Silberband 109 - Das Loch im Universum
Rakete abgeschossen hatte. Das Opfer im Explosionsbereich hatte keine Überlebenschance gehabt.
Verna war überrascht, dass sie kein Gefühl der Trauer empfand. Sie hätte nicht zu sagen vermocht, ob sie mehr mit Laire oder Pankha-Skrin sympathisierte.
Die ersten Krieger kletterten auf den Shift. Verna wäre ohne Weiteres in der Lage gewesen, diese Männer zu töten oder gar die ganze Insel zu versenken. Der Flugpanzer verfügte über ein ausreichendes Waffenarsenal. Doch sie wollte sich auf keinen Fall in die internen Kämpfe der Bewohner von Terzowhiele verwickeln lassen.
Die bärtigen Krieger blickten auf sie herab und schlugen ihre Speere gegen die Panzerplastkuppel. Verna Theran sah gelassen zu. Sie wusste, dass keiner dieser Angreifer in der Lage war, das ultraharte Material der Kuppel auch nur anzukratzen. Sie blieb selbst dann noch ruhig, als einer der Männer über ihr einen Energiestrahler in Händen hielt.
Der Mann zielte auf sie.
Verna tastete nach den Kontrollen, mit denen sie den Prallschirm einschalten konnte.
Der Krieger mit der Energiewaffe zögerte.
Ihre Blicke trafen sich.
Verna lächelte.
Die Energiewaffe sank nach unten. Der Krieger begriff, dass sie unangreifbar war. Er signalisierte ihr mit der Hand, dass er nicht mehr kämpfen wollte.
Sie gab ihm mit gleicher Handbewegung zu verstehen, dass sie verstanden hatte, und schaltete die Außenmikrofone ein. Dabei warf sie sich vor, dass sie das nicht längst getan hatte, da sie dann schon genügend Informationen für den Translator gehabt hätte. Sie hantierte an den Geräten und prüfte, welche Schäden der Shift davongetragen hatte. Endlich fand sie den Fehler, der für die geringe Reaktorleistung verantwortlich war.
Währenddessen drängten sich immer mehr Männer an der Kuppel zusammen und beobachteten sie, wobei sie aufgeregt miteinander schwatzten. Damit kamen sie dem Informationsbedürfnis der Robotologin entgegen. Sie schaltete die Innenlautsprecher zu, und die Stimmen der Männer wurden allmählich für sie verständlich.
Die Krieger sprachen darüber, wie sie die Insel erstürmt und erobert hatten und wie groß ihr Entsetzen gewesen war, als die Rakete explodierte und der Shift abgestürzt war. Mittlerweile waren sie sich darüber einig, dass von dem Fahrzeug keine Gefahr ausging. Sie wunderten sich nur darüber, dass die Frau nicht herauskam.
Schließlich klopfte einer von ihnen mit dem Schaft seines Messers gegen die Kuppel. Verna blickte zu ihm auf. Es war der Mann mit der Energiewaffe und wahrscheinlich der Anführer der Gruppe. Er winkte ihr zu und bedeutete ihr, das Fahrzeug zu verlassen. Sie hob die Hand und zeigte dann nach unten. Er verstand. Die Männer kletterten vom Shift herab.
Verna steckte sich einen handlichen Strahler in den Gürtel und versteckte ein fingerlanges Desintegratormesser unter ihrer Bluse, um für alle Fälle gewappnet zu sein. Schließlich öffnete sie das Außenschott.
Ein warmer Wind blies ihr ins Gesicht. Er brachte den Geruch von Fisch und Algen. Die Krieger standen an der Raupenkette und blickten zu der Terranerin herauf.
Jetzt sah Verna, dass einige von ihnen verwundet waren, zwei sogar so schwer, dass sie sich aus eigener Kraft nicht auf den Beinen halten konnten und gestützt werden mussten. Ihr fiel auf, wie ärmlich und ausgemergelt die Männer waren, und sie begriff, dass sie die Insel aus tiefster Not heraus angegriffen hatten.
»Ich möchte euch gern helfen«, sagte sie. Mithilfe des Translators verständigte sie sich mühelos. »Ich bin nicht hier, weil ich euch wieder wegnehmen will, was ihr erkämpft habt. Ich werde euch helfen, es zu sichern.«
Einer der Männer sank erschöpft zu Boden. Die anderen beachteten ihn nicht. Gebannt blickten sie Verna an. Der Mann mit dem Strahler streckte ihr beide Hände entgegen.
»Ich bin Gurxa«, erklärte er mit rauer Stimme. »Man nennt mich den Großen Gurxa. Ich bin der Anführer dieser Männer. Wir haben den schwersten Kampf unseres Lebens hinter uns. Deshalb benötigen wir Hilfe.« Er deutete zu dem Atompilz hinüber, der langsam verwehte. »Wir wissen nicht, was das zu bedeuten hat. Einige von uns vermuten, dass die Götter den Tod über die Inseln geschickt haben, weil sich ihre Bewohner versündigt haben. Aber daran glaube ich nicht. Ich denke eher, dass du damit zu tun hast.«
»Ich nicht – aber einer meiner Feinde«, erwiderte Verna unbedacht. »Er hat einen meiner Freunde verfolgt und wahrscheinlich getötet.«
Die Männer
Weitere Kostenlose Bücher