Silberband 114 - Die Sporenschiffe
handelte.
»Ein Asteroid«, vermutete Ashdon zögernd. »Aber wie kann er eine Albedo haben, wenn da keine Sonne ist?«
»Außerdem verändert sich die Helligkeit in regelmäßigen Abständen, als drehe sich der Körper und sei unterschiedlich geformt. Die Schmalseite gibt nur wenig Licht ab, die Breite wesentlich mehr ...«
»Es könnte eine Art Plattform sein.«
Das hatte Ellert ebenfalls schon überlegt, nur fragte er sich zu Recht, woher in dieser lichtlosen und anscheinend materielosen Region eine Plattform kommen sollte. »Wir werden sehen«, war alles, was er Ashdon antwortete.
Die Umrisse wurden deutlicher. Es war in der Tat eine Art Plattform von enormem Ausmaß, die sich aus zwei ungefähr rechteckigen Gebilden zusammensetzte. An der Außenseite der etwas gekrümmten Fläche waren Felsformationen und pockennarbige Vertiefungen zu erkennen, sie erinnerten an Meteoritenkrater.
»Sieht aus wie der herausgebrochene Teil einer flachen Schüssel«, bemerkte Ashdon. »Bald werden wir eine Größenschätzung anstellen können.«
»Einige hundert Kilometer«, behauptete Ellert. »Beide Rechtecke haben Kantenlängen zwischen zweihundert und vierhundert Kilometern. Aber die Dicke der Scherbe beträgt höchstens hundert Meter.«
»Scherbe?«
»Das sieht doch aus wie eine, oder nicht? Wie die Scherbe einer zersprungenen Suppenschüssel.«
»Wir kommen schnell näher«, warnte Ashdon.
Ellert übernahm den gemeinsamen Körper und schaltete den Gegenschub des Flugaggregats ein. Die Geschwindigkeit verringerte sich rasch.
Der Asteroid wurde abschätzbar.
Ellert fiel auf, dass es im Innern der zerbrochenen Schüssel Zeichen einer vergangenen Zivilisation gab. Doch was er zunächst für Gebäude oder Ruinen hielt, entpuppte sich bald als ein nach oben offenes Labyrinth von Waben und Gängen, das ihn an das freigelegte Innere eines Bienenstocks erinnerte.
Insekten? Und wenn ja, wo waren sie?
Während des Dahingleitens über die unbekannte Welt wurde Ellert klar, dass auch ein Labyrinth in der Tiefe bestehen musste. Einzelne Gänge führten schräg in die Tiefe und endeten in Dunkelheit. Die Oberfläche von Scherbe hingegen war hell, obwohl keine Sonne sie beschien. Woher das Licht kam, blieb rätselhaft.
Noch verwirrender war die Tatsache, dass die Analyseinstrumente eine atembare Atmosphäre anzeigten.
Ellert hielt eine Höhe von etwa hundert Metern. Jede Einzelheit der Oberfläche war nun deutlich zu erkennen. Das Gewirr der Gänge und Wabenansammlungen wechselte ab mit flachen Bauten und senkrecht in die Tiefe führenden Schächten.
»Chaotisch!«, urteilte Ashdon.
Ellert verzichtete auf einen Kommentar und ließ den Mann die Kontrollen bedienen. Es war nicht leicht, einen geeigneten Landeplatz zu finden. Er wählte schließlich ein Plateau, das sich etwa zwanzig Meter über das normale Niveau erhob.
Schwerkraft machte sich bemerkbar. Erstaunlicherweise betrug sie etwa ein Gravo.
Als die Füße des Mannes das Plateau berührten, schaltete sich das Flugaggregat ab. Ellert zögerte etwas, aber ein letzter Blick auf die Kontrollanzeigen beseitigte seine letzten Zweifel. Er öffnete den Helm. Die Luft war warm und frisch wie im Frühling auf Terra.
»Es ist unglaublich!«, entfuhr es Ashdon, als der Mann sich umsah. »Diese Gänge und Waben – könnten wirklich Insekten das alles gebaut haben?«
»Ich bin nicht sicher. Sehen wir uns einfach um.«
Ellert umrundete das Plateau, das kaum einen halben Quadratkilometer maß. An allen Seiten fielen die Wände fast zwanzig Meter weit steil ab. Doch es gab Unregelmäßigkeiten, die Halt boten.
»Wir könnten absteigen«, schlug Ellert vor.
»Und was erwartet uns da unten?«, fragte Ashdon, von dem Vorschlag nicht gerade begeistert.
»Das werden wir hier oben nie erfahren.« Ellert übernahm wieder die alleinige Kontrolle über den Körper und lenkte die Schritte des Mannes bis an den Rand des Plateaus. Er deutete nach unten. »Ich würde das da für Stufen halten.«
Ashdon hatte sich zurückgezogen und gab keine Antwort.
Das Material war brüchig und locker. Mehrmals rutschte Ellert aus und musste sich festklammern, um nicht abzustürzen. Schließlich landete er unsanft auf dem Grund des breiten Grabens, der das Plateau umschloss.
Er wählte die Richtung, die vom Rand der kleinen Welt nach innen führte. Es war merkwürdig, unter einem hellen Himmel zu gehen, an dem keine Wolken und keine Sonne zu sehen waren.
»Warum fliegen wir eigentlich nicht?«,
Weitere Kostenlose Bücher