Silberband 107 - Murcons Vermächtnis
schnelllebigen Menschenvolk an.
Er drang nicht weiter in Jako, um sich nicht ablenken zu lassen. Zudem wollte er von ihm ganz andere Dinge erfahren.
»Weißt du, wo du dich hier befindest, Jako?«
Der Blick des Paratenders wanderte langsam von rechts nach links und versuchte offenbar, das Dunkel zu durchdringen.
»Im Feindesland?«
Howatzer spürte, dass Panik von dem Mann Besitz ergriff. Er hing der Erinnerung an ein nicht genauer definiertes Niemandsland nach, durchlebte verwirrende Gefühlsimpressionen und empfand namenlose Furcht bei dem Gedanken, dass er in Gefangenschaft geraten sein könnte.
»Du bist in Sicherheit«, sagte Howatzer beruhigend.
»Dann bin ich im Niemandsland.« Jakos Gesicht entspannte sich wieder, sein Puls wurde langsamer.
»Du bist im Niemandsland – und weißt du, wo das liegt, Jako?«
»Dies ist Klause zwei von sieben Hyperraumnischen.« Jako assoziierte das Bild eines Mädchens, das er als die Idealisierung einer Tanzenden Jungfrau sah. Howatzer wusste damit nichts anzufangen, zumal die Umgebung, in der Jako diesem Mädchen begegnete, der eines nüchternen, sterilen Krankenzimmers glich.
Der Pastsensor zog sich teilweise aus der Gefühlswelt des Paratenders zurück, um sich von den verwirrenden Eindrücken nicht ablenken zu lassen.
»Das Niemandsland ist also eine Klause?«
»Die Klause ist im Niemandsland, das auch Hyperraum genannt wird«, erklärte Jako. »Dort gibt es keine Planeten, nur sieben Hyperraumnischen. Von dort erfolgen die Vorstöße gegen die Feinde der Tanzenden Jungfrau. Der Totemträger befiehlt, wir gehorchen.«
»Hat der Totemträger einen Namen?«
»Boyt Margor.«
»Er regiert im Niemandsland?«
»Der Totemträger Boyt Margor befiehlt. Er bringt uns in die Lebenssphäre außerhalb des Universums, wo wir auf den Einsatz warten.«
»Wie gelangt Margor aus dem Universum in die Lebenssphäre im Überraum, den du auch Niemandsland nennst?«
»Er macht den distanzlosen Schritt. Nur mit dem Totemträger kann ich den distanzlosen Schritt tun.«
»Und wohin gelangst du mit dem distanzlosen Schritt, Jako?«
»Aus dem Universum in die Verstecke im Überraum. Aus dem Überraum zurück ins Universum. Aber nur der Totemträger kann das. Für ihn sind Entfernungen im Normalraum null und nichtig. In ihm wirkt die Kraft der Tanzenden Jungfrau.«
Der Mutant mit der Gabe der Gefühls- und Erlebnisrekonstruktion wagte wieder einen Vorstoß in die Gefühlswelt des Paratenders. Erneut sah er das Bild des jungen Mädchens, das sich engelhaft lächelnd über ihn beugte. Das veranlasste Howatzer zu einer spontanen Frage.
»Hat die Tanzende Jungfrau einen Namen? Heißt sie Baya?«
»Sie …« Jako verstummte. In seinem Gesicht arbeitete es wieder.
Der Arzt versuchte durch verzweifelte Gesten zu erreichen, dass der Mutant das Verhör beendete. Aber Howatzer ignorierte ihn.
»Heißt die Tanzende Jungfrau Baya?«, wiederholte er.
»Baya ist Baya und ist nicht die Tanzende Jungfrau. Sie … ist in Margor. Er ist der Totemträger. Wo ist das Totem?«
»Das Auge? Jako, meinst du das Auge?«
»Wo ist das Totem?« Der Paratender keuchte. »Hier ist nicht das Niemandsland. Ihr seid die Feinde der Tanzenden Jungfrau!«
»Weg von ihm!«, schrie der Arzt und stieß Howatzer beiseite. »Wollen Sie den Mann umbringen?«
Bran Howatzer wich zurück, bis er zu Eawy ter Gedan und Dun Vapido stieß.
»Habt ihr aufmerksam zugehört?«, fragte er seine Gefährten. »Wenn Jako die Wahrheit sagt, dann hat Margor eine Möglichkeit gefunden, sich in den Hyperraum zurückzuziehen.«
»Das klang alles recht wirr«, sagte Eawy. »Aber vielleicht stellt es sich dir einfacher dar.«
Howatzer schüttelte den Kopf. Er verfolgte, wie der Arzt dem Paratender eine Injektion gab und eine Infusion vorbereitete.
»Seine Emotionen waren noch verworrener als seine Sprache. Er hat überhaupt nichts von dem verstanden, was er über Klausen im Niemandsland und Hyperraumnischen gesagt hat. Er scheint diese Begriffe auswendig gelernt zu haben, oder jemand hat sie ihm einsuggeriert. Für ihn ist das Niemandsland etwas Irreales und Mystisches und zugleich das Gebiet zwischen zwei Fronten.«
Der Arzt kam zu ihnen. »Sie sind zu weit gegangen«, sagte er anklagend. »Sein Zustand verschlechtert sich schnell.«
»Es war Ihre Aufgabe, den Mann vernehmungsfähig zu machen«, sagte Eawy scharf. »Bran handelte im guten Glauben, dass Sie Ihr Möglichstes getan hätten.«
»Das habe ich auch. Sie haben an
Weitere Kostenlose Bücher