesige Zeichnungen hinterlassen. Etliche Bilder zeigten den Exodus der Menschheit aus der Provcon-Faust, andere stellten Porträts dar. Von Personen, die hier noch vor wenigen Wochen oder gar Tagen gelebt hatten. Der Regen würde die Farben abwaschen und in die Kanäle spülen.
Der Raumhafen kam in Sicht. Ein einziges Großraumschiff wartete auf die letzten Passagiere.
Ein Gleiter der Laren parkte am Rand der Landefläche. Tifflor ließ seine Maschine in unmittelbarer Nähe niedergehen. Zwei Laren kamen ihm entgegen, es waren Roctin-Par und Hotrenor-Taak.
»Tiff«, sagte der Provconer und streckte ihm die Hand entgegen. »Es wird langweilig werden.«
»Dies ist kein Abschied für immer«, erwiderte er lächelnd. »Ich bin sicher, dass wir uns wiedersehen.«
Er wandte sich Hotrenor-Taak zu, der ihn mit einem gewissen Funkeln in den Augen beobachtete. »Leben Sie wohl, Hotrenor-Taak«, sagte er.
Der ehemals mächtigste Mann der Galaxis streckte ihm ebenfalls die Hand entgegen. Zögernd schlug Julian Tifflor ein.
»Ich wünsche Ihnen und Ihrem Volk eine gute Zukunft«, sagte der Lare.
»In der Hinsicht bin ich optimistisch.«
Tiff kehrte zu seinem Gleiter zurück, nickte den beiden Laren noch einmal grüßend zu und flog weiter zu dem großen Kugelraumer.
Minuten später stieg das Großraumschiff langsam in die Höhe, und erst hoch über den Wolken brüllten die Impulstriebwerke auf.
Die Menschen hatten Gäa verlassen.
Mutoghmann Scerp meldete sich, als Ronald Tekener die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, ihn überhaupt noch zu erreichen. Der Neu-Arkonide reagierte bestürzt, als er hörte, welch bedrohliche Entwicklung sich anbahnte.
»Wir müssen den Springerschiffen gemeinsam begegnen«, riet ihm der Aktivatorträger. »Ich gebe Ihnen die Koordinaten durch, an denen sie nach unseren Berechnungen mit der QUARTOR zusammentreffen werden.«
Nach dem Gespräch versuchte Tekener erneut, Julian Tifflor zu erreichen. Und dieses Mal hatte er Glück. Tifflor hatte die Dunkelwolke verlassen, sein Schiff befand sich kurz vor dem Eintritt in den Linearraum.
»Die Situation ist brisant«, bestätigte Tifflor, nachdem er schweigend zugehört hatte. »Falls es zum Kampf kommt, könnte ein Krieg der GAVÖK gegen uns die Folge sein. Scerp und die anderen Gemäßigten
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