Silberband 101 - Eiswind der Zeit
Fragen, aber Harno antwortete ihm nicht.
Sicherlich, der Tempel konnte ein Abbild der Vergangenheit sein, aber noch heute gab es auf der Erde mehr oder weniger gut restaurierte Tempel. Warum also sollte die Projektion aus einer unbekannten Vergangenheit stammen?
Der Lare wollte aufstehen, doch eine unsichtbare Kraft schien ihn in den Sessel zurückzudrücken. Gleichzeitig ging mit Harno wieder eine Veränderung vor sich. Es entzieht sich meiner Kontrolle … vernahm Hotrenor-Taak die gedankliche Mitteilung. Augenblicke später bemerkte er die entstehende Aura. Sie erinnerte ihn an das Zeitfeld auf Gäa.
Die Aura wurde heller und größer. Das Kissen und die Wanne schienen sich in Nichts aufzulösen. Wenig später berührte die Erscheinung, die nun einen Durchmesser von annähernd fünf Metern hatte, den Laren.
Hotrenor-Taak registrierte eine grauenhafte Kälte, die ihn zu lähmen drohte. Das war nicht die Kälte von Eis oder gar die Temperaturlosigkeit des Weltraums – es war eine völlig andere Kälte, die das Zeitvakuum vermittelte.
Hotrenor-Taak spürte seinen Herzschlag stocken, als er sich entsann, was einer der Konzils-Wissenschaftler einst vermutet hatte. » … der Eiswind der Zeit …«
Die Kabine verschwamm vor seinen Augen. Er sah Harno immer weiter aufgebläht – dann erlosch alles …
Auf Anraten von Adams näherte sich Kommandant Benjam dem Mugnam-System mit äußerster Vorsicht. Von Anfang an spielten die meisten Instrumente verrückt. Die astrophysikalischen Daten wechselten ständig.
Auf den Schirmen war der zweite Planet schon deutlich zu sehen. Die regelmäßig wiederholten Funkanrufe beantwortete die GORSELL aber nicht.
Chefphysiker Pallas machte ein sorgenvolles Gesicht, als er das Schweigen in der Kommandozentrale unterbrach. »Um ehrlich zu sein – ich finde keine Erklärung für das Versagen der Instrumente. In diesem System müssen sämtliche Naturgesetze durcheinandergeraten sein.«
Benjam warf ihm einen undefinierbaren Blick zu. »Ich habe alle gespeicherten Informationen abgerufen. Es hat schon früher Expeditionen hierher geben, und die Teilnehmer sprachen von einigen Phänomenen, aber es handelte sich um statistisch regelmäßig auftretende Dinge. Aktuell scheint das alles ganz anders zu sein …«
»Eben das beunruhigt mich«, sagte All Pallas ein wenig ratlos. »Es muss sich also in diesen tausend oder mehr Jahren seit den Expeditionen einiges verändert haben. Wenn sich wenigstens Hotrenor-Taak melden würde. Oder Harno.«
»Wir wissen, dass Harno sich in einem Ausnahmezustand befindet.« Adams griff in die Debatte ein. »Folglich müssen Dinge geschehen sein oder gerade geschehen, von denen wir uns noch keine Vorstellung machen können.«
»Davon verstehe ich nichts«, gab Benjam zu. »Meine Aufgabe ist es, Harno zu finden und ihn zur Erde zu transportieren.«
»Die wichtigste Aufgabe ist im Augenblick, das Schiff unbeschädigt auf diesem verteufelten Planeten zu landen«, knurrte Takim. »Aber der sieht nicht sehr verlockend aus.«
Die Rotation von Mugnammor war ziemlich schnell. Schon während die HANZARO die Bahn des äußeren Planeten überquerte, suchte Kon Takim die Oberfläche des Planeten mit der Ortung ab. Er fand keine Spur von Hotrenor-Taaks Schiff, entdeckte aber etwas anderes.
»Da muss kürzlich ein Meteor eingeschlagen sein. Ein ziemlicher Krater, finden Sie nicht, Kommandant?«
Benjam studierte das Ortungsbild. Die HANZARO war noch zu weit von Mugnammor entfernt, optische Einzelheiten schälten sich erst allmählich heraus. Andererseits hatte Benjam schon eine Menge Krater gesehen und konnte sich ein Urteil über ihre Entstehung erlauben. Wenn der Krater auf Mugnammor frisch war, so fehlte der für einen Meteoreinschlag typische Ringwall. Vulkanischen Ursprungs konnte er ebenso wenig sein, denn dafür gab es überhaupt keine Anzeichen.
Der Kommandant äußerte keine Vermutungen. Adams-Toufry las jedoch seine Gedanken. »Ziehen Sie wirklich eine Explosion in Erwägung?«, fragte er gelassen.
Benjam schrak sichtlich zusammen. Er schien vorübergehend vergessen zu haben, über welche Fähigkeiten sein Passagier verfügte.
»Allerdings, daran dachte ich«, antwortete er. »Der Krater wäre typisch für einen Einschlag, soweit ich das aus dieser Entfernung beurteilen kann. Jedenfalls werden wir genau dort landen.«
»Ein wenig daneben«, schlug Kon Takim ruhig vor.
»Wie lange noch?«, wollte Adams wissen.
»Drei Stunden und vierzig
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