Silberband 107 - Murcons Vermächtnis
allzu langer Zeit eine Schlacht stattgefunden haben musste.
Seine Verwunderung wuchs. In dieser Galaxis gab es keine raumfahrenden Völker. Die Unbekannten mussten also mit einem Gegner aneinandergeraten sein, der selbst hier ein Fremder war.
Ganerc sah sich um und entdeckte schließlich ein kegelförmiges Raumschiff erheblicher Größe, das anscheinend verlassen im All schwebte. Vorsichtig dirigierte er die Lichtzelle in die Nähe des fremden Fahrzeugs und vergewisserte sich anhand einer Reihe von Messungen, dass es wirklich verlassen war.
Er überlegte, ob er an Bord gehen solle. Bevor er jedoch einen Entschluss fassen konnte, meldete sich der Steurer und legte ein erstaunliches Analyseergebnis vor. Von der Lichtzelle aus betrachtet, bot sich das fremde Fahrzeug als bewegungslos dar. Dies war eine triviale Feststellung, da Ganerc die Bewegungsgrößen der Zelle mit Absicht so manipuliert hatte, dass er relativ zu dem verlassenen Raumschiff zur Ruhe kam.
Es gab in 48 Lichtjahren Entfernung eine Sonne, deren Position sich relativ zu dem Standort der beiden Fahrzeuge nicht veränderte. Für Ganerc-Callibso war klar, dass es sich dabei um keinen Zufall handeln konnte. Das fremde Raumschiff war, bevor es von seiner Besatzung verlassen wurde, mit Absicht auf einen Kurs gebracht worden, der der Bewegung der 48 Lichtjahre entfernten Sonne genau parallel war.
Jedermann hätte dies als einen Hinweis verstanden, dass die namenlose Sonne in Beziehung zu dem verlassenen Fahrzeug stand. Auch Ganerc-Callibso gelangte zu diesem Schluss. Er konnte sich vorstellen, dass die Überlebenden der Raumschlacht sich auf einen Planeten der Sonne zurückgezogen und eines ihrer Fahrzeuge als Hinweis für die zurückgelassen hatten, die irgendwann nach ihnen suchen kommen würden.
Ganerc beschloss, die fremde Sonne anzufliegen.
12.
An einer Biegung des Korridors blieb der Humpelnde Tantha stehen.
»Ich nehme einen seltsamen Geruch wahr«, stellte er fest.
Damit konnte der Loower nicht viel anfangen. Sein Gehör und der Gesichtssinn waren scharf entwickelt; doch mit dem Riechen tat er sich schwer.
»Wonach riecht es?«, wollte Pankha-Skrin wissen.
»Ich weiß es nicht. Eher … fremdartig.«
»Womöglich ist es eine Ausdünstung des Götzen Kukelstuuhr.«
Sie drangen weiter vor und gelangten an eine Gangkreuzung.
»Der Geruch kommt von links«, behauptete der Humpelnde Tantha.
Pankha-Skrin blickte den Korridor entlang. »Eigentlich sollten wir weitergehen. Der andere Weg führt zum Ziel. Bist du sicher, dass es wichtig ist, dem Duft nachzugehen?«
Tantha erschrak. Zum ersten Mal überließ es der Quellmeister ihm, eine Entscheidung zu treffen?
»Es könnte wichtig sein«, sagte Tantha zögernd.
Sie folgten dem Seitengang, der sich in gemächlichen Windungen hinzog. Der Geruch wurde deutlicher, die Beleuchtung düsterer. Schließlich mündete der Gang in einen weiten Raum. Tantha konnte, bevor sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, nichts weiter erkennen, als dass der Boden vor ihm abfiel. Der Geruch war an dieser Stelle überaus intensiv.
»Eine Pflanzung!«, stellte der Quellmeister fest.
»Was ist das – eine Pflanzung?«
»Um dir das zu erklären, bedarf es etlicher Worte, mein Freund«, antwortete Pankha-Skrin. »Pflanzen sind lebende Geschöpfe. Sie existieren auf Welten, die eine geeignete Atmosphäre haben, auf die eine Sonne scheint und auf die Regen fällt. Hier gibt es eine Vielzahl solcher Geschöpfe. Jemand hat sie angebaut.«
»Zu welchem Zweck sollte er das getan haben?«
»Um sich von den Pflanzen zu ernähren«, erklärte der Quellmeister. »Man verwendet entweder sie selbst oder ihre Früchte als Nahrung.«
Der Raum war kreisförmig. Sein Boden fiel in terrassenartigen Stufen zum Mittelpunkt hin ab. Die Stufen waren mit Erdreich bedeckt, das den Pflanzen Halt bot und ihnen Nährstoffe zuführte.
Tantha erkannte, dass die Gewächse in Reihen angeordnet waren. Das konnte nicht natürlich entstanden sein, dahinter verbarg sich eine ordnende Hand.
Zögernd folgte der Humpelnde dem Loower. Die Vegetation war dicht genug, um einer Schar blasshäutiger Kukelstuuhr-Priester Deckung zu bieten. Pankha-Skrin bewegte sich ungewöhnlich behände durch das teilweise dichte Gestrüpp, bis er einen Busch mit blauen Beeren erreichte. Er zupfte mehrere der Früchte und schob sie sich in den Mund. Der Humpelnde Tantha hatte deutlich den Eindruck, dass der Quellmeister die Beeren als ungemein genussvoll
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