Silberband 101 - Eiswind der Zeit
würde.
Boyt Margor hatte zunächst überhaupt nichts über Demeter und ihren Ursprung, über ihre Bedeutung und ihren über Jahrtausende wirksamen Einfluss gewusst. Erst nachdem Hamiller ihn über den Fund unterrichtet hatte, hatte er alle sich ihm bietenden Informationsquellen zurate gezogen.
Er glaubte, die Frau gefunden zu haben, die ihn auf seinem Weg zur absoluten Macht begleiten sollte. Er war überzeugt davon, dass er eine Frau brauchte, die die Massen faszinieren konnte und zudem von Geheimnissen umwoben war.
Aber nicht nur das fesselte ihn an Demeter.
Er wusste, dass sie ebenfalls ein bestimmtes Verhältnis zur Macht hatte, und er glaubte, mit ihr zusammen seine Ziele schneller erreichen zu können. Er hielt es sogar für möglich, dass sie über Fähigkeiten verfügte, durch die sie sich im Altertum hatte zur Göttin aufschwingen können. Warum sollte er diese Kräfte nicht nutzen? Warum sollte es ihm nicht möglich sein, Demeter zu seiner ihm sklavisch ergebenen Paratenderin zu machen?
»Wir werden den Schrein öffnen!«, rief er den Wissenschaftlern zu. »Demeters Schlaf ist zu Ende!«
20.
Nirgendwo waren die Aufbauarbeiten so weit fortgeschritten wie in Terrania City. Das wurde Payne Hamiller in aller Deutlichkeit bewusst, als er auf dem Parkdach seines Ministeriums landete und in eine Maschine umstieg, die ihn nach Imperium-Alpha brachte.
Lange Zeit hatte der Wissenschaftler immer wieder versucht, Julian Tifflor darüber zu informieren, dass Boyt Margor ihn beherrschte. Er hatte den Ersten Terraner um Hilfe bitten wollen, aber es war ihm nicht gelungen, die entscheidenden Worte über die Lippen zu bringen.
Nun war alles anders. Hamiller fürchtete sich davor, dass Tifflor die Wahrheit von sich aus entdecken würde. Längst hätte er ihn über Demeter informieren müssen, doch er hatte es nicht getan.
Verstohlen blickte Hamiller den Offizier an, der ihn durch die Gänge von Imperium-Alpha führte. Trug dieser Mann einen der PEW-Mutanten in sich? Versuchte jenes Bewusstsein vielleicht gerade in diesen Sekunden, ihn telepathisch zu überwachen?
Payne Hamiller hatte sich längst darüber Gedanken gemacht, wie eine Begegnung zwischen ihm und einem Telepathen enden würde. Er war sich ziemlich sicher, dass Boyt Margor ihn mit einem schützenden Parablock versehen hatte. War es aber wirklich so? Und musste es einem Mutanten nicht auffallen, wenn Hamiller teilweise oder gar völlig immun war gegen ihre Sondierungen?
Der Wissenschaftler wusste es nicht, und diese Ungewissheit machte ihn unsicher. Er bewegte sich nicht so besonnen wie gewöhnlich und sprach schneller als sonst. Sein Puls raste fast. Sicherlich hatte Boyt Margor ihn gegen Telepathen abgeschirmt. Wie aber war es mit André Noir? Konnte der Gefühlsorter seinen Erregungszustand erfassen?
Der Weg schien endlos zu sein. Endlich betrat Hamiller einen abgedunkelten Raum, in dessen Mitte ein Podest mit einem Kissen stand. Auf dem Kissen lag eine kleine graue Kugel – Harno, das Wesen aus Zeit und Raum. Daneben standen Julian Tifflor und Homer G. Adams.
Als Payne Hamiller Adams sah, ahnte er sofort, dass dieser das Bewusstsein der Telepathin Betty Toufry trug. Er hatte keinen Beweis für seine Befürchtung, zweifelte aber nicht im Geringsten daran, dass Adams einen solchen Vorteil nutzte.
Hamiller grüßte, wobei er sich darüber ärgerte, dass die Geste übertrieben freundlich ausfiel. Weil er damit seine Unsicherheit zu kaschieren versuchte.
»Ist Harno tot?«, fragte er.
»Glücklicherweise nicht«, antwortete Tifflor. »Er scheint jedoch grenzenlos erschöpft zu sein.«
Hamiller betrachtete das Kugelwesen. Er konnte kein Lebenszeichen erkennen. »Was ist geschehen?«, fragte er. »Wollte Harno nicht auf Gäa bleiben, um sich dort auf etwas vorzubereiten?«
Homer G. Adams berichtete, wie er Harno gefunden hatte. Payne Hamiller hörte mit wachsendem Unbehagen zu. Er blickte Adams an, weil er das Gefühl hatte, dass dieser ihn nicht aus den Augen ließ. Der Aktivatorträger berichtete mit leiser Stimme von den Ereignissen auf Mugnammor.
Hamillers Unbehagen steigerte sich zum Schrecken.
»Es ist fantastisch«, sagte Tifflor leise. »Aber Harno wollte uns zweifellos warnen.«
Der Wissenschaftler wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Tifflor hatte recht, wenn er annahm, dass Harno sie auf seine Weise warnen wollte. Dieses Wesen aus Raum und Zeit hatte nicht nur Bilder von Kreta, sondern auch aus der Vergangenheit
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