Silberband 106 - Laire
Mann.
»Ich habe Seltsames beobachtet«, eröffnete er. »Kranke, die das Große Flehen hinter sich haben, werden nach ihrer Ankunft auf Starscho in verschiedene Gruppen aufgeteilt. Ich habe mich gefragt, warum das so ist. Nun, das Große Flehen dient offenbar auch dazu, eine erste Diagnose zu stellen. Nach ihr werden die Kranken eingeteilt, als ob das Alles-Rad sich stets nur auf eine Gruppe von Personen konzentrieren könne, die unter der gleichen Krankheit leiden.«
»Du hast die Kranken danach befragt, was sie beim Großen Flehen über sich ausgesagt haben?«
»Weil ich mich in der Medizin gut auskenne. Daher konnte ich einige Diagnosen stellen. Natürlich bin ich nicht in der Lage, eine Therapie abzuleiten, aber ich konnte immerhin eine Einteilung vornehmen. Sie stimmte mit der überein, die von den Kryn befohlen wurde.«
»Also kamen immer nur Kranke mit den gleichen Symptomen zusammen in die Tempel?«
»Hautkranke wurden nach Tasphahar im Norden gebracht, Lungenkranke nach Chaktar im Westen, Herzkranke nach Zhamaphahan …«
»Das genügt mir«, unterbrach der Kommandant den Redefluss. »Ist dir sonst noch etwas aufgefallen?«
»Nein. Wir sollten diese Tatsache aber nicht überbewerten. Ich habe mit einem Kryn gesprochen, den ich gut kenne. Er gab mir keine Begründung für die Einteilung und sagte nur, dass das Alles-Rad so entschieden habe.«
Courselar war im Grunde genommen nicht einmal überrascht. Plondfair hatte ihn schon darauf hingewiesen, dass der Strom der Heilungsuchenden auf Starscho in dieser Weise aufgeteilt wurde.
Er rief den nächsten Vertrauten herein. Es war der Strahlungstechniker Ruchgaden, ein Gryse und ein nervöser Mann, der keinen Augenblick lang ruhig bleiben konnte. Courselar wusste, dass den hoch qualifizierten Wissenschaftler einige Schicksalsschläge belasteten.
Ruchgaden war nervöser als sonst. Häufig verhaspelte er sich bei seinem Bericht. Er hatte einen der wichtigsten Tempel des Mondes untersucht und dabei Messgeräte aus seinem Labor eingesetzt.
»Die Kranken werden in Kabinen gebracht, in denen sie allein sind«, berichtete er. »Die Kabinen sind nach oben offen, und die Kryn sprechen aus der Höhe herab mit den Kranken. Sie zitieren aus den Schriften des Alles-Rads und umnebeln den Geist der Kranken mit ihrem Singsang.«
»Warum sprichst du auf einmal so abfällig über die Kryn?«, fragte Courselar.
»Weil ich festgestellt habe, dass in den Wänden der Kabinen hochwertige Bestrahlungsgeräte vorhanden sind. Sie überschütten die Kranken mit Strahlenschauern, während diese sich einbilden, von den Kryn an das Alles-Rad herangeführt zu werden. Die Patienten glauben, dass das Alles-Rad sie von ihrer Krankheit befreit, tatsächlich wird diese auf technische Weise bekämpft.«
Ruchgaden schilderte, immer wieder stockend, wie er herausgefunden hatte, dass in dem Tempel zahllose Behandlungsapparaturen versteckt waren.
»Die Kryn wissen von nichts«, schloss er seinen Bericht. »Sie sagen, dass die Heilungszeremonie seit Menschengedenken so ablaufe. Alles sei in den Überlieferungen festgelegt, und kein Kryn dürfe es wagen, von diesen Richtlinien abzuweichen.«
Courselar ließ auch die anderen Vertrauten kommen. Jeder von ihnen hatte eine eigenständige Aufgabe abgearbeitet. Der Kommandant konnte aber nicht alle Informationen einholen. Die Offiziere, die er angewiesen hatte, die Verbotene Zone zu überprüfen, hatten es nicht geschafft, sich über das Verbot hinwegzusetzen. Sie präsentierten lediglich Ausreden und Ausflüchte.
Das Verhalten dieser Offiziere war ein Beweis klarer Manipulation und Unfreiheit.
Courselar wurde von Gespräch zu Gespräch verschlossener. Immer noch hatte er gehofft, die Völker der Wynger seien frei von jeder Manipulation – nun zerbröckelte seine letzte Hoffnung.
Es war sinnlos, dem Problem auszuweichen. Courselar ließ Plondfair und Rhodan zu sich bringen.
Wimbey beobachtete das Geschehen an Bord mit wachsendem Unbehagen und zog seine Schlüsse daraus. Für ihn gab es keinen Zweifel, dass Courselars Aktionen mit Plondfair und Rhodan zusammenhingen. Der Kryn witterte Verrat.
Plondfair hatte schon auf Wallzu und auf Starscho für Schwierigkeiten gesorgt. Wimbey wusste nicht, was auf Välgerspäre geschehen war, doch vermutete er, dass der Lufke dort ebenfalls den Grundstock zur Rebellion gelegt hatte.
Plondfair war nichts als ein Rebell, der sich der Berufung vermutlich im allerletzten Moment entzogen hatte und nun die
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