Silberband 107 - Murcons Vermächtnis
Totemträgers?«
»Ich habe keine Feinde«, sagte Baya so ruhig wie nur möglich. »Du bist mein Freund, Jako. Wir beide sind Freunde. Wir sind hier im Niemandsland!«
»Aber nur einen distanzlosen Schritt von den Feinden entfernt!«, schrie Jako und schleuderte Baya von sich, dass sie quer durch den Raum flog und gegen die Wand prallte. Der Aufschlag war so hart, dass sie fast das Bewusstsein verlor.
Wie durch einen Schleier sah sie, dass Jako sein Lager verlassen hatte und breitbeinig, mit gehetztem Ausdruck im Gesicht, dastand.
Die Tür ging auf. Doc Pontak kam in Begleitung zweier Paratender herein. Sie zogen ihre Paralysatoren. Jako stürzte ungeachtet der drohenden Waffen auf sie zu.
Er prallte zurück, als sei er gegen eine unsichtbare Wand gerannt.
Baya wandte den Kopf und sah Margor. Er hielt mit einer Hand sein Amulett hoch, die andere, lässig an seiner Seite baumelnd, hielt das Auge. Mit den Ellenbogen stieß er die beiden Paratender beiseite und kam auf Jako zu.
Der Tempester wirkte plötzlich verklärt. Ein Zittern durchlief seinen Körper.
»Ich weiß, was in dir vorgeht, Jako«, sagte Margor milde. »Ich werde dir Erleichterung verschaffen. Unterdrücke deinen Trieb und spare deine Kraft für unsere gemeinsamen Feinde. Nicht mehr lange, dann darfst du kämpfen.«
Jako stand lächelnd da. Seine Augen ließen nicht von Margors Amulett ab.
»Folge mir, Jako, wir gehen in den Kampf!«
Rückwärtsgehend steuerte der Gäa-Mutant auf die Tür zu. Der Tempester folgte ihm wie hypnotisiert.
Baya dachte schon, dass Margor sie vergessen hätte. Aber da sagte er in ihre Richtung: »Deine Neugierde wird dir einmal zum Verhängnis werden, Baya. Das nächste Mal komme ich vielleicht zu spät, um dich vor einem tollwütigen Tempester zu schützen. Jetzt schere dich auf dein Zimmer!«
Baya wartete, bis er mit Jako den Schlafsaal verlassen hatte, dann huschte sie in den Korridor hinaus und lief in Richtung des Antigravlifts davon. Doch im nächsten Quergang hielt sie an. Sie wollte erfahren, was weiter geschah.
Sie wusste, dass Margor zwei große Coups plante. Der eine bestand darin, die Regierung der Erde in diese Großklause zu entführen. Über den zweiten Coup hatte sie lediglich in Erfahrung gebracht, dass er gegen ein Objekt der Loower gerichtet war. Es schien, dass Margors Vorbereitungen weit gediehen waren, wenn er nun die unter dem Druck angestauter Aggressionen stehenden Tempester-Tender vergatterte.
Baya hörte Schritte im Korridor, das Geräusch aufgleitender Türen. Als sie einen Blick riskierte, stellte sie fest, dass die Türen der sieben belegten Einzelzellen offen standen.
»Befreit die Tempester von den Fesselfeldern!«, hörte sie Margor befehlen.
»Was hast du vor, Boyt?« Das war Doc Pontaks Stimme. Sie klang unbehaglich. »Wenn wir die Leute freilassen, werden sie übereinander herfallen und …«
»Mein Amulett wird sie lange genug in Schach halten, bis ich mit ihnen den Einsatzort auf Terra erreicht habe.«
Obwohl auch Doc Pontak ein Margor höriger Paratender war, wagte er einen weiteren Einwand. »Du willst die Tempester in diesem Zustand in den Einsatz schicken? Das wäre zu riskant. Sie können sich selbst nicht mehr unter Kontrolle halten und sind nicht in der Lage, dir zu gehorchen. Was immer du vorhast, Boyt, das Unternehmen ist zum Scheitern verurteilt.«
»Die Tempester sind genau in der richtigen Stimmung«, erwiderte Margor.
Baya riskierte wieder einen Blick und sah, dass die Tender, Traumwandlern gleich, aus ihren Zellen auf den Korridor hinaustraten und einen Halbkreis um Margor bildeten. Mit Jako waren es acht, drei Frauen und fünf Männer.
»Ich habe nichts Großartiges vor«, sagte der Mutant. »Es handelt sich nur um ein kleines Ablenkungsmanöver, bei dem ich die Schlagkraft meiner Soldaten testen kann.«
Baya sah aus ihrem Versteck, wie Margor das Augenobjekt vors Gesicht hob, als wolle er hindurchsehen. Gleich darauf verschwand er mitsamt den Tempestern.
»Eigentlich müsste ich froh sein, dass diese Tobsüchtigen Gelegenheit finden, ihre Aggressionen abzubauen«, sagte Doc Pontak. »Aber ich habe Angst, dass sie in ihrer blinden Wut unvorsichtig genug sind, sich von den terranischen Paratender-Jägern fangen zu lassen.«
»Wennschon, Tempester sind leicht zu ersetzen«, kommentierte einer der ihn begleitenden Paratender. »Sie zählen nicht zu den Eingeweihten, sie können selbst in Gefangenschaft nichts verraten.«
Baya musste lächeln, als sie
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