Silberband 114 - Die Sporenschiffe
erst in letzter Sekunde brach die Maschine seitlich aus, rammte die Plattform und den Wächter und explodierte mit fürchterlicher Wucht beim Aufprall auf die Gebäudefront. Sekundenlang wirbelten Trümmer umher und wurden über den Boden verstreut, dann herrschte bedrückende Stille.
Anson Argyris war traurig und zugleich stolz auf den Knitter-Orbiter, der ihm seine Treue mit der letzten Handlung seines Lebens bewiesen hatte.
»Du hast gesiegt, Anson Argyris«, erklang eine brüchige Stimme. »Der Verlierer erweist dir seine Referenz.«
Die Stimme kam aus dem Rundschädel des Roboters, der etwa fünfzehn Meter von den zerfetzten Überresten seines Echsenkörpers entfernt auf einer Rampe lag. Langsam schwebte Argyris auf den Schädel zu und verharrte dicht davor.
»Du tust mir leid. Eigentlich musst du gewusst haben, dass du Charlie nicht manipulieren konntest. Aber du wolltest deine Existenz beenden. Warum – und warum so sinnlos?«
»Meine Existenz ist längst sinnlos geworden, denn ich ahne, dass Armadan von Harpoon nicht mehr lebt. Und warum sollte ich länger auf jemanden warten, der nie zurückkehren wird?«
»Wenn du sterben wolltest, hättest du den armen Charlie nicht mit hineinziehen müssen!«, rief Argyris zornig.
»Das war eine letzte Prüfung«, erwiderte der Rundschädel mit schwächer werdender Stimme. »Ich erkenne im Sterben, dass du kein Feind bist – und dass deine Menschheit nicht mit den Horden von Garbesch identisch sein kann.«
»Was nützt es der Menschheit nun?«, fragte der Vario voller Verzweiflung und Bitterkeit.
»Höre mir zu, bevor ich zu einem bloßen technischen Instrument werde, Anson Argyris! Ich bin der Schlüssel zum Raum der Rückkehr. Nimm mich und bringe mich in Kontakt mit dem Zentrum des Goldenen Labyrinths!«
Die letzten Worte waren schon so leise, dass selbst die verstärkenden Akustikfelder des Varios sie kaum verständlich machen konnten.
Ob der Wächter sich zuletzt noch einen makabren Scherz erlaubt hatte? Anson Argyris hätte es nicht zu sagen vermocht. Angesichts der verzweifelten Situation der Menschheit musste er aber jede noch so vage Möglichkeit wahrnehmen.
Er hob den Roboterkopf auf und schwebte unbehelligt bis zum Zentrumsbereich. Zwei Meter vor dem Schutzschirm verharrte er, dann schleuderte er den Rundschädel nach vorne.
Als der Überrest des Wächters den Energieschirm berührte, erlosch das goldene Leuchten der verbotenen Zone. Der Weg war frei.
Schon nach kurzer Suche entdeckte Argyris einen Komplex, den er mit absoluter Sicherheit als Transmitter identifizierte. Seine Hoffnung flammte wieder auf. Vielleicht würde er seine Mission doch erfolgreich beenden können.
Noch wusste er nicht, ob jemand in die Anlage auf Martappon zurückkehren würde, sobald er den Raum der Rückkehr betrat. Möglicherweise würde er selbst an einen Ort versetzt werden, der für die Rückkehr eines anderen vorgesehen war.
Der Vario war jedoch fest entschlossen, den Weg ins Unbekannte zu gehen, egal wohin dieser Weg auch führte.
20.
Eine Familie mit Ambitionen
Ehrgeiz und Egoismus Einzelner haben den Lauf der Geschichte oft verändert. Das Beispiel, von dem hier berichtet wird, ist jedoch in jeder Beziehung einzigartig. Es handelt von Wesen, die sich in blinder Gier nach Macht und in maßloser Selbstüberschätzung über alle Tabus hinwegsetzten und das Undenkbare realisierten. Ihre Tat, von der hier die Rede sein wird, ereignete sich in ferner Vergangenheit, aber sie sollte Auswirkungen bis in eine ferne Zukunft haben ...
Träge bewegte Mezza Angdröhm, der Aufklärer, seine Schwingen und flog in geringer Höhe über das Land hinweg, das hier so flach war wie ein Brett und keinen Vergleich mit den Schluchten von Kartlebec zuließ. Die Familie unter ihm zog westwärts, eine Gruppe von fünf düster gekleideten Personen, die ihre Köpfe gesenkt hielten, als folgten sie einer Spur im Sand. Die beiden Wächter, Eltariccer und Soono, trugen den Korb mit dem Baby. Es war eine zusätzliche Last neben den schweren Waffen, mit denen die Wächter ausgerüstet waren und die ihre langen Gewänder ausbeulten. An der Spitze der Gruppe ging die Yardahanada, die Wunschmutter. Auf dem Markt von Gry, wo Tschan sie einst erstanden hatte, wäre sie heute vermutlich nur für das Zehnfache des alten Preises zu haben gewesen. Die Yardahanada war mittlerweile auf ganz Kartlebec ein Begriff. Trotzdem hatte Angdröhm oft den Eindruck, dass Tschan sein Geschick,
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