Silberband 107 - Murcons Vermächtnis
Spannung.
Die Lichtzelle näherte sich Murcons Burg.
Ganerc verstand zu viel von den Gegebenheiten des lichtleeren Raums, als dass er hätte hoffen können, die Burg optisch wahrzunehmen. Dennoch hing sein Blick fast ununterbrochen auf der Bildwiedergabe.
Der Orter schwieg. Ganerc hatte seine Funktion mehrere Male überprüft und keinen Mangel gefunden. Der Orter bestätigte, dass rings um die Lichtzelle nichts existierte.
Ganerc verringerte die Fahrt des kleinen Raumschiffs, als die Koordinatendifferenz der Null nahe kam. Es gelang ihm, die Fahrt der Lichtzelle exakt in dem Sekundenbruchteil aufzuheben, als der Komparator den Wert 0000.0000 zeigte.
Wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre, dann befände ich mich in diesem Augenblick mitten in Murcons Burg, ging es Ganerc durch den Sinn.
Ein Gefühl der Hilflosigkeit bemächtigte sich seiner. Ganerc hatte mit diesem Ergebnis rechnen müssen. Murcons Burg war nicht die erste, die er anflog, seitdem er die Trümmer der Ebene verlassen hatte. Sein erster Weg hatte ihn zu der eigenen Burg geführt, die er versiegelt hatte, als er sie vor fast unvorstellbarer Zeit verließ. Als die Messgeräte der Lichtzelle anzeigten, dass er sich bis auf wenige Kilometer genau an dem Punkt befand, an dem seine Burg in der Leere des Alls schwebte, da war ihm aufgegangen, dass die Stimme der Robotwarnanlage im Innern der Ebene keine leeren Worte gesprochen hatte.
»Du kennst die Strafe, die du zu erwarten hast. Es wird dir nicht mehr möglich sein, deine Kosmische Burg zu betreten. Damit bist du aus dem Verbund der Zeitlosen ausgeschlossen, bis du dich rehabilitiert hast.«
Er hatte seine Burg nicht mehr gefunden. Der Ort, den er, der Heimatlose, noch am ehesten hätte Heim nennen mögen, war ihm verschlossen.
In seiner bitteren Enttäuschung war er damals zu einer Reise aufgebrochen, die ihn ziellos durch das Universum führte. Dann aber hatte er sich die Worte des Alarmmechanismus noch einmal ins Gedächtnis gerufen, und seine Hoffnung hatte sich an dem einen Wort aufgerichtet: deine.
Er befand sich auf dem Weg zu Murcons Burg, weil er glaubte, dass ihm diese Möglichkeit offenstand.
Er hatte sich einen Plan zurechtgelegt. Er stellte sich vor, dass ihm der Zugang zu den Kosmischen Burgen verwehrt sei, weil sich die Eigenschaften des sie umgebenden Raumes geändert hatten. Er wollte erfahren, worin diese Veränderung bestand.
Die Lichtzelle war, an den Maßstäben raumfahrender Völker gemessen, ein winziges Fahrzeug. Aber sie war mit Gerätschaften ausgestattet, die in der Weite des Universums kaum ihresgleichen hatten. Ganerc war entschlossen, nach Spuren zu suchen, die ihm verstehen halfen, welche Veränderung mit dem Raum vorgegangen war. Noch war er ein Unsterblicher. Noch standen ihm Kräfte und Mittel zur Verfügung, die ihn weit über das Niveau selbst fortgeschrittener Intelligenzen dieses Universums erhoben. Er würde herausfinden, was mit seiner Burg geschehen war. Er würde den Mächten, die seit fast unendlich langer Zeit sein Schicksal bestimmt hatten, die Stirn bieten.
Diese Mächte aber waren jene, die jenseits der Materiequelle lebten. In ihren Diensten hatten die sieben Brüder einst gestanden, als sie aufbrachen, um mit ihren Sporenschiffen Leben und Intelligenz im Universum zu verbreiten.
Der Gedanke, dass er mit seinem Entschluss Wesen den Krieg erklärte, die ihm in demselben Maße überlegen waren wie er seinerseits den Völkern dieses Universums, bereitete Ganerc kein Unbehagen. Im Gegenteil: Er ließ sich dadurch beflügeln, hatte er doch eine Aufgabe gefunden.
Sie wollten, dass er sich rehabilitierte.
Er würde sich rehabilitieren – auf seine eigene Weise!
So weit war Ganerc-Callibso mit seinen Gedanken gekommen, als er einen Impuls empfing.
Er spürte deutlich, dass ein Signal in seinem Bewusstsein materialisiert war. Aber er verstand es weder, noch wusste er, woher es kam. Er saß still und lauschte. Nicht lange danach empfing er ein zweites Signal. Diesmal erkannte er deutlich, dass es sich um einen Mentalimpuls handelte.
Er spürte die Nähe eines anderen Wesens und meinte, an den Mentalimpulsen etwas Vertrautes zu spüren. Er glaubte, Gedanken zu erkennen, die ihm vor langer Zeit schon einmal zugetragen worden waren. Doch obwohl er die Signale als vertraut empfand, fast so, als würde er mit einem Bruder Gedanken austauschen, konnte er sie nicht verstehen.
Schließlich erloschen die Impulse. Ganerc lauschte noch geraume Zeit;
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