Silberband 101 - Eiswind der Zeit
beschafft.
Hamiller war sich dessen bewusst, dass er jetzt von den jüngsten Ereignissen im Rahmen der Ausgrabungen hätte berichten müssen, doch er schwieg beharrlich.
»Der Kult um Demeter galt als einer der mächtigsten in der Antike.« Tifflor blickte den Rat für Wissenschaft forschend an. »Könnte Harnos Botschaft mit den Ausgrabungen auf Kreta zu tun haben?«
Hamillers Magen verkrampfte sich. Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Czerk Matzlew hat zwar etliche Artefakte von außerordentlicher Bedeutung gefunden – von Demeter war jedoch nirgendwo die Rede.«
Die Lüge kam ihm glatt über die Lippen. Er wartete darauf, dass Tifflor fragen würde, welches Objekt er von Kreta aus zur Forschungsanstalt Durban hatte bringen lassen, doch der Erste Terraner überging diesen Transport. Hamiller schloss daraus, dass Tifflor ihm immer noch voll vertraute. Auch Adams ließ nicht erkennen, ob er etwas bemerkt hatte. Bei ihm wagte Hamiller allerdings kein Urteil zu fällen.
»Sehen Sie eine Möglichkeit, Harno zu helfen?«, fragte Tifflor.
Payne Hamiller dachte einige Sekunden lang nach, bevor er antwortete. »Nein«, sagte er dann. »Er muss sich aus sich selbst heraus regenerieren. Wir können nichts für ihn tun.«
Der Erste Terraner nickte. Er schien nichts anderes erwartet zu haben.
Tifflor besprach noch einige andere Dinge, die zwischen ihm und dem Ministerium Hamillers zu regeln waren und die weder mit Harno noch mit Demeter etwas zu tun hatten. Dabei merkte Hamiller deutlicher als zuvor, dass Adams ihn beobachtete.
Hamiller wartete darauf, dass Adams sich direkt an ihn wenden und ihn befragen würde, doch das geschah nicht. Adams verabschiedete ihn wie einen Freund, als alles besprochen war.
Als sich die Tür hinter Hamiller geschlossen hatte, blickten sich Tifflor und Adams an.
»Irgendetwas stört Betty an ihm«, sagte der Mann mit den schütteren, blonden Haaren. »Sie kann es jedoch nicht genau bestimmen.«
»Ist etwas nicht in Ordnung mit Hamiller?«, fragte der Erste Terraner.
»Vielleicht.« Adams zuckte mit den Schultern. »Betty kann es nicht genau erfassen.«
»In letzter Zeit ist viel vorgefallen«, bemerkte Tifflor. »Das hat ihn sicherlich mitgenommen.«
Jandra Kays-Perse wartete in ihrem Versteck ab, als die Wissenschaftler den Schrein mit dem Versorgungssystem ausluden und in die Halle der Forschungsanstalt brachten.
Erst als sie sicher sein konnte, dass sich niemand mehr in dem Transportgleiter aufhielt, sah sie sich in der Maschine um. Sie hoffte, eine Waffe zu finden, doch sie wurde enttäuscht. Schließlich nahm sie einen als Werkzeug dienenden Stahldorn, um überhaupt etwas zu haben. Sie verließ den Gleiter durch ein Bodenschott.
Wachen waren rund um die Forschungsanstalt postiert worden. Sie saßen in ihren Gleitern. Von dort aus, glaubte Jandra-Perse, drohte ihr keine Gefahr.
Sie lief über einen offenen Platz, bereit, sich als Wissenschaftlerin auszugeben, falls ihr jemand begegnete. Doch sie gelangte ungehindert in das Gebäude, in dem sie Demeter wusste.
Durch Glasscheiben konnte sie in die Halle sehen. Die Wissenschaftler standen auf dem Gerüst. Jandra befürchtete, dass sie versuchen würden, den Schrein zu öffnen, obwohl ihnen der Mechanismus dafür unbekannt war.
Sie öffnete lautlos eine Tür zur Halle, schlüpfte hindurch und ging hinter einer großen Kiste in Deckung. Von hier aus versuchte sie, einen genauen Überblick zu gewinnen.
Boyt Margor fiel ihr sofort auf. Da sie die Zusammenhänge nicht kannte, glaubte sie, dass der seltsam bleiche Mann mit den türkisfarbenen Haaren für die terranische Regierung arbeitete. Aus dem Verhalten der anderen Wissenschaftler ihm gegenüber schloss sie, dass er eine wichtige Position bekleidete.
Es schien nur eine Möglichkeit zu geben, die Arbeiten am Schrein zu stoppen. Sie musste diesen Mann töten. Perse hatte keine moralischen Bedenken, das zu tun. Der Teil ihrer Persönlichkeit, der Jandra Kays war, spielte in dieser Hinsicht keine Rolle. Er diente nur als Informationsspeicher und blieb ohne Einfluss auf ihre Handlungen.
Als sie den Wissenschaftlern eine Weile zugesehen hatte, verstand sie, dass die Männer nach einem Weg suchten, den Schrein zu öffnen. Anscheinend war ihnen nicht klar, dass sie Demeter dabei töten würden. Fast hätte Perse aufgeschrien vor Entsetzen.
Sie wusste genau, wie sie Demeter wecken und den Schrein öffnen musste. Dafür war nicht mehr als ein Handgriff nötig. Sie verfolgte
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