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Silberfieber

Silberfieber

Titel: Silberfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wuehrmann
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sogar zum Mittwochabendspiel der Montreal Canadiens im Molson Center zurück sein.
    Er erreichte das Eingangsportal des Johanniter-Spitals, bückte sich und wischte sich mit dem Handrücken ein paar Reste des frischen Teers von den Stiefeln, die haften geblie ben waren. Als er sich wieder aufrichtete, fiel sein Blick auf einen Haufen aus herausgebrochenen alten schwarzen Teerstücken, die neben der frischen Teerdecke lagen. Warum ein System ändern, das sich bereits bewährt hat, dachte er und ließ einen größeren Teerbrocken in seiner anderen Manteltasche verschwinden.
    »Entschuldigung, haben Sie vielleicht eine Zigarette?«
    Einstein fuhr erschrocken herum. Die Fragerin musste beobachtet haben, wie er den Stein eingesteckt hatte. Vor ihm stand eine Frau um die fünfzig, die einen dünnen, gelben Anorak trug über ihrem Morgenrock, den sie mit beiden Armen an ihren Körper drückte, und ihn verwundert ansah.
    »Entschuldigung, ich wollte Sie nicht erschrecken, haben Sie vielleicht eine Zigarette für mich?«
    Sie hatte ihre Bitte nur zögernd wiederholt, verunsichert durch Einsteins unruhig hin und her wandernde dunkle Augen, die prüfend das Spitalgelände absuchten.
    »Ja, natürlich«, sagte er mit leiser Stimme, griff in die Innentasche seines Mantels, holte eine angebrochene Zigarettenschachtel hervor und wartete, bis die Frau eine Zigarette herausgezogen hatte. Dann gab er ihr Feuer.
    »Ich danke Ihnen vielmals«, sagte die Frau.
    »Können Sie mir bitte sagen, wo Franz Felgendreher untergebracht ist?«, fragte Einstein.
    »Ja, sicher im Erdgeschoss, immer den Flur entlang, ganz hinten links«, sagte sie und machte sich, ihren Anorak weiterhin eng an sich drückend, davon. Einstein war sich sicher, dass die Frau gesehen hatte, wie er den Teerklumpen in die Manteltasche gesteckt hatte, beruhigte sich aber damit, dass in diesem Irrenhaus tagtäglich wahrscheinlich noch viel absonderlichere Verhaltensweisen zu beobachten waren.
    Ohne es zu merken, war Einstein auch von der Krankenschwester im Empfangsbereich beobachtet worden. Sie war allerdings erst aufmerksam geworden, als sie gesehen hatte, dass Frau Schneider, die sich bei fast jedem Wetter den ganzen Tag im Außengelände aufhielt, wieder einen Besucher gefunden hatte, bei dem sie eine Zigarette schnorren konnte. Nachdem die Schwester sich dadurch kurzzeitig von der Verteilung der Tablettenrationen hatte ablenken lassen, wandte sie sich wieder ihrer Beschäftigung im Hinterzimmer des Foyers zu. Dadurch bekam sie nicht mit, wie der unbekannte groß gewachsene Besucher, der eben noch um eine Zigarette erleichtert worden war, das Gebäude betrat und, ohne sich bei ihr anzumelden, mit raschen Schritten den Flur hinunterging.
    Als er am Ende des Ganges angelangt war, probierte er aus, ob sich die Tür auf der linken Seite öffnen ließ. Er hatte Glück: Die Tür war unverschlossen, und er bemühte sich, beim Eintreten kein Geräusch zu machen.
    Franz Felgendreher lag friedlich schlummernd mit dem Gesicht zum Fenster hin gewandt auf seinem Bett. Einstein ging zum Fenster und setzte sich auf einen der winzigen Stühle, der unter seinem Mantel völlig verschwand. Dann blickte er auf den schlafenden Felgendreher, streckte sein rechtes Bein aus und trat mit voller Wucht gegen das Fußende des Bettes.
    Franz Felgendreher war sofort wach. Er öffnete die Augen. Er hatte so tief geschlafen, dass er sich nicht sofort orientieren konnte. Möglicherweise war seine Verwirrtheit auch auf die beiden Tabletten zurückzuführen, die nach dem Mittagessen ihre Wirkung entfalteten. Als er Einstein erblickte, setzte er sich auf, sodass seine Beine über der Bettkante baumelten. Wie schon während des vorherigen Besuchs, begann er, nervös mit den Füßen zu scharren. Da diese aber an dem hohen Bettgestell keinen Widerstand fanden, schwangen sie in der Luft, sein Körper verkrampfte sich, und erzitterte heftig.
    »Guten Tag, Herr Felgendreher, mein Name ist Einstein. Ich bin gekommen, um etwas zu holen, was mir gehört.« Auch er sprach langsames und deutliches Englisch.
    Aber Felgendreher hatte ihn verstanden, das war seinen Augen anzumerken, die sich jetzt auf Einstein fokussierten. Sein Körper zitterte so stark, dass er nicht sprechen konnte, selbst wenn er gewollt hätte. Der alte Mann hatte solche Angst, dass er keinen Ton herausbrachte.
    »Sie wissen doch, worum es geht, nicht wahr, Herr Felgendreher? Es ist die alte Landkarte, ich bin mir sicher, dass sie bei Ihnen ist«,

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