Silberband 107 - Murcons Vermächtnis
für ihn typischen Bedächtigkeit. »Die Überlieferung sagt, dass Arqualov und Irritt eines Tages zurückkehren werden, um ihr Volk aus der Enge der Burg in die Freiheit zu führen. Am Tag ihrer Rückkehr werden sie aus den Tiefen der Burg auftauchen und das erste Kind, das ihnen begegnet, nach Arqualov und Irritt befragen. Wenn das Kind nur Freundliches über Arqualov und Irritt zu sagen weiß, werden beide ihr Versprechen wahr machen und uns die Freiheit geben. Sagt das Kind jedoch Hässliches, dann werden der Urvater und die Urmutter die Burg für immer verlassen und nie zurückkehren. Die Zaphooren werden dann für immer hier gefangen sein.«
»Also ist es Zullmausts Aufgabe, die Erinnerung an Arqualov und Irritt freundlich zu erhalten.«
»Was natürlich unmöglich ist«, fügte Signard sofort hinzu. »Die Sage berichtet ein übers andere Mal davon, was für ein rauflustiger Unhold Arqualov gewesen sei und wie wild es Irritt mit den Männern ihres Gefolges getrieben habe.«
»Wenn niemand an die Reinheit der Ur-Zaphooren glaubt, wie wollt ihr dann die Freiheit erlangen?«
»Wir erzählen den Kindern nur Gutes über den Urvater und die Urmutter. Die hässlichen Sagen erfahren sie erst, wenn sie erwachsen sind.«
Pankha-Skrin konnte sich mühelos ausmalen, was für ein rüder Haufen die Ur-Zaphooren gewesen sein mussten. Er fragte sich, was den Mächtigen Murcon veranlasst haben mochte, die Freundschaft solcher Wesen zu suchen.
Inzwischen war ihm klar, wie er bei der Enträtselung der Geheimnisse des Asteroiden vorgehen wollte. Der Ausgangspunkt war eindeutig jene dunkle Halle, in der er Serena vor dem Wüten des Geistes bewahrt hatte. Aber nicht nur die rätselhaften Maschinen im Hintergrund der Halle hatten Pankha-Skrins Interesse geweckt. Der Quellmeister war sicher, dass es zumindest den Geist, mit dem Serena aneinandergeraten war, wirklich gab. Er war eine physische, vielleicht metaphysische Wesenheit und nur eine Halluzination.
Auf seiner Wanderschaft durch das Universum war Pankha-Skrin vielen Geschöpfen begegnet, die in energetischer Form existierten. Bei manchen, die einmal einen stofflichen Körper besessen hatten, schien es, dass die Erinnerung eine Sehnsucht nach der Wiederherstellung des früheren Zustands wachhielt. Sie suchten die Nähe körperbehafteter Intelligenzen, und wenn es ihnen nicht gelang, einen neuen Körper zu finden, verbreiteten sie Seelenpein.
Ein solcher Fall lag offensichtlich vor. Der Geist hatte Serena mit psychischen Signalen angelockt, um sich an ihrem Schmerz zu laben. Wenn die Legende recht hatte und der Geist wirklich einem der Ur-Zaphooren gehörte, dann bot sich Pankha-Skrin eine ideale Möglichkeit, zu erfahren, was sich in jenen längst vergangenen Tagen zugetragen hatte.
Zum Beispiel warum die Burgen, obwohl sie gigantische Gebilde waren, nicht einmal mit den empfindlichsten Nachweisgeräten erkannt werden konnten. Oder was aus Murcon geworden war, von dem die einen behaupteten, er sei längst nicht mehr am Leben, während die anderen glaubten, er halte sich in den Tiefen seiner Burg versteckt. Vielleicht fand er sogar heraus, wo sich das Zusatzteil für das Auge befand.
Pankha-Skrin hatte viele Gründe, seine Suche in der Halle zu beginnen. Er informierte Signard über sein Vorhaben und erzielte die Reaktion, mit der er gerechnet hatte.
»Es werden sich viele finden, die dein Gefolge bilden«, sagte der Zaphoore. »Auch ich werde dazugehören. Aber wir werden uns fürchten, denn keiner von uns sucht die Begegnung mit den Geistern jener Zone.«
»Die Furcht ist unnötig«, wehrte der Quellmeister ab. »Ich werde dafür sorgen, dass die Geister gar nicht erst erscheinen.«
»Wie willst du das bewerkstelligen?«, erkundigte sich Signard beeindruckt.
»Du kennst die reinigende Macht des Feuers. Es brennt in der Thronhalle des Herrschers. Unser Gefolge wird Fackeln tragen, die wir an den vier Feuern in der Thronhalle entzünden. Die Fackeln werden die Geister bannen.«
Signard machte das Zeichen der Ehrerbietung. »Deine Weisheit übertrifft alles, Herr. Ich treffe die nötigen Vorbereitungen.«
Der Quellmeister kam sich ein wenig schäbig vor. Er brauchte die Fackeln, weil es im Hintergrund der Halle selbst für seine empfindlichen Sehorgane zu finster war. Mit der magischen Bedeutung, welche die Blinden dem Feuer beimaßen, die Furcht seiner Begleiter zu zerstreuen, dieser Gedanke war ihm erst im letzten Augenblick gekommen.
Die Expedition, die Signard
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