Silberband 108 - Grenze im Nichts
anderen Ausweg, als den Paralysator einzusetzen. Er justierte die Waffe auf halbe Leistung und drückte ab. Die Tempester-Kinder zuckten einige Male, dann fielen sie von Lanur ab, der jedoch ebenfalls zusammenbrach.
»Sind diese kleinen Ungeheuer tot?«, erkundigte sich Lantrope ohne Mitleid. »Und was machen wir mit George?«
»Wir kümmern uns auf dem Rückweg um ihn«, sagte Pontak. »Bis er wieder zu sich kommt, haben wir das Ärgste hoffentlich schon hinter uns. Aber zuerst müssen wir die nächste Etage überstehen.«
Auf Deck 9 befanden sich die Unterkünfte der Tempester und die medizinische Station. Pontak vermutete, dass die Zustände dort besonders schlimm waren. »Wir müssen die Nottreppe nehmen«, erklärte er seinem Begleiter.
»In den Schacht wäre ich ohnehin nicht zurückgekehrt«, erwiderte Lantrope. »Lieber schlage ich mich mit ausgewachsenen Tempestern herum.«
Pontak ließ den Helmscheinwerfer eingeschaltet, während er sich durch die Trümmer einen Weg zur Nottreppe bahnte.
Links tauchte ein Schatten auf. Ohne zu überlegen, schoss Pontak.
Der Tempester fuhr zurück, als sei er gegen eine unsichtbare Wand geprallt. Aber schon machte er die nächsten Schritte vorwärts, bevor er endlich einknickte.
»Haben diese Kerle eine Immunität gegen Paralysestrahlen entwickelt?«, fragte Lantrope schaudernd.
Pontak gab keine Antwort. Er erreichte die schmale Eisentreppe und hastete, jeweils zwei Stufen auf einmal nehmend, nach oben.
Jäh hielt er inne, denn die Treppe endete im Nichts, ein Tempester hatte sie auseinandergerissen. Eine gut eineinhalb Meter lange Lücke klaffte.
Pontak reichte seinem Begleiter die Waffe. »Gib mir Rückendeckung, während ich mich hochziehe.«
Lantrope schien sichtlich überrascht, dass der Doc ihm so viel Vertrauen entgegenbrachte, deshalb dachte er gar nicht daran, die Situation auszunutzen. Ohnehin sprang Pontak bereits über die Lücke hinweg und hangelte sich an der überhängenden Treppe hoch. Als er auf den oberen Stufen Halt gefunden hatte, streckte er Lantrope die Hand hinunter.
»Zuerst die Waffe, dann hole ich dich herauf.«
Aber Lantrope schüttelte nur den Kopf und ergriff Pontaks Handgelenk. Den Paralysator schob er unter den Gürtel seiner Kombination. »Du wirst mich nicht im Stich lassen, Doc.« Er hielt sich am Unterarm des Arztes fest und griff mit der freien Hand nach der Stufe über ihm. »Wir brauchen einander, um zu überleben.«
Lantrope hatte kaum ausgesprochen, da wuchs hinter Pontak ein Schatten auf. Er schrie eine Warnung. Doch Pontak war in dem Moment schon hilflos. Sehnige Hände legten sich von hinten um seinen Hals.
»Ihr seid keine Tempester, sondern gehört zu den Eingeschlossenen von Deck fünf«, sagte eine rauchige Frauenstimme. »Was wollt ihr hier oben?«
»Wir …« Mehr brachte Pontak im Würgegriff nicht hervor.
»Wir wollen zu Margor, dem Totemträger«, versetzte Lantrope in wachsender Panik. »Nur er ist in der Lage, alle zu retten.«
»Ich weiß.« Die Frau entließ Pontak aus ihrem Griff. Sie packte Lantrope am Handgelenk und zog ihn mühelos hoch.
»Wer bist du?«, fragte Dean, als er neben ihr stand.
»Gota«, sagte die Frau.
Pontak, der sich den Hals massierte, starrte sie an. Im Licht des Helmscheinwerfers erkannte er sie. »Gota, Boyts Gefährtin. Was für ein Glück, dass wir auf dich gestoßen sind. Führe uns zu ihm, es ist lebenswichtig!«
Die Tempesterin nickte. Sie stieg als Erste die Treppe hoch. Auf Deck 9 wandte sie sich nach links und sperrte eine Panzertür auf. Nachdem Pontak und Lantrope die Tür passiert hatten, schloss sie hinter ihnen wieder ab.
»Ich muss Boyt vor meinen eigenen Artgenossen schützen«, erklärte Gota, während sie die nächste Treppe hinaufstiegen. »Er befindet sich in einem Zustand, in dem er sich nicht selbst schützen kann.«
Sie erreichten Deck 10, auf dem Margors Privaträume lagen. Bis vor einiger Zeit hatte hier Baya Gheröl gewohnt. Doch das Mädchen hatte Margor verraten.
»Wartet!«, befahl Gota, als sie einen Vorraum betraten. Hier erinnerte nichts daran, dass sie sich in einer relativ engen Energieblase inmitten des Hyperraums befanden. Die terranische Einrichtung vermittelte sogar ein Gefühl von Behaglichkeit.
»Ich muss Boyt auf euer Kommen vorbereiten.« Die Tempesterin verschwand durch eine der Türen.
Der Mann lag zusammengerollt auf der Liege, er schien mit offenen Augen zu schlafen. Das früher gepflegte dunkle Haar stand ihm über der
Weitere Kostenlose Bücher