Silberband 101 - Eiswind der Zeit
die Richtung musste sich doch feststellen lassen.«
Adams-Toufry nickte. »Ich habe geantwortet, erhielt aber keine Reaktion. Ich nehme an, die Richtung brauche ich nicht erst zu erwähnen …«
»Der Krater?«, rief Benjam erregt.
»Richtig, der Krater – oder über dem Krater!«
Alle schwiegen bedrückt. Aber schon wenige Augenblicke später meldete sich das Labor.
»Die Analysen erbringen kein Resultat!«
»Was soll das heißen, kein Resultat?«, polterte Benjam.
»Es handelt sich nicht, wie vermutet, um in großer Hitze verglaste Materie. Auch die chemische Zusammensetzung lässt sich nicht feststellen. Es scheint normales Glas zu sein, ist es aber dennoch nicht. Wir werden weitere Untersuchungen vornehmen.«
Benjam sah nicht gerade glücklich aus, als er sich an Adams wandte. »Was nun? Des Rätsels Lösung liegt zweifellos in dem Feld über dem Krater. Aber unsere Messungen haben nichts Greifbares ergeben. Was sollen wir tun?«
»Abwarten.« Adams-Toufry machte eine vage Handbewegung, die alles und nichts bedeuten konnte. »Ich habe Gedanken empfangen, das ist wichtig. Ich will versuchen, deren Quelle aufzuspüren. Danach sehen wir weiter.«
Allmählich kehrten auch die anderen Gleiter zurück. Keine der Besatzungen brachte Neuigkeiten. Von dem verschwundenen Schiff gab es nicht die geringste Spur.
»Dann muss ich Ihnen die Initiative überlassen, Adams«, stellte der Kommandant fest. »Sie sind einverstanden?«
»Es ist die einzige Möglichkeit«, sagte Adams-Toufry. »Im Übrigen nehme ich nicht an, dass es sich bei dem … Feld, das über dem Krater liegt, um ein energetisches handelt.«
»Sondern …?«, fragte Pallas interessiert.
»Um ein temporales Feld – um eine Zeitblase.«
16.
Der Eiswind der Zeit … das war Hotrenor-Taaks letzter Gedanke, bevor die Umgebung vor seinen Augen verschwand und es dunkel wurde.
Nur Harno blieb sichtbar, jetzt wieder kleiner und ohne die Aura des Zeitvakuums, bis der Lare begriff, dass sie sich beide innerhalb dieses Vakuums befanden.
Er fror plötzlich.
Hotrenor-Taak sah den Boden nicht, auf dem er stand, er sah nur Harno, der weißlich in der Finsternis schimmerte und keine Gedanken vernehmen ließ. Die Zeitlosigkeit verschluckte jeden Laut, jedes Lichtquant und jedes Gefühl – außer der Empfindung absoluter Wärmelosigkeit.
Nur langsam löste sich der Bann auf, konnte der Lare wieder Harnos Gedankenimpulse empfangen.
Die Zeit lässt sich nicht mehr kontrollieren, wir stürzen in Vergangenheit oder Zukunft … ich weiß es nicht. Wir werden manipuliert.
»Von wem, Harno?«
Von jemandem oder etwas, das mächtiger ist als wir.
Allmählich drang blasser Schimmer in das Dunkel, das sie einhüllte. Hotrenor-Taak glaubte, einen warmen Luftzug zu spüren, und die Luft roch nach Pflanzen und Blüten.
Ein heller Fleck schälte sich aus dem nun dämmerigen Nichts, rund und fast senkrecht über ihnen. Dieser Fleck strahlte Wärme aus, die die furchtbare Kälte des Eiswinds der Zeit verdrängte, und es wurde lichter um sie.
Hotrenor-Taak bemerkte, dass er wieder auf festem, grasbewachsenem Boden stand. Er blickte nach oben. Rund um den hellen Fleck wich die Schwärze einem satten Blau. Weiße Tupfen unterbrachen das Blau.
Eine Sonne, ein Himmel … und Wolken. Hotrenor-Taak stand auf der Oberfläche eines Planeten.
»Harno! Wo sind wir? Ist das hier …?«
Es ist Terra!
Die Landschaft wurde deutlicher. Aufragende Felsen, einige niedrige Büsche, die halb vertrocknet waren. Wasser schien es hier nicht im Überfluss zu geben. Rechts und links eines schmalen Pfades gediehen sogar Kakteen.
Hotrenor-Taak glaubte, hinter sich ein Geräusch zu hören. Er drehte sich um und folgte dem Verlauf des Pfades mit den Augen. Der Weg endete vor einem tempelartigen Palast, zu dem breite Stufen hinaufführten.
Dieses Bauwerk … woher kannte er den Stil?
Es ist die Insel Kreta, Hotrenor-Taak. In ferner Vergangenheit.
Eine der vielen Inseln Terras, entsann sich der Lare. Für ihn ohne jede Bedeutung, als er noch die Milchstraße beherrscht hatte. Umso unverständlicher, dass die unbekannte Macht Harno und ihn durch Raum und Zeit ausgerechnet hierher gebracht hatte.
Das Geräusch, ein monotoner Gesang, erklang aus dem Marmorpalast. Das Portal stand weit offen, aber alles dahinter lag im Dämmerschein und war kaum zu erkennen. Schatten bewegten sich, auf einem Podest stand eine etwas heller schimmernde Gestalt – eine Frau in einem weißen,
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