Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen
ein intaktes Schiff gibt«, bemerkte der Tart.
Scoutie und Faddon kamen ebenfalls mit Gepäck. Hinter ihnen verriegelte Mallagan das Kurierboot wieder. Begleitet von den Geräuschen der Königsblüten, verließen sie das Tal.
Nach eineinhalb Stunden legten sie eine kurze Ruhepause ein. »Hier gibt es weder fleischfressende Uurths noch Kopfjäger«, sagte Gonos. »Nur vor den Allesfressern müssen wir uns in Acht nehmen, das sind Raubinsekten, deren überraschend auftauchenden Marschsäulen alles als Nahrung dient, was nicht rechtzeitig fliehen kann.«
»Notfalls können wir schnell laufen.« Mallagan trank einige Schlucke aus seiner Wasserflasche. »Du hattest den Namen ›Königsblüten‹ genannt, Gonos. Was weißt du über sie?«
Der Tart winkte ab. Suchend schaute er in alle Richtungen. »Vorerst sind wir hier sicher«, versprach er. »Die Geschichte der Königsblüten ist lang. Ich hörte sie stückweise von Beeinflussten, die ich unter Drogen setzte, um sie ausfragen zu können. Wer längere Zeit Kontakt mit den Königsblüten hat, der erfährt einiges über sie. Wie das vor sich geht, weiß ich nicht. Vielleicht ist alles auch nur Phantasie, aber ich denke, dass zumindest ein paar Wahrheiten darin verborgen sind.«
Gonos kreuzte die Arme vor dem mächtigen Brustkorb. »Vor langer, langer Zeit erreichte ein sogenannter Königssame aus den Tiefen des Weltalls diesen Planeten. Er keimte, senkte seine Wurzeln in den Boden und fand reichlich Nahrung, sodass er zu einer riesigen Blütenstaude heranwuchs. Sein Kelch öffnete sich weit und richtete sich ins All. Dorthin sandte er hyperdimensionale Lockimpulse – und von dort kamen schließlich Hyperimpulse, die eine Befruchtung der Blüte bewirkten. Neue Samen wuchsen heran, reiften, wurden vom Wind weggetragen, keimten und entwickelten sich zu Blütenstauden, die ihrerseits Lockrufe aussandten und befruchtet wurden.
Eines Tages wurde ein Raumschiff von einem Lockruf getroffen. Die Besatzung geriet in den Einfluss der Hyperimpulse und lenkte ihr Schiff zum Planeten der Königsblüten. Da der Geist der Raumfahrer verwirrt war, wäre ihr Schiff abgestürzt, wenn die Königsblüten nicht gelernt hätten, sie gezielt zu beeinflussen. Deshalb kam es nur zu einer Bruchlandung.
Die Gestrandeten mussten den Rest ihres Lebens auf diesem Planeten verbringen, fern jeder Zivilisation. Sie litten unter ihrem Schicksal. Um ihnen dieses Leben erträglich zu machen und ihm einen Sinn zu geben, griffen die Königsblüten in den Willen dieser Wesen ein. Von da an glaubten die Gestrandeten, nur gelandet zu sein, um die Blütenstauden zu betreuen und ihren Samen zu verbreiten.
Der Erfolg veranlasste die Königsblütenpflanzen, gezielt nach weiteren Raumschiffen zu suchen. Die Pflanzen glauben, sie würden die Raumfahrer, die sie zu sich rufen, damit glücklich machen. Außerdem können sie sich nun schneller ausbreiten. Der Königssame wurde von einem auf hoher Entwicklungsstufe stehenden Volk gezüchtet und mit dem Ziel auf den Weg gebracht, die Art über einen ganzen Planeten zu verbreiten. Angeblich würde dann die ›Stimme‹ der Königsblüten weit genug in den Weltraum reichen, dass sie von einem ihrer Könige gehört werden könne und er sie besuchen käme.«
Gonos legte eine Pause ein. Nachdenklich blickte er in den Himmel. »Mir erscheint das als Mischung aus Legende und Mythos, trotzdem glaube ich, dass ein wahrer Kern in der Geschichte steckt. Immerhin zeugt die Handlungsweise der Pflanzen von Intelligenz und vorausschauendem planvollen Handeln. Außerdem haben sie auf diesem Planeten keine verwandten Arten, was darauf schließen lässt, dass sie sich tatsächlich nicht hier entwickelt haben.«
»Wir sind den Königsblüten dankbar – und natürlich ebenso dem Volk, das den Königssamen züchtete«, sagte Mallagan. »Wäre das nicht geschehen, hätten wir niemals erfahren, dass sich auf Kranenfalle ein Raumschiff befindet, das möglicherweise die SOL ist.«
»Warum redet ihr eigentlich immer von diesem Raumschiff SOL?«, wollte Gonos wissen. »Bedeutet es euch viel?«
»Alles«, gestand Scoutie ein. »Oder fast alles. Als wir für die Herzogliche Flotte rekrutiert wurden, nahmen wir uns vor, nach der SOL zu forschen. Sie ist für uns so etwas wie eine verlorene Identität, die Heimat unserer Vorfahren. Eines Tages zu sehen, woher wir Betschiden gekommen sind, ist unsere größte Sehnsucht.«
Lange sah der Tart sie nachdenklich an. »Ich hoffe, dass sich eure
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