Silberband 100 - BARDIOC
kleinen Mächtigen. »Wenn du die Waffe veruntreust, die wir dir für die Ausübung deiner Funktion aushändigen, kannst du niemals zurückkehren.«
»Ich bin mir der Risiken bewusst«, sagte Ganerc.
Bardioc musste sich dazu zwingen, ruhig zu bleiben. Er spürte, dass Kemoauc im Begriff war, Ganercs Wunsch zu akzeptieren.
»Wir wollen hören, was die anderen dazu sagen«, äußerte Kemoauc jedoch diplomatisch.
»Ich bin dagegen!«, rief Murcon. Die anderen nickten, nur der düstere Partoc zeigte keine Reaktion.
»Ich werde darüber nachdenken und dir später mitteilen, wie ich mich entschieden habe«, sagte Kemoauc.
Das, dachte Bardioc ernüchtert, war mit einer Zusage identisch. Es bedeutete gleichzeitig, dass er seine Pläne in vielen Einzelheiten ändern musste. Aufgeben wollte er keinesfalls. Auch Ganerc war nicht allwissend und konnte nicht überall zugleich sein. In mancher Beziehung war er vielleicht sogar einfacher kalkulierbar als ein Fremder, den man für die Funktion des Wächters einsetzte.
»Lasst uns jetzt über alles andere reden.« Kemoauc erinnerte die Versammelten an ihre Pflichten. »Wer weiß, wann wir uns wieder treffen können.«
Bardioc ahnte, welcher Gedanke die anderen quälte. Er hatte sich lange genug selbst damit herumgeschlagen – bis zu dem Zeitpunkt, da er sich zu seinem Verrat entschlossen hatte.
Sie alle fürchteten, dass der Ruf irgendwann nie wieder ergehen würde. Dann würden sie verurteilt sein, für alle Zeiten in ihren Kosmischen Burgen zu leben – hünenhafte Gestalten ohne jeden Glanz und in ihrer grenzenlosen Einsamkeit bestenfalls bedauernswert. Ganercs Anstrengungen bewiesen, dass auch die anderen überlegten, wie sie dieser drohenden Gefahr entkommen konnten. Nur Kemoauc schien gegenüber allen Vorkommnissen gewappnet zu sein, seine Unerschütterlichkeit war beispielhaft.
Sie diskutierten die Einzelheiten von Phase Zwei. Es waren Gespräche, wie Bardioc sie aus der Vergangenheit kannte, lediglich die Namen von Völkern und Galaxien hatten sich geändert.
In seinen Gedanken war Bardioc bereits wieder in anderen Regionen. Er überlegte, ob dies vielleicht schon der letzte Auftrag war, den sie erhielten. Wer immer diese Vorgänge von jenseits der Materiequellen aus in Gang brachte, war sicher mächtig genug, um die Zerfallserscheinungen in der kleinen Gruppe vorherzusehen und Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Vielleicht würden jene, die in ihre Kosmischen Burgen zurückkehrten, dort für immer einschlafen, wie sie einst dort auch erwacht waren. Bardioc hatte sich nie den Kopf darüber zerbrochen, wer er wirklich war und woher er kam. Sein Leben hatte bewusst in der Kosmischen Burg begonnen, aber es sollte auf keinen Fall dort enden. Bardioc wollte seine Unsterblichkeit auskosten, innerhalb eines kosmischen Sektors, den er allein beherrschte.
Er fieberte dem Ende der Diskussion entgegen, denn er wusste, dass sie dann auseinandergehen würden, um Phase Zwei zu realisieren.
Als sie über alles gesprochen hatten, ergriff Partoc das Wort. Bardioc erinnerte sich nicht, den Düsteren jemals sprechen gehört zu haben, umso erstaunter war er darüber.
»Wenn alles vorüber ist, kehre ich zu den Sterblichen zurück«, sagte Partoc traurig. »Ich kann sie nicht vergessen.«
Zerfall!, schoss es Bardioc durch den Kopf. Zerfall und Auflösung! Sie dürften mir keinen Vorwurf machen, wenn sie wüssten, was ich vorhabe.
»Wenn hier schon jeder über seine Pläne spricht, will ich auch etwas sagen«, meldete sich Murcon. »Ich werde weitere Gäste in meine Burg holen, sobald dieses Projekt abgeschlossen ist.«
»Und ich werde meine Burg verändern«, verkündete Ariolc. »Sie soll noch schöner werden.«
»Ich verstehe euch.« Wie immer blieb Kemoauc ruhig, seine Stimme klang sanft. »Wir wollen uns aber nicht gegenseitig nervös machen. Lasst uns darüber nachdenken und beim nächsten Treffen über alles reden.«
Sie verließen die Halle, die sich hinter ihnen wieder schloss. Unschlüssig standen sie wenig später auf der Ebene, jeder spürte, dass sich alles geändert hatte und dass nichts mehr so sein würde wie früher. Auf diese oder jene Weise sehnten sie sich nach dem ursprünglichen Zustand zurück, verlegen dachten sie daran, dass ihre Gemeinschaft am Zerbrechen war. Aber niemand tat etwas, um diesen Prozess aufzuhalten, nicht einmal Kemoauc.
Bardioc sah dessen mächtige Gestalt an und fragte sich, ob Kemoauc ebenfalls eigene Pläne geschmiedet hatte. Der
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