Silberband 107 - Murcons Vermächtnis
ihr?«, fragte er mithilfe des Übersetzers.
Die Blasshäutigen wichen erschreckt zurück, als sich Pankha-Skrins Sprechblase aufblähte. Für sie war unverständlich, woher die Worte ihrer eigenen Sprache kamen, denn die behaarte Öffnung mit der zuckenden Blase gab nur fremdartige Laute von sich.
Der Halbblinde schien unter den Blassen eine führende Position innezuhaben. Er knurrte seine Gefolgsleute unwirsch an, als wolle er sie wegen ihrer Schreckhaftigkeit tadeln. Dann trat er demonstrativ auf den Loower zu.
»Wir sind die Diener der Großen Gottheit«, antwortete der Halbblinde, der keineswegs frei von Furcht war. »So etwas Seltsames wie dich haben wir nie zuvor in die Hände bekommen. Wer bist du?«
»Ich bin ein Fremder«, antwortete Pankha-Skrin. »Roboter des Königs Boronzot haben mich entführt und in das Große Gasthaus gebracht. Ich bin auf der Suche …«
Der Halbblinde unterbrach ihn mit einer ungeduldigen Geste. »Ich verstehe nichts von dem, was du mir sagst. Ich habe nie von einem Roboter gehört. Ich kenne König Boronzot nicht und weiß auch nicht, was ein Großes Gasthaus ist.«
Pankha-Skrin war überrascht. Die Blasshäutigen waren Zaphooren, dennoch wussten sie nichts von den Dingen, die an der Oberfläche und selbst im Reich der Blinden Allgemeingut waren.
»Wer ist die Große Gottheit, und warum behandelt ihr mich wie einen Feind?«, wollte er wissen.
»Feind?«, antwortete der Halbblinde überrascht. »Du bist kein Feind. Du kannst kein Feind sein. Du befindest dich im Reich der Großen Gottheit Kukelstuuhr und kannst nicht einmal einen Atemzug tun, ohne dass dir die Gottheit dazu Erlaubnis erteilt. Wie könntest du da ein Feind sein?«
Pankha-Skrin glaubte, dass er bisher auch ohne Erlaubnis zufriedenstellend geatmet hatte. »Was wollt ihr von mir?« fragte er verwundert.
»Du bist ein würdiges Opfer für die Gottheit! Die Zeit der großen Opferfeier naht. Es wird Kukelstuuhrs Dienern zur Ehre gereichen, dass sie der Gottheit ein Opfer darbringen können, wie es nie zuvor eines gegeben hat. Einen Fremden, der uns völlig unähnlich ist.«
»Die Geister der Vergangenheit werden es nicht zulassen, dass ihr mich opfert!«, erklärte Pankha-Skrin entschieden.
Das Gesicht des Halbblinden verzerrte sich zur wütenden Grimasse.
»Sprich nicht von den Geistern!«, drohte er. »Sie haben keine Macht über die Diener der Großen Gottheit. Du willst uns Furcht einjagen, aber das gelingt dir nicht! Wenn du mit den Geistern im Bunde bist, dann wirst du ein umso willkommeneres Opfer sein.«
Er wandte sich an seine Begleiter: »Nehmt ihn in die Mitte und lasst ihn nicht entkommen!«
Der Trupp setzte sich in Bewegung – in dieselbe Richtung, die auch der Quellmeister eingeschlagen hätte, wäre nicht der Überfall dazwischengekommen.
Unterwegs bemühte sich Pankha-Skrin, den Halbblinden in ein Gespräch zu verwickeln. Inzwischen hatte er den Äußerungen der Blasshäutigen entnommen, dass ihr Anführer Awustor hieß. Der wollte zunächst von den Annäherungsversuchen des Loowers nichts wissen. Aber Pankha-Skrin ließ nicht locker. Als er schließlich versicherte, dass er die Drohung mit den Geistern der Vergangenheit nur zum Versuch ausgesprochen habe und mit den Geistern keineswegs auf vertrautem Fuß stehe, wurde Awustor endlich gesprächiger.
»Was ist eigentlich aus Murcon geworden?«, fragte der Quellmeister.
»Murcon?«, wiederholte Awustor. »Es existiert nach wie vor. Woher weißt du davon, und warum fragst du?«
»Murcon – es?«, wiederholte Pankha-Skrin ungläubig. »Ich glaube, wir sprechen von verschiedenen Dingen. Ich meine Murcon, den Eigentümer der Burg!«
»Welcher Burg?«
»Wie nennt ihr die Welt, in der ihr lebt?«
»Es ist die Welt der Gottheit Kukelstuuhr. Sie bedarf keines anderen Namens.«
»Diese Welt gehörte einst dem Mächtigen Murcon. Er verlor sie an eine Horde von Freibeutern, deren Nachfahren die Zaphooren sind. Auch ihr stammt von den Freibeutern ab.«
Awustor hielt nicht viel von dieser Behauptung.
»Deine Gedanken sind noch verschrobener als die der Wesen, die wir sonst fangen, um sie der Gottheit zu opfern. Jeder weiß, dass die Gottheit Kukelstuuhr aus der Urmacht hervorging. Kukelstuuhr schuf diese Welt und uns, die wir der Gottheit dienen dürfen – und die anderen, die als Opfer für Kukelstuuhr gedacht sind.«
Pankha-Skrin erkannte, dass es ihm nicht gelingen würde, Awustor die Geschichte Murcons und seiner Burg
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