Silberband 100 - BARDIOC
geschaffen, dieses Kleidungsstück auszufüllen, doch der ehemalige Wächter wusste es besser. Der Anzug besaß die Eigenschaft, sich an den Körper eines jeden Trägers anzuschmiegen. Solange er den Anzug trug, war Callibso vor Angriffen der fremden Raumfahrer sicher. Bisher waren solche Attacken zwar nicht erfolgt, aber er wollte gegen alle Eventualitäten gewappnet sein.
Nachdem er den Anzug angelegt hatte, trat der ehemalige Mächtige dicht an einen der Ausläufer des Gehirns heran.
»Bardioc, ich weiß nicht, ob du mich sehen oder hören kannst«, sagte er verhalten. »Trotz allem, was du getan hast, fühle ich keinen Hass gegen dich. Ich will dich nicht vernichten, sondern dir helfen. Das ist alles, was ich im Augenblick zu sagen habe. Gib mir ein Zeichen, wenn du mich verstehen kannst.«
Nichts geschah. Der Zeitlose, der nichts von der dramatischen Entwicklung auf dieser Welt ahnte, wollte sich mit der gründlichen Untersuchung Bardiocs Zeit lassen, um ein genaues Bild von den Verhältnissen zu erlangen. Erst danach wollte er entscheiden, was er tun konnte, um eine Verbindung zu Bardioc zu bekommen.
Sein erster Schritt würde darin bestehen, die Stelle zu finden, an der Kemoauc einst die Kapsel mit Bardiocs Gehirn abgelegt hatte. Er nahm an, dass er dort am ehesten Antworten auf alle Fragen erhalten würde, die ihn beschäftigten.
Unter normalen Umständen wäre es einfach gewesen, die Kapsel zu finden, denn ihr Lebenserhaltungssystem war mit einem kleinen Sender gekoppelt gewesen, dessen Impulse Ganerc-Callibso leicht mit seinem Instrumentarium aufgespürt hätte. Doch das Lebenserhaltungssystem hatte bei Bardiocs Ausbruch wohl zu funktionieren aufgehört, die Impulse waren jedenfalls nicht mehr zu orten.
Callibso ging den düsteren Raumfahrern aus dem Weg, obwohl sie sich nicht um ihn kümmerten. Sie schienen vorauszusetzen, dass jemand, der auf dieser Welt weilte, kein Gegner Bardiocs sein konnte.
Ein Lächeln erschien auf dem runzligen Gnomengesicht des Zeitlosen. Im Weltraum standen unzählige Wachschiffe, aber sie hatten die Ankunft des ungewöhnlichen Flugkörpers, mit dem Ganerc-Callibso angekommen war, offenbar nicht einmal wahrgenommen. Das Gefühl der Überlegenheit tat Callibso gut. Es half ihm, eine andere Empfindung zu kompensieren, die sich jetzt wieder stärker in ihm bemerkbar machte – die Einsamkeit.
Schon in seiner Kosmischen Burg, als er hatte erkennen müssen, dass er der wahrscheinlich letzte wirklich Überlebende aus dem Bund der Zeitlosen war, hatte ihm das Bewusstsein des Alleinseins schwer zu schaffen gemacht. Die Nähe dieses monströsen Gehirns, das einstmals Bardioc gewesen war, änderte nichts daran.
Wie würde Bardioc reagieren, wenn er trotz seines seltsamen Zustands begriff, dass einer seiner Artgenossen angekommen war? Musste Ganerc-Callibso nicht mit einem panikerfüllten Angriff rechnen?
Er hatte seinen Flugkörper in Höhe eines Gebirges verlassen und war zum Boden hinabgeglitten. Inzwischen hatte er die Berge hinter sich gelassen. Er glaubte, dass er sich ein gutes Bild vom Aussehen des planetenumspannenden Gehirns machen konnte, denn so wie hier breitete es sich überall auf dieser Welt aus.
Die Instrumente, die Callibso noch besaß, zeigten ihm frühzeitig die Landeplätze der verschiedenen Raumschiffe, sodass er sie umgehen konnte. Einmal ortete er ein fliegendes Energiegebilde, aus dem verschwommen mentale Impulse zu ihm durchdrangen, aber bevor er sich intensiver darum kümmern konnte, verschwand das geheimnisvolle Objekt wieder aus seinem Beobachtungsbereich.
Callibso rechnete damit, noch weitere Überraschungen zu erleben.
Den ganzen Tag über wanderte er durch das seltsame Land, ohne zu ermüden. Bei Anbruch der Nacht hielt er inne. Es hätte ihm keine Schwierigkeiten bereitet, während der Dunkelheit weiterzumaschieren, aber er wollte die tagsüber gemachten Beobachtungen überdenken.
Als er sich nach einem geeigneten Ruheplatz umsah, erweckte ein kleines, braun bepelztes Nagetier seine Aufmerksamkeit. Es hockte auf einem von der erst vor Kurzem untergegangenen Sonne noch erwärmten Stein und beobachtete ihn ruhig aus seinen schwarzen Augen.
Das Verhalten des Tieres war ungewöhnlich. Es floh nicht einmal, als Callibso mit den Armen wedelte. Wie die meisten anderen Tiere trug der Nager einen Gewebeklumpen am Körper, der ihn zum Mitglied der Symbiose zwischen Bardioc und der planetaren Biosphäre machte.
»Bist du vielleicht ein Bote
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