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Silberfieber

Silberfieber

Titel: Silberfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wuehrmann
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Madame Tussaud’s, und nimm ein Taxi zurück zur Uni. Ein paar Studenten haben einen neuen Taxiservice gegründet, der nennt sich Quiz-Cabs. Er funktioniert wie das Wissensquiz Trivial Pursuit, die Taxis haben unterschiedliche Farben für ein bestimmtes Wissensgebiet, Blau für Erdkunde, Rot für Unterhaltung, Orange für Sport und so weiter. Du müsstest dir ein gelbes Taxi suchen, für Geschichtsfragen. Du gibst dem Taxifahrer einfach ein paar Stichworte, so als würdest du im Internet eine Suchmaschine benutzen, und er erzählt dir alles, was du wissen willst. Die Taxifahrer sollen alle Experten sein. Ist ein bisschen teurer als die normalen Taxis, aber der Spaß ist es den meisten wert, und vielleicht erfährst du ja wirklich was.«
    »Was soll ich denn für Stichworte nehmen?«
    »Na, ich glaube, die Koordinaten kannst du nicht nehmen, damit überforderst du die Leute. Aber nimm doch die Jahreszahl und irgendwas wie Atlantik und Schiff oder so, das reicht denen bestimmt.«
    »Na gut, also bis gleich.«
    Frank ging die restlichen zweihundert Meter an dem weltberühmten Wachsfigurenkabinett und an der davor wartenden Menschenschlange vorbei und hielt Ausschau nach einem der Quiz-Cabs.

14
    Am Eingang zu Madame Tussaud’s staute sich die tägliche Menge Touristen, die dort bis zu drei Stunden in der geraden Warteschlange ausharren mussten. Hätte man sie gefragt, wie sie das aushielten, hätte es wohl keiner erklären können. Tatsächlich entsprang die dafür notwendige Geduld einer unerklärlichen, aber bei jedem von ihnen vorhandenen unbewussten Furcht vor der unbekannten drakonischen Strafe, die einem blühte, wenn man gegen das heilige englische Gebot des disziplinierten Schlangestehens verstieß. Doch je näher sich die Menschen dem Eingang näherten, umso mehr verwandelte sich der Kopf der Schlange in einen unkontrollierten Ameisenhaufen, der sich im Rhythmus der sich dagegen anwerfenden Türsteher vor- und zurückbewegte.
    Frank kämpfte sich auf dem Gehsteig an ein paar wild gestikulierenden Italienern vorbei, die gerade versuchten, drei in bunte Saris gekleideten indischen Frauen den Spitzenplatz vor der Eingangstür abzunehmen.
    Durch das Menschenknäuel hindurch hatte er bald eines der hochrädrigen und dickbäuchigen Londoner Taxis entdeckt, das auf der Seitentür die Aufschrift Quiz-Cabs trug. Erst hatte er ja gedacht, Peter würde mit der Geschichte einen Witz machen, aber hier war der eindeutige Gegenbeweis. Ohne lange abzuwarten, bis das letzte Familienmitglied der mehrköpfigen Samstagsnachmittags-Ausflugsgruppe den Rücksitz verlassen hatte, schob sich Frank auf der anderen Seite ins Taxi. Seine Eile trug ihm einen bösen Blick des Vaters ein, der gerade eben noch das letzte seiner Kinder aus dem Auto herauspflückte.
    »Sind Sie frei?«, fragte er in unbeholfenem Englisch.
    »Jetzt nicht mehr, du sitzt ja schon drin.«
    Von seinem Platz auf der Rückbank aus sah er einen schmalen Streifen brauner Haut, der nach oben hin ziemlich rasch von kurz geschnittenen schwarzen Haaren abgelöst wurde. Auf dem dazugehörigen Kopf thronte eine hellblaue Baseballmütze.
    »So wird das nichts, Großer, wenn ich dir etwas erzählen soll, musst du entweder rüberrutschen oder dich auf den Beifahrersitz setzen«, hörte er wieder die Frauenstimme, die sehr jung klang. Er schätzte die Sprecherin auf Anfang zwanzig. Frank gehorchte und rutschte schnell auf den Platz hinter dem Beifahrersitz.
    »So ist’s besser, Mikrofone haben wir leider noch nicht.«
    Jetzt konnte Frank noch drei ziemlich dicke Silberringe im rechten Ohr erkennen und das schmatzende Geräusch eines Kaugummis hören. Die Frau drehte ihm endlich das Gesicht zu, und Frank blickte in ein Paar wunderschöne dunkelbraune Augen, die leider von den darüber hängenden Haarsträhnen fast ganz verdeckt wurden.
    »Oje, der Selbstmörder von heute Morgen! Tja, man sieht sich im Leben eben immer zwei Mal. Du fühlst dich im Auto wohl sicherer als zu Fuß, was?«
    Frank sah sie verdutzt an, doch sie lächelte ihn nur an und wartete. Dann sah er auf ihre zierlichen Hände, die auf dem breiten Holzlenkrad lagen, und erkannte sie wieder.
    »Du hast mich vorhin fast über den Haufen gefahren«, sagte er dann, weil ihm nichts Besseres einfiel. Doch er bereute es sofort und hoffte, dass er nicht zu vorwurfsvoll geklungen hatte.
    »Und du bist vom Kontinent und gerade erst angekommen.«
    Sie musterte ihn schräg über die Schulter nach hinten blickend.
    »Holland

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