Silberband 108 - Grenze im Nichts
Kali?«
Bursto wagte kaum zu atmen. Er hoffte, dass das Mädchen sich besann und wenigstens zum Schein auf Tharpos Hirngespinste einging. Aber Desina sagte laut und deutlich: »Nein, ich glaube nicht daran.«
Sekundenlang blieb es sehr still. Dann nickte Tharpo. »Das macht nichts«, versicherte er. »Kali wird dir verzeihen. Bei Sonnenuntergang werde ich ihr das Opfer übergeben. Dann werden wir ja sehen, wer recht behält.«
Die Männer kamen zurück und holten Bursto ab. Wie Selna ging er ebenfalls widerstandslos mit ihnen. Sie waren ohnehin in der Übermacht. Er hoffte, dass sie ihn wenigstens nicht fesselten, solange er sich nicht zur Wehr setzte.
Sie brachten ihn zu dem alten Gemäuer. Unter der Kuppel lag ein fantastisch ausstaffierter Kultraum, daneben eine kleine Kammer – vermutlich hatte sie früher dazu gedient, die Opfergaben gutgläubiger Stupa-Besucher aufzunehmen. In diese Kammer sperrten die Männer Bursto, und damit er nicht weglaufen konnte, banden sie ihm Hände und Füße. Selna wartete bereits auf ihn. Auch sie war gefesselt.
»Die scheinen uns für Teleporter zu halten.« Bursto betrachtete die uralten Steinwände. Durch die wenigen Ritzen hätte nicht einmal eine Maus entwischen können.
»Wir haben keine Chance mehr«, sagte Selna niedergeschlagen. »Als Tharpo sich auf dich stürzte, hätte ich ihm etwas über den Schädel schlagen sollen. Vielleicht hätte ich es geschafft.«
Bursto verzog das Gesicht. »Vielleicht auch nicht … Dann wäre ich jetzt schon tot. Verdammt, er kann uns doch nicht einfach abschlachten! Er riskiert Kopf und Kragen dabei.«
»Das mag sein, aber uns hilft das nicht weiter.«
»Er wollte zuerst nur mich opfern.«
»Wer weiß, warum er es sich anders überlegt hat«, murmelte Selna. »Kriegst du die Fesseln auf?«
»Sieht nicht so aus. Aber wir müssen es versuchen. Roll dich herum, damit ich an deine Knoten herankomme.«
Sie wussten beide, dass es zwecklos war, aber sie verloren kein Wort darüber. Die Männer hatten dünne Kunststoffschnüre verwendet, die sich nicht durchschaben ließen. Zudem saßen die Knoten so fest, dass Bursto sie selbst unter anderen Bedingungen nur schwer hätte lösen können. Wenn er wie jetzt blind daran herumtastete, konnte es ihm niemals gelingen.
Der Raum wurde von einer matten Lampe erhellt, die auf einer steinernen Konsole stand. Bursto überzeugte sich davon, dass sich auch mit der Lampe nichts anfangen ließ. Sie stand zu hoch, als dass er sie hätte herunterstoßen können.
Die Zeit verging unendlich langsam. Bursto wünschte sich den Abend herbei, nur damit dieses entnervende Warten endlich ein Ende fand.
Als die Tür jedoch aufgestoßen wurde und Tharpo kam, den blitzenden Dolch in der Hand, da wünschte sich der Reporter, er hätte jede Sekunde dieses schrecklichen Tags bewusst erlebt. Er starrte Tharpo an und erkannte den Wahnsinn in den Augen des Mannes.
Ungefähr zur selben Zeit verfolgte Julian Tifflor eine Zusammenfassung der wichtigsten Neuigkeiten des Tages. Homer G. Adams war bei ihm.
Terra schien sich über Nacht in ein Tollhaus verwandelt zu haben. In der Bevölkerung gärte es, überall kam es zu Unruhen. Menschen versammelten sich, und viel zu oft fanden sich aufpeitschende Redner. Uralte Mythen wurden aus den dunkelsten Winkeln der Geschichte gezerrt und gewannen mit atemberaubender Geschwindigkeit neue Anhänger.
»Es ist nicht zu fassen«, sagte Adams.
»Es gab so etwas schon oft, und das nicht nur auf Terra«, murmelte Tifflor.
»Aber es geht sonst nicht so schnell! Solche Entwicklungen brauchen Zeit. Die Menschen werfen nicht binnen weniger Stunden ihre Überzeugungen über Bord.«
»Offenbar doch. Es liegt an diesen UFOs. Wir hätten die Sache mit den entführten Kindern besser geheim halten sollen.«
»Die Angehörigen der Kinder hatten schon mit zu vielen Leuten darüber gesprochen. Nein, Tiff, in einem solchen Fall kann man nur mit offenen Karten spielen.«
Der Erste Terraner ging unruhig auf und ab. »Wenn wir wenigstens wüssten, woher diese UFOs kommen. Wenn wir einen Anhaltspunkt hätten …«
»Die Menschen haben sich über die Flugobjekte schon einmal den Kopf zerbrochen und keine Lösung gefunden.«
»Damals hatte niemand eine Ahnung davon, wie viele Planeten tatsächlich intelligentes Leben tragen und welch hoch entwickelte Technik manche Völker da draußen haben … Außerdem wurde das Ganze ohnehin in den meisten Fällen als Spinnerei abgetan. Offiziell glaubte man
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