Silberband 105 - Orkan im Hyperraum
aufgewachsener Mensch hätte sich keinen Schritt weit in das Dickicht gewagt, da er zu viele natürliche Gefahren aus seiner Umwelt kannte und diese Erfahrungen spontan auf Datmyr-Urgan übertragen hätte. Der Solaner war nicht damit belastet; er kannte die vielfältigen Bedrohungen nicht.
Unvermittelt hielt er inne.
Er hatte ein Geräusch gehört, das er noch nie vernommen hatte. Dennoch formte sich in ihm eine Assoziation mit etwas Vertrautem.
Er hörte das Horn des Türmers der Königinburg von Chamu-bal.
Das Ziel war nahe …
»Das ist wirklich mehr als mysteriös!«, sagte Duneman Harkrath.
»Was ist mysteriös?« N'tolo schaute mit entzündeten Augen von einer Konsole auf, die er seit Stunden untersuchte.
»Die Tatsache, dass ich die metallische Kugel im Tal nicht mehr sehen kann«, antwortete der Pilot des Leichten Kreuzers. »Sie scheint einer Zone absoluter Dunkelheit gewichen zu sein.«
»Oh!«, rief Coosen-Lengten über Interkom. »Das darf nicht wahr sein!«
»Heela?«, fragte Harkrath.
In der Stimme der Ortungstechnikerin schwangen die ersten Töne von Hysterie mit. »Charlemagne kommt in zehn Stunden herunter – und er wird genau hier abstürzen!«
»Unser Landungskommando ist noch dort oben«, sagte Cimmon vom Feuerleitpult aus.
Entsetzen breitete sich in der Hauptzentrale der MONTRON aus. Das Schiff wurde immer noch von dem Traktorstahl an den Boden gefesselt. Außerdem wäre ohne funktionsfähige Hauptpositronik vielleicht noch ein Start möglich gewesen, keinesfalls aber mehr.
»Wir müssen die Insektenwesen warnen, damit sie ihre Stadt evakuieren können«, sagte Harkrath müde. »Und wir müssen hier ebenfalls schnellstens verschwinden.«
»Was wird aus dem Landungskommando? Und aus der MONTRON?«
»Wir müssen retten, was zu retten ist, Heela!«, erwiderte der Pilot eindringlich.
Er wandte sich über Funk an die ausgeschleusten Trupps: »Duneman an alle! Die Außengruppen kehren unverzüglich zur MONTRON zurück. Im Schiff wird alles für den Abzug vorbereitet. Die Besatzung fliegt mit Space-Jets und Shifts zum Südkontinent und richtet dort ein befestigtes Lager ein. Ich selbst werde mit Earl, Heela und Quebeq in Stanias Space-Jet zu den Eingeborenen fliegen und versuchen, sie zum Verlassen der Stadt zu bewegen. Ich erwarte schnelle und präzise Ausführung. Ende!«
Der Planet schwoll optisch zusehends an. Aber das interessierte mich in dem Moment nicht einmal. Mittlerweile blieben wir von dem ständigen Gesteinshagel unbehelligt, denn unser Asteroid hatte den inneren Trümmerring durchquert.
Der letzte Meteoritentreffer hatte große Felsbrocken aus Charlemagne herausgeschlagen. Meine Aufmerksamkeit wurde von einer irgendwie silbrig schimmernden Fläche gefesselt.
Lapasch war offenbar der Ansicht, ich wollte mich irgendwo verkriechen, damit niemand meine Todesangst sah. Mir war egal, was er glaubte, schließlich wusste ich ja, wie sehr er sich irrte. Ich wollte mich keineswegs verkriechen, sondern etwas unternehmen. Und ich hatte es eilig, denn in eineinhalb Stunden, so hatten wir vor wenigen Minuten ausgerechnet, würde Charlemagne in die Atmosphäre unseres Schicksalsplaneten eintauchen.
Deshalb begnügte ich mich auch nicht damit, die geringe Schwerkraft des Asteroiden für große Sprünge auszunutzen. Ich schaltete mein Flugaggregat ein und steuerte die Lücke im Gestein an.
Der Meteorit hatte eine Bresche geschlagen, die ungefähr zwanzig mal fünfzig Meter maß und gut zwanzig Meter in die Tiefe reichte. Dabei war etwas bloßgelegt worden, was auf gewisse Weise einer Silberader glich.
Was da zu sehen war, zog meine Aufmerksamkeit geradezu magisch auf sich. Als erfahrener Kosmogeologe, der vor dem Auftauchen des Schwarms in unserer Galaxis im Auftrag der ICC fünf Welten mit sehr bedeutenden Howalgoniumvorkommen erforscht und dem Abbau zugänglich gemacht hatte, brauchte ich nur einen Blick auf das silbergrau und teilweise wie Quecksilber aussehende Mineral zu werfen, dessen kristalline Struktur erst unter dem Elektronenmikroskop offenbar wurde. Kein Zweifel, das war Howalgonium in seiner reinsten Form – und von einer Menge, wie sie bisher in einem einzigen Vorkommen nie gefunden worden war. Ich kannte den Verlauf, wie sich Howalgonium, das an der sichtbaren Stelle einen sternförmigen Querschnitt zeigte, nach unten und gleichzeitig nach den Seiten ausbreitete. Bei der geschätzten Größe von Charlemagne sollte das Vorkommen eine Masse von mindestens fünf
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