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Silberlicht

Silberlicht

Titel: Silberlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Whitcomb
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mir zusammen mit einem Mädchen vorzustellen, dem er dieselben Laute entlockte wie die, die aus dem Küchenfenster drangen. Eine schreckliche, siedend heiße Welle der Eifersucht überflutete mich, und sofort bereute ich meine Gedanken.
     
    Ich brannte vor Frustration und Wut, als Mr. Brown uns zur Schule fuhr. Wir würden nur noch eine halbe Stunde zum Schreiben haben. Er strahlte und war entspannt, immer noch nass von einer raschen Dusche. Seine Freude war so irritierend. An diesem Morgen wünschte ich mir, dass Mrs. Brown weit weg wäre, zu Besuch bei ihrer Familie, wo auch immer, Hauptsache weg, nur für eine Weile. Ich konnte immer noch ihre Laute der Verzückung hören. Doch vielleicht waren es auch nur Mr. Browns wandernde Gedanken, während er fuhr, einen Ellbogen aus dem Fenster gelehnt, das Haar vom Wind zerzaust.
    Dann besann ich mich. Ich musste mit dem Jungen reden, auch wenn mich das, was ich herausfinden würde, erschrecken könnte. Doch nichts war schlimmer, als sich hinter Unwissenheit zu verstecken.
    An diesem Nachmittag blieb ich im Klassenzimmer, allerdings hinter der Flagge, weil es sich sicherer anfühlte. Mr. Brown schrieb eine Reihe von Seitenzahlen an die Tafel, und schließlich betraten die Jungen und Mädchen den Raum. Ich erbebte. Bei jedem zerrauften Schopf, der durch die Tür kam, wünschte ich mir, es wäre der seine. Nach und nach strömte sicher ein Dutzend Jungen ins Klassenzimmer, doch er war nicht dabei.
    Ich war außer mir. Die Klingel ertönte, die Schüler flüsterten und lachten und zogen Bücher aus ihren Taschen, Mr. Brown begann mit dem Unterricht, und immer noch war der, der mich gesehen hatte, nicht hier. Ich sah zu seinem Tisch, am hinteren Ende des Raumes, stellte ihn mir vor, doch er erschien nicht. Ich ging an Mr. Brown vorbei und stellte mich in die offene Tür, sah den Weg in beide Richtungen hinunter: Nur ein Eichhörnchen und ein Gärtner mit einer Harke. Das würde ich nicht hinnehmen. Ich ging wieder an Mr. Brown vorbei, dieses Mal zu den Fenstern auf der anderen Seite des Klassenzimmers. Von dort sah man auf die Sportplätze hinaus. Eine Gruppe Jungen in grauer Kleidung rannte über das Gras, doch der, der zu mir gesprochen hatte, war nicht darunter. Ich sah über den Platz zu dem Bürgersteig, der hinter dem Zaun verlief, doch auch dort war er nicht. Er saß weder auf einer der Bänke, noch stand er beim Brunnen. Das tut er mit Absicht, dachte ich. Er bestraft mich, weil ich weggeblieben bin.
    Ich konnte nicht stillstehen. Wieder glitt ich durch den Raum und sah noch einmal durch die offene Tür. Nur der Schatten eines Vogels huschte vorbei. Ich stand am gläsernen Abgrund der Panik, als ich mich zum Klassenzimmer umdrehte und ihn, den einen, plötzlich neben seinem leeren Tisch stehen sah. Er beobachtete mich. Als sich unsere Augen trafen, hatte ich keinen Fächer, um mein Gesicht zu verdecken, keine Möglichkeit, meine Gefühle zu verbergen. Ich sehnte mich nach ihm, und er konnte es sehen, konnte bis in mein Innerstes hineinblicken.
    »Sie sind spät dran, Mr. Blake«, sagte Mr. Brown. »Setzen Sie sich.«
    Er musste den Raum betreten haben, während ich am Fenster gestanden hatte. Ich wäre vor Scham im Boden versunken, wenn er nicht ebenso überrascht ausgesehen hätte. Wahrscheinlich, weil ich so offenkundig nach ihm gesucht hatte. Er setzte sich mit geröteten Wangen an sein Pult und stellte seine Büchertasche auf den Boden daneben. Ich wandte den Blick ab, ging langsam zum Flaggenständer zurück und versuchte, mich zu beruhigen. Wenig später merkte ich, dass er ein aufgeschlagenes Buch vor sich hatte, auf dem ein liniertes Blatt Papier lag. Er beobachtete mich, nicht unfreundlich, sondern mit einem sanften Ausdruck in den Augen. Als mir die Länge unseres Blickwechsels Unbehagen bereitete, zog er seine Aufmerksamkeit mit einem kleinen Nicken, fast schon einer Verbeugung, zurück. Ich fasste Mut und schwebte entlang der Fensterreihe langsam auf ihn zu, bis ich mich an dem freien Tisch neben ihm niederließ.
    Mit einem Bleistiftstummel schrieb er etwas auf das Blatt Papier, das auf seinem Buch lag, und schob es näher zu mir her. Ich blickte über den schmalen Gang hinweg und las, was er geschrieben hatte: »Wo warst du?«
    Obwohl er sich ungehörig verhielt, war ich erfreut. Und, ich gebe es zu, ein wenig geschmeichelt. Obgleich es mich nervös machte, dass hier nun etwas Greifbares lag, das auf meine Existenz in der Welt der Lebenden

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