Silberband 119 – Der Terraner
freigegeben hatten. Um die Positronik zu täuschen und überraschend zuzuschlagen.
Beerblau referierte über die Ausdruckskraft der Farbensprache. Sie versuchte, ihren Zuhörern die schier unerschöpflichen Kombinationen und Varianten der Gesichtssprache durch Beispiele und phonetische Erklärungen nahezubringen. Ihre Zuhörer waren fasziniert, verstanden aber herzlich wenig – obwohl Beerblau das Interkosmo mittlerweile perfekt gelernt hatte und über ein umfangreicheres Fachwissen als etwa John Nack verfügte. Alle bezeichneten es als Phänomen, dass ihr Geist in der Lage war, die langen Sitzungen unter dem Hypnoschuler zu verkraften.
Aber Beerblau hatte einen hohen Preis für ihr Wissen bezahlt: Sie verlor ihre Gabe der Farbsprache. Ein Blick in den Spiegel zeigte ihr, dass sie das Beerblau schon nicht mehr beherrschte. Ihr Gesicht war so farblos wie das von Waschwand, und es wurde immer ausdrucksloser, je mehr Wissen sie in sich aufnahm.
John und den anderen fiel das nicht auf, und Beerblau behielt es für sich. Denn wenn sie erkannten, dass Menschen nie in der Lage sein würden, die Mimikry-Fähigkeiten der Dirtos auf sich zu übertragen, dann würden sie Mimi fortschicken.
Und das wollte sie keinesfalls, jedenfalls jetzt noch nicht.
Beerblau – sie nannte sich selbst nun immer öfter Mimi – war mit ihrem Referat noch nicht fertig, als vermummte Männer in den Konferenzraum stürmten. Sie waren bewaffnet und trugen geschlossene Schutzanzüge, zweifellos, um sich vor einem Gasangriff der Positronik zu schützen.
»Alles verlässt den Raum!«, befahl eine dumpfe Stimme. »Los, macht schon!«
Mimi war klein genug, dass sie es fertigbrachte, sich hinter dem Hypnoschuler zu verstecken.
»Feuer!«, befahl die Stimme, die nicht die von Jost Governor war.
Gebündelte Thermoschüsse leckten über die Wand. Die Verkleidung schmolz, Entladungen zuckten auf, als die energieführenden Bahnen der Positronik getroffen wurden.
John Nack und seine Leute hatten den Raum bereits verlassen. Die Männer in den Schutzanzügen stellten das Feuer ein und nahmen Messungen vor.
»Die Leitungen sind tot! Albert hat keinen Einfluss mehr auf diese Nebenstelle.«
»Gut. Dann bauen wir die Zweigpositronik aus!«
Der Anführer des Trupps machte sich mit einem anderen Mann an einer Konsole zu schaffen. Sie hatten die Platten kaum geöffnet, da erklang von einer der Verteilerstellen ein Schmerzensschrei. Der Mann dort hatte schützend die Hände hochgerissen, er taumelte rückwärts und stürzte zu Boden.
Ein Zweiter konnte sich gerade noch zur Seite werfen, als ein Energiestrahl nach ihm griff.
»Schutzschirme einschalten!«, befahl der Anführer. Fast gleichzeitig zuckten aus etlichen Wandöffnungen Blitze.
Mimi wagte nicht, den Schutz des Hypnoschulers zu verlassen. Sie wollte nicht, dass die Positronik auch auf sie das Feuer eröffnete.
»Rückzug!«, befahl der Anführer, und der Beschuss endete.
Die Männer verließen den Raum. Mimi sah, dass der Anführer eine kleine Kapsel an den positronischen Verband heftete.
»Nicht!«, rief sie und stürzte vorwärts. »Ihr solltet Alberts Leiden zu heilen versuchen, anstatt die Positronik zu zerstören.«
»Der Pinguin!«, rief der Mann überrascht. »Hinaus mit dir!«
Er packte Mimi und lief mit ihr aus dem Konferenzraum. Draußen warteten die anderen hinter einem Schutzschirmprojektor. Sie schalteten das Gerät ein, kaum dass der Mann Mimi bei ihnen absetzte.
Sekunden später brandete die Explosion aus dem Konferenzraum gegen die schützende Energiewand.
»Mit Gewalt werdet ihr das Problem nie lösen«, sagte Mimi anklagend. »Auf diese Weise zerstört ihr nur das gesamte Kontor – falls Albert das überhaupt zulässt.«
»Am besten trägst du deine Weisheit der Chefin vor«, sagte der Anführer.
»Setz dich, Mimi«, sagte Alja Symens freundlich.
»Nein danke«, lehnte die Dirto ebenso höflich ab. »Ich habe kein Sitzfleisch wie ihr Menschen, das habe ich unter dem Hypnoschuler erkannt.«
»Womit wir auch gleich beim Thema wären«, hakte Symens sofort ein.
Mimi war mit der Kontorchefin allein in deren Büro und ziemlich sicher, dass es keine heimlichen Zuhörer gab – abgesehen von der Positronik, deren Gegenwart sie nie ganz ausschließen konnte.
»Du hast in wenigen Tagen mehr gelernt als die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben«, sagte Alja Symens. »Wenn Albert ausnahmsweise keine falschen Angaben gemacht hat, besitzt du einen weit über dem
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