Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen
durchs Gebirge. Ich habe keine Lust, den ganzen Tag unterwegs zu sein und etwas zu verfolgen, von dem ich nicht einmal weiß, was es ist.«
»Dann gehe ich allein«, sagte sie entschieden.
Schimpfend zog er sich an.
Adylein wartete vor der Tür. Carl trank hastig eine halbe Tasse Tee und verließ dann die Hütte. Im Sonnenlicht wirkte die Spur noch bedrohlicher als in der vergangenen Nacht; sie war mehrere Meter breit und an verschiedenen Stellen deutlich tiefer als einen halben Meter.
»Das muss eine Maschine gewesen sein«, sagte Carl Pusek.
Adylein deutete hinüber zu den Bäumen. »Schau sie dir an!«, forderte sie.
Viele Tannen waren zum Teil entwurzelt oder umgerissen, die kleineren schienen niedergewalzt worden zu sein. Eine Schneise führte durch das an die Lichtung angrenzende Wäldchen.
»Wir werden jedenfalls keine Schwierigkeiten haben, der Spur zu folgen.« Carl erschrak über den eigenen Scherz.
»Glaubst du wirklich, dass es eine Maschine war?«
»Was sonst?«
»Darauf weiß ich keine Antwort«, entgegnete Adylein unbehaglich. »Keine Maschine würde einen solchen Akt sinnloser Zerstörung begehen ...«
»Vielleicht ist eine der Robotanlagen außer Kontrolle geraten.«
Gemeinsam gingen sie zum Rand der Lichtung. Die Nadeln waren so gründlich von Ästen und Zweigen entfernt, dass die Bäume geradezu nackt aussahen.
Die jungen Leute folgten der Schneise bis zu einer Gruppe entwurzelter Laubbäume, deren Kahlheit beängstigend wirkte. Es mussten Buchen und Eichen gewesen sein, und nur ihre Rinde war unbeschädigt.
»Nadeln und Blätter sind entfernt.« Wie Pusek das sagte, klang es merklich gequält.
»Wir kehren am besten um und verständigen die Zentrale«, schlug Adylein vor.
Carl musterte seine Freundin abschätzend. »Du bist gut«, stellte er fest. »Erst schleppst du mich hierher, und nun willst du wegen einiger umgestürzter Bäume aufgeben.«
»Das alles ist mir zu unheimlich«, gestand sie, folgte Carl aber trotzdem weiter die Schneise entlang. Die Spur endete vor einigen Büschen, als hätte sich das, was sie erzeugte, schlicht in Luft aufgelöst.
»Hier hat das Ungetüm haltgemacht«, erkannte Pusek. »Wo mag es jetzt sein?«
»Vielleicht ist es auf seiner eigenen Spur zurück«, vermutete Adylein.
»Unsinn«, sagte der Junge kopfschüttelnd. »Es muss eine andere Erklärung geben.«
Sie untersuchten das Hügelgebiet, ohne fündig zu werden. Nach einigen Stunden stießen sie auf eine Lichtung auf einem buschbestandenen Hügel. Von dieser Stelle aus konnte man nach Shonaar hinabsehen und einen Teil der Stadt überblicken. Es war jedoch weniger die Siedlung im Tal, die Carls Aufmerksamkeit erregte, als vielmehr der Zustand der Lichtung. Die Pflanzen waren zum größten Teil niedergedrückt, als hätte ein großes Gewicht auf ihnen gelastet.
»Hier ist einiges seltsam«, sagte Adylein stockend. »Als ob das Ding, was immer es sein mag, auch hier gewesen ist.«
Carl drehte sich um die eigene Achse. »Es gibt keine Spur, die hier heraufführt.«
»Und wenn das Ding fliegen kann?«
»Warum unterzieht es sich dann der Mühe, sich in anderen Bereichen durch den Wald zu wälzen?«
»Wir müssen die Verwaltung informieren.«
Diesmal gab Pusek nach. Es war an der Zeit, dass sich die eigentlich Verantwortlichen um den Vorfall kümmerten.
Als die beiden den Platz verlassen wollten, entdeckten sie zwischen niedergedrückten Büschen eine zerbrochene Staffelei. Neben der Malerausrüstung lagen ordentlich ausgebreitet Schuhe und Kleidungsstücke eines Menschen. Die Verschlüsse von Jacke, Hose und Schuhen waren nicht geöffnet. Der Träger dieser Kleidung schien auf unerklärliche Weise aus ihr herausgeschlüpft zu sein.
»Das gehört dem alten Maler, dem wir auf dem Weg zur Hütte begegnet sind«, sagte Adylein entsetzt.
Pusek nickte nur. Ältere Menschen waren oft schrullig und hatten die merkwürdigsten Angewohnheiten. Aber warum sollte der Künstler, dem die zerstörte Staffelei gehörte, seine Kleidung auf diese Weise abgelegt haben?
Carl Pusek fröstelte plötzlich. Stumm kämpfte er gegen sein Entsetzen an und bemühte sich, es vor Adylein zu verbergen.
»Der alte Mann ist tot!«, stieß sie hervor. »Ich spüre, dass er nicht mehr lebt. Das Ding, das die Bäume entlaubt hat, ist dafür verantwortlich.«
»Verlier bitte nicht die Nerven«, sagte Carl heftig.
Die breite Spur endete nur wenige hundert Meter entfernt. Das Ding, was immer es war, hatte vielleicht
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