Silberband 103 - Facetten der Ewigkeit
Ohnmacht, Königin?, fragte des Türmers Ordinärbewusstsein. Willst du tatenlos zusehen, bis die sterblichen Hüllen deiner Monaden die neun Türme bedecken?
Wozu habe ich euch? Entzündet das Leuchtfeuer, dann werden sich die Monaden sofort beruhigen. Es bedarf nur des unsichtbaren Turmsignals, um die Ruhe wiederherzustellen. Gebt den Monaden das Signal, und sie werden friedlich sein.
»Das wirst du hoffentlich nicht tun. Gleniß!«, rief Jarkus-Telft erschrocken aus, und er dachte auf beiden Ebenen so. »Die Dauer der Intervalle, in denen das Leuchtfeuer strahlt, darf nicht verändert werden.«
»Ist das nicht in unserem Tiefenbewusstsein fest verankert?«, sagte der Türmer mit leichtem Tadel zu dem jungen Wissenschaftler und registrierte zufrieden, dass dieser Beschämung wegen seiner vorlauten Äußerung zeigte. »Eher würde ich sterben, als den Rhythmus des Leuchtfeuers zu stören.« Diese Äußerung war für die Duade gedacht. Für seine Artgenossen fügte er hinzu: »Schweifen wir nicht vom Thema ab! Spart eure verwirrenden Gedankengänge für die Duade auf und nur für sie. Wir müssen hier und jetzt zu einer Entscheidung kommen, was zu geschehen hat.«
Was gedenkst du zu tun, Türmer?
Gleniß-Gem justierte das größte Holo neu, sodass die Szenerie mit den Monaden verschwand. Die Projektion zeigte nun das Schema zweier Impulse auf sechsdimensionaler Basis. Beide Projektionen glichen einander bis auf geringe Abweichungen.
»Zur Linken ist das Piktogramm des Impulses zu sehen, wie er in der Memo-Anlage gespeichert ist. Rechts ist der Impuls sichtbar gemacht, den wir empfangen haben. Jeder kann leicht erkennen, dass er modifiziert wurde. Welche Einflüsse daran schuld sind, müssen wir herausfinden.«
Zweifellos hat diese Modifizierung des Impulses die Monaden um die Kontrolle über sich gebracht, dachte Jarkus-Telft auf zweiter Ebene. Laut fügte er hinzu: »Wir sollten eine Expedition starten, um nach der Ursache der Veränderung zu suchen. Es wäre möglich, dass wir damit gleichzeitig den Grund für die Verzögerung herausfinden.«
Alle stimmten zu, und der Türmer schwieg, was einem Einverständnis gleichkam. Selbst die Duade war von diesem Plan angetan.
Eine Expedition in die Tiefen der Galaxis - und ich selbst werde sie anführen!
»Das wäre zu gefährlich«, sagte Gnogger-Zam diplomatisch. »Wir können unsere Königin nicht der Gefahr aussetzen, dem Gegner in die Falle zu gehen. Schließlich müssen wir damit rechnen, dass der Feind den Impuls manipuliert hat.« Er sprach damit aus, was die anderen in ihr Tiefenbewusstsein verdrängt hatten, die Angst, dass der Feind das Objekt gefunden haben könnte.
»Gesundes Misstrauen ist angebracht.« Der Türmer formulierte in seinem Ordinärbewusstsein eine Gedankenkette, die der Duade plausibel machen sollte, warum sie an dieser Expedition nicht teilnehmen konnte. Es war ein Appell an ihren Selbsterhaltungstrieb.
In Wirklichkeit ging es Gleniß-Gem darum, der Riesenamöbe keine Gelegenheit zu geben, ihre Macht auf andere Sonnensysteme auszudehnen. Im Alkyra-System war sie relativ isoliert und harmlos. Da sie nicht die Möglichkeit hatte, aus eigener Kraft die Leere zwischen den Sternen zu überwinden, konnten die Loower sie unter Kontrolle halten. Aber es war nicht auszudenken, was passierte, wenn ein Volk in ihren Bann geriet, das sich den gedanklichen Befehlen nicht zu entziehen vermochte.
Während die Loower die Duade mit ihren Ordinärgedanken einlullten, ging die Diskussion über eine Expedition weiter.
»Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen«, mahnte Gnogger-Zam. »Also darf die Expedition im Fall einer Entdeckung keine Rückschlüsse zulassen. Die Zahl der Teilnehmer muss gering gehalten werden, damit sie sich gegebenenfalls eliminieren können und keine Hinweise auf unser Volk hinterlassen. Ich selbst melde mich freiwillig und würde es begrüßen, wenn Jarkus-Telft mich begleiten dürfte.«
Es ist rührend, wie ihr um meine Sicherheit besorgt seid, meldete sich die Duade. Gut, ich stimme der Expedition zu; wenn nicht mehr als zwei Verweser daran teilnehmen. Meine Bedingung ist, dass ich von den beiden durch Gedankenprotokolle über den Verlauf der Expedition informiert werde.
»Ihr habt es gehört, die Königin hat ihre Zustimmung gegeben«, sagte Gleniß-Gem amüsiert, aber seinen Ordinärgedanken ging dieser belustigte Unterton ab. »Nun sollen beide Kandidaten selbst bestimmen, in welcher Form sie ihre Mission gestalten
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