Silberband 109 - Das Loch im Universum
sich, jene Welt näher in Augenschein zu nehmen.
Erst als der Stern schon zur lodernden Sonne geworden war, verringerte der Roboter die Fluggeschwindigkeit. Der vierte Planet wurde sein neues Ziel, alle anderen waren unbewohnt.
Akrobath brachte die KARMA in eine stabile Umlaufbahn. Die optische Vergrößerung zeigte die Oberfläche der unbekannten Welt in allen Einzelheiten. Die Fernortung ließ Metallansammlungen erkennen, die kaum natürlichen Ursprungs sein konnten.
Das bedeutete zumindest, dass die hier lebenden Intelligenzen das Stadium der Metallbearbeitung erreicht hatten.
»Zu wenig für meine Zwecke«, murmelte Akrobath enttäuscht. »Ich brauche Wesen, die sich bereits in einer Phase der Vergeistigung befinden, wie sie meist nach dem Stadium der Überzivilisation eintritt. Aber es kann ja sein, dass die Erzansammlungen ein Relikt sind.«
Auch das hatte es schon gegeben, entnahm er seinem Erinnerungsspeicher. Welten, auf denen hochintelligente Lebewesen dem Fortschritt der Zivilisation und der Technik entsagt hatten, um sich nur der Meditation zu widmen. Ihr Ziel war es, die Geheimnisse des Universums und des Lebens zu ergründen, und wenn sie dieses Ziel auch nicht erreichten, war doch innere Zufriedenheit ihr Lohn.
Ein Alarmsignal schreckte Akrobath auf. Ein Blick auf den Massetaster informierte ihn, dass sich der KARMA ein metallisches Objekt mit sehr hoher Geschwindigkeit näherte.
Sein erster Gedanke war, dass die Unbekannten ihm ein Raumschiff entgegenschickten, um seine Identität festzustellen. Das Objekt erschien auf dem Hauptschirm. Akrobath erschrak zum zweiten Mal und verfluchte die Tatsache, dass er über menschliche Gefühle verfügte.
Das Objekt hatte die Form eines überschlanken Zylinders mit abgestumpfter Spitze. Es war etwa zehn Meter lang, also niemals ein bemanntes Raumschiff. Außerdem zeigte eines der Instrumente heftige Reaktionen.
Radioaktivität!
Akrobath handelte absolut automatisch. Er beschleunigte die KARMA und löste das Schiff aus dem Orbit. Das atomare Geschoss änderte zwar ebenfalls seinen Kurs, blieb aber zurück.
»Freundlicher Empfang«, murmelte Akrobath, ohne seine stoische Ruhe zu verlieren. »Entweder haben sie schlechte Erfahrungen gemacht, oder sie sind einfach böse. In beiden Fällen ist von ihnen keine Antwort auf meine Fragen zu erwarten ...«
Er steuerte einen dahinziehenden Asteroiden an und raste dann mit der KARMA dicht an dem Felsbrocken vorbei in den freien Raum hinaus.
Der Atomtorpedo, wusste Akrobath, hatte die KARMA wegen der geradezu sprunghaft angewachsenen Entfernung aus der Zielverfolgung verloren, aber zugleich den Asteroiden erfasst. Mit voller Wucht traf das Geschoss nun den sehr unregelmäßig geformten Himmelskörper und detonierte.
Akrobath versuchte nicht, seine Schadenfreude zu unterdrücken. Sie entschädigte ihn ein wenig für die erlittene Enttäuschung.
Die KARMA nahm wieder Geschwindigkeit auf und ging auf Überlicht.
Mit Ellert-Ashdon war alles in bester Ordnung, soweit sich das beurteilen ließ.
Die KARMA drang tiefer in die namenlose Galaxis ein. Der durchschnittliche Abstand der Sterne schrumpfte auf zwei bis drei Lichtjahre. Einmal wiesen die Instrumente noch organisches Leben aus, aber Akrobaths vorsichtige Nahuntersuchung entpuppte sich erneut als Fehlschlag. Der Bildschirm zeigte in der Vergrößerung nur unübersehbare Urwälder und vereinzelte Lichtungen, auf denen sich unförmige Ungeheuer langsam fortbewegten.
»Immer noch besser als Atomraketen«, sagte sich der Roboter und setzte den Flug ins Ungewisse fort.
Ellerts eingeschlossenes Bewusstsein wusste von alldem nichts. Die Augen des Mannes konnten nichts sehen, seine Ohren nichts hören.
Ellert vermisste den Kontakt mit Ashdon. Ebenso schlimm war für ihn, dass er nicht erkennen konnte, was geschah. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was Akrobath unternahm. Er existierte als energetische Einheit in ständiger Finsternis – in einem grauenhaft engen Gefängnis.
Sein Dasein war zeitlos geworden, aber in einem anderen Sinn als früher, als er noch körperlos das Universum durchstreifte. Es schien überhaupt keine Zeit mehr zu geben. Vergingen Stunden, Tage, Jahre oder Jahrtausende? Er kannte nicht einmal die Lebensdauer von Akrobath. Würde sie ausreichen, eine Rettungsaktion zu organisieren?
Dabei ging es nicht einmal um ihn, Ellert, selbst. Weit mehr sorgte er sich um das Bewusstsein Gorsty Ashdon, das ihm von ES als Partner zugeteilt
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