Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen
Dennoch wirkte sie.
»Klar.« Archibalds Augen funkelten vor Vergnügen. »Was Addison macht, das hat schon was. Damit kann man zumindest etwas anfangen. Sicherlich findet sich der eine oder andere Käufer, und wenn wir nur ein Bild losschlagen, hat es sich für ihn gelohnt. Für mich ist das bestenfalls ein Zusatzgeschäft. Aber ich denke langfristig. Ist euch das klar?«
»Du bist ein kluger Mann«, sagte Merlin Sanders. »Bevor uns beiden die Zeit davonläuft: Machen wir den Vertrag?«
Belustigt und mit einer gewissen Abfälligkeit beobachtete Gernon Egk die anderen Touristen seiner Gruppe. Ihr Gehabe erschien ihm albern. Was war schon dabei, wenn man einer Persönlichkeit wie Icho Tolot zufällig über den Weg lief? Für ihn hatte so etwas keinerlei Bedeutung. Er war dem Haluter schon häufiger begegnet, wenngleich das nicht bedeutete, dass er den Koloss auch kannte. Der Zufall hatte lediglich ergeben, dass er Tolot des Öfteren aus nächster Nähe erlebt hatte.
Für das übersteigerte Interesse der anderen Reisenden hatte er nur wenig Verständnis. Nicht mehr, seit er jahrelang für den Sicherheitsdienst auf Keuhnzen gearbeitet hatte. Er war dort zeitweise durchs Feuer gegangen und für solche Reize unempfindlich geworden.
Egk hatte er sich der Gruppe nur angeschlossen, weil ihm ein Ausflug durch die Vororte Terranias kurzweiliger erschien, als an Bord des Kreuzfahrtraumers zu bleiben – und weil die blonde Angela Gore dabei war, die geradezu besessen alles aufzeichnete.
Lächelnd verfolgte er, wie sie Icho Tolot filmte, als dieser ins Freie heraustrat. Doch sein Lächeln erlosch bald. Die riesige Gestalt schwankte leicht, ganz so, als sei Icho Tolot betrunken. Egk wusste allerdings, dass Alkohol so gut wie keine Wirkung auf Haluter hatte.
Tolot grüßte und blieb sekundenlang vor den Touristen stehen, dann aber setzte er sich mit auffälliger Eile in einen Gleiter. Seine mächtige Gestalt bäumte sich auf, als sei sie von einem Schlag getroffen worden. Die Seitentür der Maschine wurde krachend herausgerissen.
Brüllend wandte sich der Haluter zur Seite. Erst presste er seine vier Hände gegen den Schädel, dann schlug er wild um sich und zertrümmerte den Gleiter, als bestünde die schwere Maschine nur aus Pappe. Augenblicke später ließ Tolot sich keuchend aus den Resten des Fahrzeugs fallen und taumelte davon. Er verschwand hinter der nächsten Gebäudeecke, bevor jemand ihm folgen konnte.
»Irre!«, rief Gerard Meyer, ein kahlköpfiger, schwergewichtiger Mann. »Ich habe alles aufgezeichnet. Die werden zu Hause staunen, wenn sie das Holo sehen.«
»Was war denn mit Tolot los?« Angela Gore schüttelte verwundert den Kopf. »Ist er verrückt geworden?«
»Ach was, der hat einen über den Durst getrunken«, bemerkte ein dunkelhaariger Mann. Er legte den Arm um Gores Taille, als sei er schon sehr lange mit ihr vertraut. Die Frau entwand sich ihm verärgert.
Egk trat auf den Dunkelhaarigen zu, packte ihn an den reich verzierten Kragenaufschlägen seiner Kombination und setzte ihm die Faust unters Kinn. Zwei schallende Ohrfeigen folgten. »Ich hoffe, das genügt dir«, sagte er drohend. »Derartige Frechheiten wirst du kein zweites Mal wagen.«
Der Dunkelhaarige war bleich bis an die Lippen. Er massierte sich das Kinn. »Das wirst du mir büßen«, kündigte er an. »Einem Oriano Burgess schlägt niemand die Faust ins Gesicht.«
Er warf Egk eine Karte hin, doch der hob sie nicht auf. Das tat Angela für ihn, wenn auch eher aus Neugier. Sie lächelte ironisch. »Graf Oriano Burgess y Gata de Liserk y Master of Kayter y Skit de Logge. Welch vornehmer Herr! Ich wusste gar nicht, dass wir so einen Menschen unter uns haben.«
Die anderen Kreuzfahrtreisenden umstanden die beiden Männer und die Frau und warteten darauf, dass mehr geschah. Sie schienen schon vergessen zu haben, dass Icho Tolot sich ungewöhnlich verhalten hatte. Jetzt interessierte sie die Eifersuchtsszene, und einige von ihnen scheuten sich nicht, die Gesichter der Kontrahenten mit ihren Kameras einzufangen.
»Schlagt euch noch einmal«, bat Meyer. »Ich habe das nicht gespeichert, es ging einfach zu schnell.«
Angela Gore lachte. »Vielleicht inszenieren die beiden Herren an Bord der XANADU eine kleine Schlägerei für euch. Wenn ich etwas dazu tun kann, will ich es gern tun.« Sie hängte sich bei Egk ein und bat ihn weiterzugehen.
»Verdammt!« Meyer klatschte in die Hände. »Wo ist der Haluter geblieben?« Er rannte zu der
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