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Silberhuf

Silberhuf

Titel: Silberhuf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Winnington
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sie die Flasche schon fast auf den Kopf stellen. Als einer von ihnen in die Höhle ging, um Zigaretten zu holen, schwankte er schon ein wenig. Dann zündeten sie sich alle ihre Pfeifen an und fingen bald darauf zu gähnen an und die Köpfe in ihren Händen aufzustützen. Einer nach dem anderen stand auf und verschwand in der Höhle.
    „Wir lassen ihnen eine Stunde Zeit, um fest einzuschlafen“, sagte Vater und blickte auf die Uhr. Es war eine lange Stunde, aber wir taten gut daran zu warten, denn zehn Minuten später, nachdem sie alle nach innen gegangen waren, kam Jaltsolin gähnend wieder heraus. Aber er erledigte nur sein Geschäft und ging wieder zurück. Endlich kletterten wir den Hügel vorsichtig hinunter auf die Höhle zu. Ich wartete etwa dreißigMeter entfernt, und Vater schlich die Felswand entlang. Er spähte in den Eingang, wartete, und dann war er in der Banditenbehausung verschwunden. Eine Sekunde später kam er mit einer schwarzen Decke aus Yakwolle in der Hand wieder zum Vorschein. Er winkte mir zu, und wir entfernten uns ein kleines Stück und hockten uns hinter einen Felsen nieder.

    „Sie schlafen wie Rip Van Winkle“, flüsterte er. „Und das hier brachte mich auf diese Idee“, er schüttelte mit der Decke, „für Seile.“
    Gewebe aus Yakwolle ist ungeheuer stark, es dauerte daher ziemlich lange, um die Decke in Streifen von etwa anderthalb inches zu zerschneiden. Vater machte in zehn der Seile Schlingen.
    „Wir gehen jetzt zusammen hinein“, sagte er, „es kann gefährlich werden, ich hab daher folgende Idee. Du gibst mir Deckung, das ist deine Arbeit. Ich werde als erstes ihre Gewehre einkassieren und sie aus der Höhle herausbefördern. Der nächste Akt ist, ihre Fußgelenke zu fesseln und sie alle aneinanderzuketten, das heißt, wenn möglich.“
    „Nicht ihre Hände?“
    „Zuerst die Füße. Ein Mann mit gefesselten Händen und frei beweglichen Füßen ist immer noch gefährlich, aber einer mit gefesselten Füßen ist praktisch hilflos. Wenn sie keine Gewehre mehr besitzen und mit gefesselten Füßen aufwachen, haben wir gewonnen.“
    Ich nickte. In Wirklichkeit aber hätte ich alles dafür gegeben, aus dieser Sache wieder herauszukommen, jetzt, da es Ernst wurde, da wir uns in die Höhle des Löwen begeben mußten, um mit fünf gefährlichen und kräftigen Männern fertig zu werden. Und was noch schlimmer war, es lag mir auf der Zunge, es zu sagen, aber ich wußte nicht, wie ich’s ihm beibringensollte, und so folgte ich Vater mit vor Aufregung trockenem Mund zur Höhle. Wir schlichen hinein und standen eine Weile still, bis sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
    Es war eine große, niedrige Höhle mit einem ausgetrockneten sandigen Boden, der sich in der Dunkelheit verlief. Ich glaubte weiter hinten im Dunkeln einen Umriß zu erkennen, der Silberhuf glich. Aber es stimmte mich nicht froh, als ich gleichzeitig die Banditen auf dem sandigen Boden verstreut herumliegen sah. Sie schnarchten wie die Abflußrohre, dabei murmelten sie und kauten im Schlaf. Es stank nach ungewaschenen Leuten, Tabakrauch, Schnupftabak, ranziger Butter, uraltem Hammelfett und Alkohol.
    Flehend beobachtete ich meinen Vater, der herumging und alle Waffen, die ihm vor die Augen kamen, einkassierte — wenn ich bloß nicht schießen müßte. Und als er die Pistolentasche des Mönchs aufknöpfte und seine Mauser herauszog, hielt ich den Atem an.
    Er mußte mehrere Male gehen, um zu vermeiden, daß die Gewehre, Pistolen und Schwerter aneinander rasselten. Während er draußen war, hatte er sich die Pistole des Mönchs in seinen Gürtel gesteckt, denn jetzt hatte er die gefährlichste Aufgabe zu meistern. Er mußte sie fesseln. Zuerst kam natürlich der Mönch an die Reihe. Er lag auf dem Rücken, die Beine hatte er gespreizt, und stieß lange Schnarcher aus wie eine Kaffeemaschine. Vater ließ eine große Schlinge zwischen seinem rechten Fußgelenk und dem Sand gleiten und zog sie an, bis sie straff genug war. Mir war schleierhaft, wie er die Gelenke des Mönchs zusammenkriegen wollte.
    Aber er versuchte es erst gar nicht, sondern trat hinter den riesigen Lama und kitzelte eine seiner Hände leicht mit einemSchafwollfaden. Der schlafende Mann schüttelte sein Handgelenk und schaltete seine Schnarcher auf einen anderen Gang. Vater kitzelte weiter. Der Mönch stieß einen langen Seufzer aus, der in Grunzen überging, und drehte sich herum, jetzt lag er auf der Seite, und die Hand- und

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