Silberband 112 - Die Energiejäger
Du magst in ihnen Geschöpfe sehen, die wie Roboter sind. Ich will nicht abstreiten, dass du damit recht hast. Schließlich habe ich sie geschaffen, als ich noch die Möglichkeiten eines Mächtigen aus dem Bund der Zeitlosen hatte. Es sind in der Tat künstliche Geschöpfe. Trotzdem fühlte ich mich in gewisser Weise schon immer für sie verantwortlich. Als ich sie leblos herumliegen sah, bekam ich Mitleid mit ihnen. Dabei ist es dann geschehen.« Er blieb stehen und senkte den Kopf auf die Brust.
»Was ist geschehen?«, forschte der Terraner.
»Ich gab einen Teil meines Über-Ichs an die Puppen ab und brachte ihre komplizierten, nur auf psychische Energien reagierenden Mechanismen wieder in Gang. Das heißt nicht, dass ich sie beseelt hätte wie diesen Körper, dazu reichte meine Kraft nicht aus. Ich stellte ihnen gerade so viel Energie zur Verfügung, dass sie wieder funktionierten – auf eine robotische, seelenlose Art und Weise.«
»Das hört sich fantastisch an.«
»Für einen Menschen, der seiner Ratio verpflichtet ist und dessen Volk den Weltraum mithilfe der Technik erschlossen hat, muss es das auch«, gab Ganerc-Callibso zu. »Allerdings hätte ich gerade von dir Verständnis erwartet. Du weißt, dass die Kräfte des Geistes stärker sind als alle anderen. Du weißt auch, dass der Geist die Materie hervorbrachte und nicht umgekehrt. Deshalb kann der Geist, wenn er die Techniken begreift und anzuwenden versteht, die Materie beherrschen. Ich habe etwas von dieser Fähigkeit, sonst hätte ich diese Puppen nicht hervorbringen können.«
»Die Ereignisse innerhalb unseres Universums laufen nach bestimmten naturwissenschaftlichen Regeln ab, nach unumstößlichen Gesetzen«, antwortete Saedelaere.
»In deinem Universum mag das zutreffen«, gab der Zeitlose zurück. »Ich bewohne dieses Universum ebenfalls, aber für mich stellt es sich anders dar. Natürlich sträubst du dich, Dinge anzuerkennen, die dein auf dreidimensionales Denken trainierter Geist nicht verstehen will. Tief in deinem Innern bist du jedoch überzeugt, dass ich recht habe.«
»Angenommen, du sagst, was die Puppen anbelangt, die Wahrheit. Warum hast du sie wiedererweckt, wenn du wusstest, dass du damit eine Meute seelenloser Geschöpfe belebst?«
»Mein Optimismus war zweifellos unberechtigt«, gestand der ehemalige Mächtige. »Ich hätte wissen müssen, dass ich ihnen nur ihre Funktion zurückgeben konnte. Sie zu verantwortlich denkenden und handelnden Wesen zu machen hätte bedeutet, völlig in ihnen aufzugehen. Das vermochte ich nicht. Ich habe einen Teil meines Über-Ichs in sie projiziert, gerade so viel, dass sie sich bewegen können.«
Der Maskenträger blickte den Gnomen durchdringend an. »Trotzdem hast du dabei so viel Kraft verloren, dass du nicht mehr in der Lage bist, deinen jetzigen Körper zu verlassen.«
»Das ist der Grund, warum ich unrettbar in diesem sterbenden Leib gefangen bin.«
»Du hast immer geglaubt, dass der Verlust deiner Unsterblichkeit eine Bestrafung für deinen Besuch auf der Ebene der Mächtigen bedeutet«, erinnerte sich Saedelaere. »Kann nicht die Abgabe eines Teils deines Über-Ichs den Alterungsprozess damals schon eingeleitet haben?«
»Möglich wäre es«, schränkte Ganerc-Callibso gequält ein. »Aber ist das im Grunde genommen nicht gleichgültig?«
»Ja«, stimmte Saedelaere zu. »Das ist es.«
Sie stiegen weiter den Hang hinauf. Ab und zu warf der Transmittergeschädigte einen Blick zurück zur Stadt, weil er befürchtete, dort eine Puppenmeute auftauchen zu sehen. Es blieb jedoch alles ruhig.
Der Pfad war lange Zeit nicht mehr benutzt worden. Der Boden war aufgeweicht, aber er ließ noch Spuren erkennen. Saedelaere erreichte das Ziel als Erster, den Platz, wo einst Ganerc-Callibsos Hütte gestanden hatte. Ein sanfter Hügel, der sich im Übrigen nicht von der Umgebung unterschied, markierte die Stelle.
»Wir werden graben müssen«, stellte der Maskenträger fest, nachdem Ganerc-Callibso zu ihm aufgeschlossen hatte. »Wenn der Schlüssel noch hier ist, liegt er bestimmt nicht einfach so herum.«
Er zog den Impulsstrahler aus dem Gürtel.
»Was hast du vor?«, erkundigte sich der Zeitlose.
»Ich werde den Boden Schicht für Schicht abtragen.«
»Die Gefahr, dass du das Objekt dabei beschädigst, ist viel zu groß«, widersprach der Zwerg. »Wir sehen uns hier oben um, dann kehren wir in die Lichtzelle zurück und holen uns geeignetes Werkzeug.«
Saedelaere war einverstanden.
Sie
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