Silberband 108 - Grenze im Nichts
der Ruine.«
»Gut«, sagte Rhodan gelassen. »Vielleicht war deine Entscheidung richtig. Aber sei vorsichtig. Der Fremde gehört übrigens dem Volk an, dessen Vorfahren Laires linkes Auge raubten.«
»Was?«, rief Ganerc-Callibso.
»So ist es! Wie groß die kosmische Bedeutung auch sein mag, die Fäden laufen immer wieder zusammen. Ich wünschte, wir würden endlich die ganze Wahrheit herausfinden.«
»Was habt ihr jetzt vor?«, wollte der Zwerg wissen.
»Wir wollen mit dem Unbekannten ins Gespräch kommen, um zu erfahren, welche Rolle er hier spielt. Wir melden uns, sobald wir Entscheidendes erfahren oder wenn sich Wichtiges ereignen sollte.«
»Das gilt auch für mich!«
Rhodan schaltete ab. Im nächsten Moment bemühte er sich, dem unförmig aussehenden Helfer mit Gesten begreiflich zu machen, welche Funktion dem Gerät in seiner Hand zukam.
Der Fremde produzierte plötzlich Laute, die aus einer nässenden Öffnung unterhalb des kopfähnlichen Höckers kamen. In dieser Aufwölbung waren offenbar seine Sinnesorgane untergebracht. Zwischen den Randmuskeln der behaarten Mundöffnung bildete sich eine Blase, die im Rhythmus der Lautbildung zuckte und vibrierte.
»Er hat verstanden, worum es geht«, sagte Atlan zufrieden.
Rhodan schaltete den Translator ein. Einige Zeit würde vergehen, bis sie sich mithilfe des Geräts verständigen konnten. Die Festlegung der ersten Synonyme war immer schwer, und es gab Fälle, in denen sie nur unvollkommen oder überhaupt nicht gelang.
Cerveraux mochte körperlich unbeweglich sein – geistig war er es nicht. Obwohl er noch unter dem Schock des Ereignisses stand, erfasste er, dass er vor einer völlig neuen Situation stand. Eine blitzschnelle Änderung der bisherigen Strategie war das Vernünftigste, was er jetzt tun konnte.
Er hatte den Schirm für Kreyns Sendungen abgeschaltet. Kreyn war tot, damit schrumpfte die Zahl von Cerveraux' Tochtersystemen um ein weiteres zusammen. Auf dem mittleren Schirm waren das Grabmal und der kleine Fremde vor dem Tor zu sehen. Geurly nahm aus größerer Entfernung auf und hielt sich von dem gefährlichen Sektor fern. Cerveraux beabsichtigte vorerst auch nicht, einen gegenteiligen Befehl zu geben.
Wer immer für Kreyns Ende verantwortlich war, er schien den Raumfahrer in dem golden schimmernden Anzug schonen zu wollen. Cerveraux, der auf einen zweiten Schuss gewartet hatte, sah sich in seiner Einschätzung der Entwicklung abermals getäuscht.
Auch das sprach für eine neue Strategie. Er würde sich mit den vier Fremden in Verbindung setzen und sich mit ihnen einigen – zumindest so lange, wie die Krise andauerte.
»Suys«, sagte er, nachdem er sich wieder gefasst hatte. »Eines der Tochter Systeme muss zu Turm zwei aufbrechen und versuchen, Verhandlungen mit den Fremden anzuknüpfen.«
»Verhandlungen?«, fragte Suys überrascht. »Sie sind unsere Feinde. Wir sollten sie schnell wieder gefangen nehmen.«
»Ich möchte, dass alle Tochtersysteme genau zuhören«, sagte Cerveraux geduldig. »Es ist eine neue Situation entstanden. Von Lorvorcs Grab ausgehend, haben sich Aktivitäten entwickelt, die ich nur schlecht einschätzen kann. Ich weiß nicht, was im Zentrum der Ruine geschieht und was die Roboter vorhaben, die vermutlich aufgrund einer Spätprogrammierung für alles verantwortlich sind. Wir können es uns nicht leisten, an zwei Fronten zu kämpfen. Fünf Tochtersysteme haben schon den Tod gefunden, Proy ist schwer verletzt. Daher müssen wir zumindest einen Waffenstillstand mit den vier Fremden erreichen. Er muss so lange halten, bis alle anderen Probleme gelöst sind.«
»Proy könnte mit den Fremden im zweiten Turm verhandeln«, schlug Baleo vor. »Er befindet sich an Ort und Stelle und kennt drei der Raumfahrer bereits.«
»Proy hat mit einem von ihnen gekämpft.« Cerveraux blickte die um ihn versammelten Tochtersysteme an. »Wir lassen Suys gehen.«
Suys war überrascht. Auch die anderen wunderten sich, dass Cerveraux ausgerechnet sein bevorzugtes Tochtersystem schicken wollte. Suys hatte den ersten Turm bisher kaum verlassen und sich fast ausschließlich in der Nähe von Cerveraux aufgehalten. Beide schienen unzertrennlich zu sein.
»Willst du es tun, Suys?«, fragte Cerveraux.
»Ja. Aber ich weiß nicht, wie ich vorgehen soll.«
»Ich werde dich ständig beraten.« Cerveraux wollte noch etwas hinzufügen, aber eine Schmerzwoge flutete durch seinen Körper und schien ihn zusammenzuziehen. Einige Tochtersysteme
Weitere Kostenlose Bücher