Silberband 113 - Der Loower und das Auge
Abgesandte der Loower.«
Als Verthas, der Einhundertunddreizehnte Diener des Bebens, von der Niederlage der Patrouille erfuhr, war er zutiefst bedrückt. Er hatte den Eindringlingen seine besten Krieger entgegengeschickt, achtzehn hervorragende Kämpfer, unter ihnen zehn Beschützte.
Sie hatten versagt. Dem Bericht, dass die Krieger sich zurückgezogen hätten, weil ihr Anführer von einer unsichtbaren Macht beiseitegeschleudert worden war, maß Verthas keine besondere Bedeutung bei. Es hatte nie zuvor einen Kampf gegeben. Aber er nahm an, dass Anführer, wenn sie den Kürzeren zogen, leicht mit einer Ausrede zur Hand waren.
Der Erschütterer des Universums hatte den Valugi eine Aufgabe gestellt und sie mit der dafür notwendigen Technik ausgestattet. Über Strategie und Taktik hatte er nichts zu ihnen gesagt. Auf der Basis dieser Hinterlassenschaft hatte sich die Zivilisation der Valugi weiterentwickelt. Generationenlang hatten sie die Früchte ihres Abkommens mit dem Erschütterer genießen können, nicht aber dessen Pflichten erfüllen müssen. Und nun, da zum ersten Mal Eindringlinge den Fuß auf ihre Welt setzten, da war diesen nicht einmal mit einem kampfkräftigen Stoßtrupp aus achtzehn der fähigsten Krieger beizukommen.
Man muss Verthas zugutehalten, dass ihn in erster Linie der Mangel an Kampferfahrung zu der Annahme veranlasste, das Ende sei nahe und könne nur abgewendet werden, wenn sein Volk – und allen voran er selbst – eine letzte, heroische Anstrengung unternähme. Er benützte den geheimen Ausgang aus den Staatsgemächern im Zentrum des Planeten und schwang sich in den Antigravschacht, der zur Gruft des Beschützers hinaufführte.
Die Gruft war eine kreisförmige Halle mit einem Durchmesser von dreißig Metern und einer Höhe, die mindestens das Dreifache dessen betrug. Dem Eingang gegenüber erhob sich die überlebensgroße Statue eines Valugi. Eine Legende behauptete, der Erschütterer habe dieses steinerne Bildnis hinterlassen.
Rechter Hand stand eine mächtige Säule, auf der ein seltsames Gebilde ruhte. Es mochte ein Fahrzeug sein, wie es benutzt worden war, als die Valugi noch über die Oberfläche ihrer Welt gezogen waren, doch das Gebilde selbst interessierte Verthas nicht – er war seines Inhalts wegen gekommen.
Rings um die Säule herum führte eine metallene Treppe zu der Plattform hinauf, auf der das altertümliche Fahrzeug stand. Viermal hatte Verthas bisher diesen Gang unternommen, es war stets geschehen, um dem Beschützer seine Aufwartung zu machen.
Sein heutiges Anliegen war dagegen ungewöhnlicher Natur. Es hatte, so weit die Überlieferungen zurückreichten, nie einen Diener des Bebens gegeben, der den Beschützer um die Kraft des Kampfes bat.
Vor der grauen Metallhülle blieb Verthas stehen. Der Aufbau des Fahrzeugs enthielt zwei runde Fenster, die längst blind geworden waren. Angestrengt versuchte der Diener des Bebens zu erkennen, was sich hinter den Scheiben befand, er hatte auch diesmal keinen Erfolg damit. Kein Valugi hatte den Beschützer je zu Gesicht bekommen – mit Ausnahme Beriwanniks, von der die Sage berichtete, sie habe den Beschützer geboren.
»Ich bin es, Verthas.« Der Diener erhob seine Stimme. »Ich komme zu dir, ehrwürdiger Beschützer, um deine Hilfe zu erbitten. Bittere Not ist über unser Volk hereingebrochen; wir werden unserer Aufgabe nicht nachkommen können, wenn wir nicht alle Kräfte zusammennehmen, um die Eindringlinge unschädlich zu machen. Darum bitte ich dich: Verleih mir die Kraft des Kampfes!«
Seine Worte hallten durch die Gruft und verklangen, aber nichts geschah. Verthas wurde unruhig. Er hatte zu den Anführern der Truppen davon gesprochen, dass der Beschützer müde war und der Ruhe bedurfte. War die Lage womöglich sehr viel ernster? War es denkbar, dass den Beschützer der Schlaf übermannt hatte oder, schlimmer noch, der Tod?
»Ich bin es, Verthas«, sagte der Diener des Bebens voll erwachendem Entsetzen. »Ich komme zu dir, ehrwürdiger Beschützer, um deine Hilfe ...«
Urplötzlich spürte er das eigenartige Ziehen, das die Kraft des Kampfes begleitete, wenn sie von dem Beschützer auf den Bittsteller überströmte. Er hatte das Gefühl nie am eigenen Leib erfahren; aber die Krieger, die der Gnade des Beschützers teilhaftig geworden waren, hatten davon gesprochen. Er starrte wie gebannt auf die Fenster, und einen Herzschlag lang glaubte er, die Bewegung einer grauen Masse zu sehen. Die Kraft strömte auf
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