Silberband 102 - Aufbruch der Basis
ahnen gar nicht, wozu berauschte Wynger fähig sein können.«
Plondfair hielt diese Warnungen für übertriebene Wichtigtuerei.
Mitten auf dem Steg blieb Maitho stehen. »Ich hoffe, dort drinnen gute Bekannte zu treffen«, sagte er. »Bitte halten Sie sich aus allen Verhandlungen heraus!«
Der Eingang zum Rauschdampfraum bestand aus einer doppelten Luftschleuse, die verhindern sollte, dass der kostbare Dampf ins Freie entwich. In der vorderen Schleusenkammer hockte eine finster dreinblickende Wyngerin auf einem Fellbündel und kassierte den Eintritt. Ihre Augen waren weit geöffnet, nahezu mechanisch überprüfte sie die Wertmarken, die Maitho ihr übergab. Erst als Kumpfai vor ihr auftauchte, zuckte sie zusammen. »Ein Roboter?«, fuhr sie Maitho an. »Soll das ein Scherz sein?«
»Dieser prächtige Bursche hat schon bis über die Ohren in den tiefsten Sümpfen der Zivilisation gesteckt«, sagte der Kommandant. »Er ist gegen alle Anfechtungen gefeit.«
»Das bezweifle ich nicht«, gab die Frau zurück, »und das ist auch nicht das Problem. Es geht vielmehr darum, was unsere Gäste dazu sagen.«
Maitho warf eine große Wertmarke auf ihren Schoß. Danach hatte sie keine Einwände mehr.
In der hinteren Schleusenkammer hockte ein alter Gryse am Boden und weinte. In den Händen hielt er eine feuerrote Blüte, die sich rhythmisch öffnete und schloss. Plondfair traute seinen Augen nicht.
»Viele Wynger erreichen im Rausch eine seltsame Beziehung zu Pflanzen«, sagte Maitho leise.
Sie betraten den eigentlichen Rauschdampfraum. Es war so dunkel, dass Plondfair kaum etwas sehen konnte. Der Duft der Dämpfe stülpte sich wie eine Glocke über ihn, und er spürte, dass seine Sinne ungewohnt heftig reagierten. Prompt hielt er den Atem an. Nach einiger Zeit gewöhnten sich seine Augen an die Lichtverhältnisse, und er konnte die Konturen von Liegen und Sesseln ausmachen. Die meisten davon waren besetzt. Der Rauschdampf strömte aus Düsen im Boden und in den Wänden. Plondfair blieb stehen, und Kumpfai stieß gegen ihn. Im Innern des Roboters knackte es hörbar.
Der Lufke passte auf, dass er seine Begleiter nicht aus den Augen verlor. Maitho schien sich in dieser Umgebung mühelos zurechtzufinden, wohingegen Plondfair sich benommen fühlte. In seinen Ohren rauschte das Blut, ein schwer zu beschreibendes Gefühl ergriff von ihm Besitz. Es war, als wiche die Umgebung vor ihm zurück und gewänne endlose Dimensionen. Er atmete nur noch behutsam.
Wie aus weiter Ferne hörte er, dass Maitho mit jemandem sprach, dann wurde er am Arm gepackt und weitergezogen. Er stand nun zwischen dem kahlköpfigen Raumfahrer und einem Fremden. Der Unbekannte war nur schattenhaft zu sehen.
»Das ist Plondfair«, sagte Maitho. »Er will Vyrskor sehen.«
»Wir wissen nicht, ob er noch lebt«, lautete die Antwort. »Vor seiner Festnahme war er bereits schwer krank. Er befindet sich auch nicht in einer Unterkunft der Behörden, sondern in der zentralen Krankenstation. Dort wird er allerdings bewacht.«
»Wir wollen es trotzdem versuchen«, beharrte Maitho.
»Ich glaube nicht, dass es einen Sinn hat«, gab der Schatten zurück. »Vyrskor war schon halb verrückt und fantasierte über Välgerspäre und das Alles-Rad.«
»Das ist genau das, was mich interessiert«, sagte Plondfair spontan.
Painoth, der hinter ihm stand, versetzte ihm einen derben Stoß in die Seite. »Lassen Sie das!«, fuhr Plondfair ihn an. »Ich lasse mich nicht herumkommandieren wie ein Kind.«
Noch während er redete, wurde dem Berufenen bewusst, dass ringsum Stille eintrat. Nur das leise Zischen der Dampfdüsen war zu vernehmen. Niemand bewegte sich.
»Er hat keine Ahnung, wie er sich hier verhalten muss«, flüsterte Maitho beschwörend in die unheimliche Stille, aber plötzlich tauchten überall Gestalten auf. Sie bildeten einen Kreis, der sich immer dichter um die drei Männer und den Roboter zusammenzog.
»Schnell, bitten Sie diese Wynger um Verzeihung!«, flehte Maitho.
»Was?«, fragte Plondfair verständnislos.
Jemand kippte ihm heiße Flüssigkeit ins Gesicht, dann wurde er von mehreren Männern gleichzeitig gepackt und zu Boden gerissen. Während er die Arme hochriss, hörte er ein schepperndes Geräusch. Offenbar war Kumpfai zu Fall gekommen. Plondfair verlor keinen Augenblick die Übersicht. Im Grunde genommen begrüßte er den Zwischenfall, konnte er doch endlich seine lange angestaute Spannung abreagieren. Er zog sich zusammen und stieß mit einem
Weitere Kostenlose Bücher