Silberband 113 - Der Loower und das Auge
Ferrol-Weines aus der Flasche. Er deutete dann auf eine große Flasche mit Branntwein. »Josto würde viel darum geben, die Pulle mal heben zu dürfen.«
»Ich schenke sie dir«, sagte Derscht. »Aber du musst mir verraten, woher du diese Information hast.«
Axes Gesicht bekam einen verschlagenen Ausdruck. Er war schlau genug, zu erkennen, dass er durch die lässig hingestreute Bemerkung seine Position gestärkt hatte.
»Markon hat vorhin etwas gesagt, mit dem er eigentlich in dieselbe Kerbe wie du schlug, Derscht. Er behauptet, dass ihr Orbiter in weiterem Sinn so etwas wie Brüder von uns seid.«
»Das meine ich ja«, sagte der Kommandant geduldig.
»Na, ich weiß nicht. Einerseits seht ihr aus wie wir, andererseits betrachtet ihr uns als Feinde. Garbeschianer! Das klingt wie ein Schimpfwort.«
»Axe«, sagte Derscht mit offenbar erzwungener Ruhe. »Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich aufheben. Es gibt eine Methode, um die Konditionierung, die dich zum kompromisslosen Kämpfer gemacht hat, aufzuheben.«
»Eine Gehirnwäsche? Nein danke!«, wehrte Axe ab.
»Ich sehe auch keinen Grund dafür«, wandte Derscht schnell ein. »Du könntest durch die Zusammenarbeit mit mir beweisen, dass du nicht mehr zu den Horden von Garbesch gehörst. Habe ich dich je wie einen Feind behandelt? Hast du bei deinen sogenannten Kameraden jemals so viel Toleranz und Verständnis gefunden wie bei mir?«
»Lass den Sermon«, sagte Axe unwillig. »Ich brauche keine Entschuldigung für das, was ich tue. Ich tue es, weil ... Ach, verdammt, was soll der Schmus. An Bord der KUREL-BAL gibt es irgendwo eine undichte Stelle.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Pearl hat sich die Informationen über euch an Bord der KUREL-BAL beschafft.«
»Das ist ausgeschlossen.«
»Ist es nicht. Woher wüsste er sonst Bescheid? Pearl wird in einem Archiv geschnüffelt haben. Oder er hat das Zentralgehirn angezapft.«
Derscht schüttelte den Kopf. »Solche Daten sind in keinem Rechner der KUREL-BAL gespeichert. Keines unserer Schiffe, das im Feindgebiet operiert, hat Unterlagen an Bord, die Auskunft über uns geben.«
»Irgendwoher muss er sein Wissen haben!«, rief Axe aufgebracht.
»Aber woher?«, sagte Derscht nachdenklich. »Du musst das für mich herausfinden.«
»Ich muss gar nichts«, erwiderte Axe. »Doch unter gewissen Umständen wäre ich dazu bereit. Ich habe es satt, den Prügelknaben abzugeben. Ich will mein eigenes Schiff und beweisen, dass ich ein besserer Flibustier bin als jeder der anderen.«
»Du hast das Zeug dazu, Axe«, schmeichelte der Orbiter. »Ein Schiff ließe sich für dich auch beschaffen.«
»Dann sieh dich schon danach um, Derscht.« Axe grinste schief. »Übrigens, was ist das nächste Ziel der KUREL-BAL?«
»Ich habe noch keine Order ...«, sagte der Kommandant arglos, plötzlich stutzte er.
Axe lachte. »So dämlich kann nicht mal ich dreinschauen. Du glaubst wohl, ich wüsste nicht, dass wir Ferrol schon wieder verlassen haben. Ihr habt euch angestrengt, uns den Start nicht merken zu lassen. Aber Kayna ist gerade, bevor ich abgeholt wurde, mit dieser Neuigkeit hereingeplatzt.«
Derscht schwieg nachdenklich.
»Ich muss herausfinden, woher die Frau das weiß«, sagte er schließlich.
»Ist es denn ein Geheimnis, dass die KUREL-BAL Ferrol verlassen hat?«
»Nein, das nicht. Aber mir ist rätselhaft, wie ihr als Gefangene davon erfahren konntet. Kein Orbiter würde darüber sprechen.«
Axe wollte eine spöttische Bemerkung machen. Aber da schlug der Türsummer an, und er erstarrte erschrocken. Ohne auf ihn zu achten, betätigte Derscht den Öffnungsmechanismus. In der Tür stand eine Schatten-Type.
»Das ist nur Chelda«, erklärte der Kommandant. »Sie repariert die Verbindung zum Kommandostand.«
»Dann werde ich mal wieder ...« Axe klemmte sich die Flasche mit ferronischem Brandy unter den Arm und verließ die Kabine.
Stevenson: Verkehrt ein Folterknecht so mit seinem Opfer? Derscht und Axe boten geradezu das Bild von brüderlicher Eintracht. Das ist doch seltsam.
Chelda: Von Foltern kann keine Rede sein. Derscht ist ein guter Psychologe.
Stevenson: Umso schlimmer. Du solltest mal überprüfen, was für ein Verhältnis zwischen den beiden besteht.
Chelda: Ich? Und was ist mit dir? Sind wir beide nicht eins? Du willst dich doch nicht von mir abspalten, he!
Stevenson: Ich hasse dich, Chelda. Und ich werde es auch dem Vario sagen, dass ich nicht länger mehr du sein möchte. Sonst trenne
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