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Silbermantel

Titel: Silbermantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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gewesen.
    »Er hat es geschafft«, flüsterte Loren Silbermantel mit einer Stimme, die gedämpft und heiser klang vor Ehrfurcht. Kevin bemerkte einigermaßen überrascht, dass der Magier ebenfalls weinte. »Oh, welche Erleuchtung«, sagte Loren. »Oh, welcher Mut.«
    O Paul.
    Doch es war noch nicht zu Ende. »Seht«, rief Matt Sören. Und als sie sich dahin umdrehten, wohin der Zwerg zeigte, sah Kevin, dass der Stein an Kims Ring, immer wenn der rote Mond, den es eigentlich nie hätte geben dürfen, durch die treibenden Wolken schien, plötzlich wie zur Antwort aufleuchtete. Er brannte an Kims Finger wie mitgeführte Glut, in der Farbe des Mondes.
    »Was bedeutet das?« fragte Aileron. Kim, die unbewußt die Hand erhoben hatte, damit Licht zu Licht sprechen konnte, stellte fest, dass sie es gleichzeitig wusste und nicht wusste. Der Baelrath war wild, ungezügelt, das gleiche galt für den Mond.
    »Der Stein wird aufgeladen«, erklärte sie ihnen ruhig. »Dort droben leuchtet der Kriegsmond. Dies aber ist der Kriegsstein.« Die anderen hörten ihr schweigend zu. Und plötzlich kam ihr die eigene feierliche Stimme, ihre ganze Rolle, so schwer vor; Kim begann beinahe verzweifelt in ihrer Vergangenheit zu suchen, nach einer Spur jener Leichtigkeit, die ihr einst zu Eigen gewesen war.
    »Ich denke«, versuchte sie anzuregen, in der Hoffnung, dass zumindest Kevin es verstehen und darauf eingehen würde, ihr, bitte, helfen würde, sich zu erinnern, wer sie war: »Ich denke, wir sollten uns etwas einfallen lassen.«
    Kevin, der mit sich selbst zu beschäftigt war, überhörte es vollständig. Er registrierte lediglich, dass Kim im Zusammenhang mit diesem neuen Prinzen von Brennin das Wort »wir« gebrauchte.
    Als er sie anblickte, glaubte er, eine Fremde vor sich zu haben.
    Auf dem Innenhof hinter dem Heiligtum reckte Jaelle, die Hohepriesterin, ihr Gesicht gen Himmel und stimmte ein Loblied an. Und mit den Lehren von Gwen Ystrat im Herzen sah sie den Mond an und verstand besser als irgendein anderer westlich des Leinansees, was er zu bedeuten hatte. Sie verbrachte einige Zeit in bedachtsamer Überlegung, dann rief sie sechs ihrer Frauen zu sich und führte sie heimlich aus Paras Derval hinaus, im Regen nach Westen.
     
    Auch in Cathal hatte man am Morgen das Feuer des Berges gesehen, und vor dem Gelächter, das mit dem Wind kam, gezittert. Nun schien der rote Mond auch über Larai Rigal. Macht gegen Macht. Ein Fehdehandschuh, der in den Himmel geworfen wurde, und die Antwort darauf am Himmel. Das war für Shalhassan verständlich. Er berief mitten in der Nacht eine Ratssitzung ein und befahl den sofortigen Aufbruch einer Gruppe von Abgesandten nach Cynan und dann nach Brennin. Nein, nicht morgen früh, beantwortete er barsch eine unbesonnene Frage. Jetzt gleich. Man schlief nicht, wenn der Krieg seinen Anfang nahm, oder man schlief für immer, wenn der Krieg vorbei war.
    Eine gelungene Redewendung, dachte er, während er die anderen fortschickte. Er vermerkte in Gedanken, sie Raziel aufschreiben zu lassen, wenn die Zeit es erlaubte. Dann ging er zu Bett.
     
    Über Eridu stieg der rote Mond auf, und über der Ebene, und warf sein Licht auf Daniloth. Und die Lios Alfar besaßen als einziges Wächtervolk überliefertes Wissen, das weit genug zurückreichte, um mit Sicherheit behaupten zu können, dass so ein Mond noch nie geschienen hatte.
    Dies war die Antwort auf Rakoths Erscheinen, darin waren die Ältesten sich einig, die sich auf dem Erdwall in Atronel vor Ra-Tenniel versammelt hatten, die Antwort gerichtet an den, welchen die jüngeren Götter Sathain den Verhüllten genannt hatten, vor langer, langer Zeit. Obendrein gehe es um eine Fürbitte, fügte der Weiseste unter ihnen hinzu, doch wofür und zu welchem Zweck, das konnten sie nicht sagen.
    Und konnten nicht sagen, worin die dritte Kraft des Mondes bestand, obwohl alle Lios wussten, dass es noch eine dritte gab.
    Die Göttin bediente sich der magischen Zahl Drei.
     
    Da war noch eine andere Lichtung, in einem anderen Wald. Eine Lichtung, die zu betreten seit Amairgens Tod nur ein Mann gewagt hatte.
    Die Lichtung war klein, die umstehenden Bäume uralt, unglaublich hoch. Der Mond stand beinahe senkrecht darüber, ehe er Pendarans geheiligte Lichtung erleuchten konnte.
    Als es soweit war, geschah es. Zunächst ein flackerndes Licht, ein Schimmer, und dann ein nachfolgender Laut, geisterhaft wie eine Flöte im Laub. Von jener Melodie schien selbst die Luft zu

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