Silberglocken
Eltern sich getrennt haben.”
“Ja. Ich verstand einfach nicht, was passiert ist. Jetzt weiß ich natürlich, dass ich nichts dafür konnte. Und auch deine Eltern haben sich nicht scheiden lassen, weil du einem von ihnen ähnlicher siehst als dem anderen. Die Probleme deiner Eltern haben nichts mit dir zu tun.”
Mackenzie sagte lange nichts. “Du weißt immer alles. Deshalb wünsche ich mir so, dass du Dad heiratest. In den letzten zwei Wochen warst du mehr wie eine Mutter für mich als Mom die ganzen Jahre über.” Carrie drückte ihre Hand. “Weißt du, dass ich bei dir das erste Mal Plätzchen gebacken habe? Dad und ich haben einmal einen Kuchen gemacht, aber das war eine Fertigmischung.”
Etwas Ähnliches hatte Carrie schon vermutet, so ungeschickt hatte Mackenzie sich angestellt.
“Ich bin so gern mit dir zusammen. Du verstehst mich immer so gut.” Mackenzie lächelte Carrie etwas unsicher an. “Ich bin die Einzige in unserer Klasse, die häkeln kann, und das hast auch du mir beigebracht. Unser Haus ist bald fertig, dann müssen wir wieder umziehen. Und wenn du Dad nicht heiratest, werde ich dich nie wiedersehen. Warum kannst du ihn denn nicht heiraten?”
“Ach, Liebes”, flüsterte Carrie und nahm sie in die Arme. “Das ist nicht so einfach. Kann ich denn nicht einfach nur deine Freundin bleiben?”
Mackenzie schniefte ausdrucksvoll. “Besuchst du mich denn wenigstens in unserem neuen Haus?”
“Darauf kannst du Gift nehmen!”
“Und Madam Fredrick und ihre Kristallkugel?” fragte Mackenzie.
Carrie stöhnte innerlich auf. “Madam Fredrick meint es gut, und sie ist auch ein sehr lieber Mensch. Aber jetzt sage ich dir etwas, was du ihr nicht weitersagen darfst.”
“Versprochen.”
“Madam Fredrick kann in Wirklichkeit überhaupt nichts in ihrer Kristallkugel sehen.”
“Aber …”
“Ich weiß. Sie sagt, was sie denkt, und so kommt man auf die abenteuerlichsten Ideen. Wenn ihre Vorhersagen sich erfüllen, dann vor allem deshalb, weil die Leute sich unbewusst danach richten.”
“Aber sie ist so davon überzeugt.”
“Das gehört dazu.”
Mackenzie dachte einen Augenblick nach. “Das heißt dann also, dass ich am besten überhaupt nichts glaube, was sie sagt.”
7. KAPITEL
W enn Carrie es nicht schon so oft erlebt hätte, hätte sie nicht geglaubt, dass zwei Jungen ihrem Vater so ähnlich sein konnten. Doug und Dillon saßen neben Jason auf dem Sofa und schauten sich mit ihm im Fernsehen ein Fußballspiel an. Drei Paar Füße in weißen Socken, übereinander geschlagen, lagen auf dem niedrigen Tisch. Jason hatte die Fernbedienung neben sich liegen, auf seinem Schoß hatte er einen Becher mit Popcorn abgestellt. Genau wie Doug und Dillon. Sie wirkten wie Miniaturausgaben ihres Vaters. Und alle drei waren so in das Fußballspiel vertieft, dass sie Carrie gerade ein flüchtiges Nicken auf ihren Gruß hin gönnten.
Jason und seine Söhne, das war ein Bild, das Carrie immer wieder von neuem verblüffte und anrührte.
Sie fand ihre Mutter in der Küche beim Kuchenbacken. “Das ist aber eine schöne Überraschung, dass du uns besuchen kommst”, begrüßte Charlotte Manning sie mit einem erfreuten Lächeln.
“Ich brauche deinen mütterlichen Rat”, gestand Carrie. Sie sah keinen Anlass, den Grund ihres unangemeldeten Auftauchens zu bemänteln. Vor einer guten Stunde hatte sie sich von Mackenzie verabschiedet und seitdem an nichts anderes mehr denken können als an Philip, an ihre Unterhaltung und seine Reaktion auf sie.
Er hatte gar nicht schnell genug flüchten können, als sie an seinem Tisch aufgetaucht war.
“Was ist passiert?” Charlotte rührte weiter in ihrer Schokolodencreme und sah ihre Tochter dabei an.
Carrie kletterte auf den gepolsterten Hocker vor der Küchentheke. “Ich habe Angst, dass ich dabei bin, mich zu verlieben.”
“Angst?”
“Ja.” Das war genau das richtige Wort für ihre Gefühle.
“Das hängt nicht zufällig mit deiner kleinen Freundin Mackenzie zusammen?”
“Doch.” Carrie nickte ein wenig verwundert. Sie hatte gar nicht geahnt, dass ihre Mutter von Mackenzie wusste. Aber natürlich hatten ihre beiden kleinen Jungen ihr von ihrer neuen Nachbarin erzählt. “Wie war es, als du Jason kennen gelernt hast?”
Charlotte hielt in ihrer Arbeit inne und lächelte leicht. “Besonders beeindruckt hat er mich nicht. Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich mit diesem Mann überhaupt etwas zu tun haben wollte. Und du hast ständig
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