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Silberhuf

Silberhuf

Titel: Silberhuf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Winnington
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verjagen sollte, aber Angst hatte, es zu tun, weil das Pferd Lärm machen könnte, war Vater wieder an meiner Seite. Das Pferd war dadurch überhaupt nicht verängstigt, sondern trottete ab. Vater legte die Hand auf meinen Arm und schlich mit mir langsam zurück, hinauf auf einen Hügel, etwa hundert Meter von der Höhle entfernt. Dort versuchten wir zu schlafen.

    Es war eine lange Nacht, und wir hatten keine Schlafsäcke; Langsam bildete sich auf unserer Kleidung Rauhreif. Noch nie zuvor hatte ich den Lichtwechsel als Vorboten der Dämmerung so begrüßt wie jetzt. Es kam mir vor wie ein Strafaufschub, als ein rosafarbiger Lichtpfeil den ersten Schneeberg, weit in der Ferne, anzündete.
    Vater lag zusammengerollt wie ein Igel. Er zitterte genauso wie ich, aber er schien zu schlafen.
    Langsam wurde mir wärmer, und wir machten im Schutze des großen Felsbrockens ein paar Turnübungen. Einer der Banditen schlurfte mit einem Kessel in der Hand aus der Höhle heraus und füllte ihn an einem nahen, verwachsenen Bächlein — ein garstiger, dreckiger Bursche mit staubigem Haar. Er trug einen langen Zopf, der in einem roten Band endete, und in einem Ohr einen riesigen Ring. Sein dicker Homespun-Mantel war oben in seinem Gurt festgehakt, und seine Homespun-Kniehosen waren hineingestopft in Kniestiefel aus dem gleichen Material und unterhalb des Knies zusammengebunden.
    Auf jeden Fall war er nicht bewaffnet. Er stellte den Messingkessel auf den Yakdung, zündete ihn mit Streichhölzern an, warf trocknes Gras darauf und entfachte das Feuer in der üblichen Art und Weise mit einem Blasebalg aus Schaffell. Sobald es brannte, kramte er aus seinem Gewand ein Stückchen Teeziegel heraus und warf es in den Topf.
    Jetzt kam die entscheidende Frage, würde er den Teetopf ausspülen oder nicht? Sämtliche Tabletten, die wir besaßen, waren in dem Topf, und wir wären aufgeschmissen, wenn sie dabei alle flötengingen.
    „Diese Burschen waschen praktisch nie was“, sagte Vater und spähte bange über den Felsvorsprung. „Drück die Daumen. Aber Gott sei Dank wird man hier nicht gerade zum Waschen animiert, und viele Möglichkeiten gibt’s in dieser Höhe auch nicht.“
    Der Kerl saß da, beobachtete den Kessel und rauchte. An der Art, wie er seine Stirn stützte, konnte man sehen, daß er an den Folgen des letzten Nachtgelages litt. Das Wasser im Kessel kochte, und er warf ein Stück Butter aus einer Blase hinein.
    Dann ging er auf das Faß zu, änderte plötzlich sein Vorhaben, ging zurück, um den Kessel zu holen, und goß den Tee in das Faß, ohne auch nur einen Blick in sein Inneres zu werfen. Er pumpte ungefähr eine Minute, setzte das Faß wieder hin und ging in die Höhle. Als er rauskam, nahm er das Faß wieder hoch, stampfte abermals und goß den Inhalt zurück in den Kessel, um ihn auf dem Feuer warm zu halten.
    „Vollbracht“, hauchte Vater leise in mein Ohr.
    Die anderen Banditen traten sich rekelnd, blinzelnd und gähnend heraus in den Sonnenschein, einer nach dem anderen. Es waren tatsächlich jene Banditen, die ich schon einmal gesehen hatte, ein feiner Haufen von Totschlägern. Und es bestand kein Zweifel darüber, wer ihr Anführer war.
    Sie machten alle für den rot eingehüllten Mönch Jaltsolin mit seinem Igelkopf Platz. Einer von ihnen trug einen Ledersack mit Tsamba — der Hauptnahrung im ganzen Himalaja-Gebiet. Diese Art Speise muß sich durchgesetzt haben, weil es so schwer ist, da oben Nahrungsmittel zu kochen. Daher rösten siedie Gerste in einem Topf, bis sie knusprig ist, und mahlen die Körner, die danach nicht mehr gekocht zu werden brauchen, zu Mehl. Und das Gericht ist fix und fertig zum Essen.
    Sie ließen sich alle fünf nieder und griffen in ihr Gewand, in dem sie ihre Eßschüsseln verbargen. Der Mann, der den Tee zubereitet hatte, schenkte ein, dem Mönch zuerst, jeder griff nach einer Handvoll Tsamba, tat es oben auf den Tee und formte den Brei nach und nach zu Kugeln, die sie dann sehr langsam zerkauten. Tsamba zu essen ist eine langwierige Angelegenheit und macht durstig. Einer von ihnen ging daher zurück in die Höhle und kam mit einem Tonkrug heraus, den sie herumreichten und aus dem sie ab und zu einen tüchtigen Schluck taten, während sie aßen.
    Sie hatten einen mächtigen Zug am Leibe.
    „Das heißt den Teufel mit dem Beelzebub austreiben“, sagte Vater frohlockend, „das wird dem Mickey-Finn-Cocktail Beine machen.“
    Als sie aufgegessen und ihren Tee getrunken hatten, mußten

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