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Silbermantel

Titel: Silbermantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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töten?«
    Dave atmete keuchend aus. Er war nicht sonderlich geschickt vorgegangen, wie es schien. Gott, gewiss war er kein Diplomat. Warum war Kevin Laine nicht von den anderen getrennt worden? Dave zog in Betracht, sein Gegenüber einfach anzugreifen, aber er wurde das Gefühl nicht los, dass dieser hagere Mensch extrem gut mit seiner Klinge umzugehen wusste.
    Plötzlich hatte er eine Eingebung. »Weil«, riskierte er, »das Loren gar nicht gefallen würde. Ich bin sein Freund; er wird nach mir suchen.« Sie sind allzu schnell damit bei der Hand, sich von Freundschaften loszusagen, hatte ihm der Magier gestern Abend vorgeworfen. Nicht immer, dachte Dave, nicht heute Abend, mein Junge.
    Außerdem schien das zu funktionieren. Martyniuk ließ langsam die Hände sinken. »Ich bin unbewaffnet«, sagte er. »Ich habe mich verirrt. Wären Sie bitte so gut, mir zu helfen?«
    Endlich steckte der andere Mann seine Klinge zurück in die Scheide. »Ich bringe Euch zu Ivor«, entschied er, »und Gereint. Sie kennen beide Silbermantel. Wir werden morgen früh ins Lager reiten.«
    »Warum nicht gleich?«
    »Weil ich«, entgegnete der andere, »hier einen Auftrag zu erledigen habe, und dabei werdet Ihr mir jetzt wohl Gesellschaft leisten müssen.«
    »Inwiefern? Wobei?« »Dort in jenem Hain verbringen zwei Kleinkinder ihre Fastenzeit und warten auf ihre Tiere. Wir müssen sie beschützen, darauf achten, dass sie sich nicht verletzen und so weiter.« Er hielt seine blutende Hand hoch. »Wie es mir passiert ist, als ich darauf verzichtet habe, Euch zu töten. Ihr befindet Euch bei den Dalrei. Ivors Stamm, der dritte. Und es ist Euer Glück, dass er ein eigensinniger Mann ist, sonst hättet Ihr hier nichts vorgefunden als Eltor und Svart Alfar, und der eine würde fliehen und der andere töten. Mein Name«, stellte er sich vor, »ist Torc. Nun kommt.«
     
    Mit den Kindern, wie Torc die beiden Dreizehnjährigen auch weiterhin bezeichnete, schien alles in Ordnung zu sein. Wenn sie Glück hatten, erläuterte Torc, würden sie noch vor Morgengrauen ein Tier zu Gesicht bekommen. Wenn nicht, würde die Fastenzeit weitergehen, und er würde noch eine Nacht Wache halten müssen. Sie saßen an einen Baum gelehnt auf einer kleinen Lichtung auf halbem Wege zwischen den beiden Knaben. Tores Pferd, ein zierlicher, dunkelgrauer Hengst, graste ganz in ihrer Nähe.
    »Wonach halten wir eigentlich Ausschau?« fragte Dave ein wenig besorgt. Nächtliche Wälder waren für ihn nicht die gewohnte Umgebung.
    »Wie ich schon sagte: Es gibt hier in der Gegend Svart Alfar. Die Nachricht von ihrer Gegenwart hat sämtliche anderen Stämme nach Süden getrieben.«
    »In unserer Welt war auch ein Svart Alfar«, erzählte Dave unaufgefordert. »Er war Loren gefolgt. Matt Sören hat ihn getötet. Loren meinte, sie seien nicht gefährlich, und es gebe auch nicht viele von ihnen.«
    Torc hob die Augenbrauen. »Es gibt mehr als früher«, belehrte er ihn, »und obwohl sie einem Magier nicht gefährlich werden dürften, wurden sie doch gezüchtet, um zu töten, und sie tun das sehr geschickt.«
    Dave lief plötzlich ein unangehmer kalter Schauer über den Rücken. Torc sprach beunruhigend häufig vom Töten.
    »Die Svarts allein wären genug Grund zur Besorgnis«, fuhr Torc fort, »aber kurz bevor ich Euch sah, hatte ich die Spur eines Urgach entdeckt – ich habe Euch mit ihm verwechselt dort hinten. Ich hatte vor, ihn zuerst zu töten und dann Nachforschungen anzustellen. Solche Kreaturen hat man seit Hunderten von Jahren nicht mehr zu Gesicht bekommen. Es ist ein schlimmes Zeichen, dass sie wieder aufgetaucht sind; ich weiß nicht, was das bedeutet.«
    »Was sind das für Wesen?«
    Torc machte eine seltsame Handbewegung und schüttelte den Kopf. »Nicht nachts«, sagte er. »Wir sollten hier draußen nicht über sie sprechen.« Er wiederholte die Geste.
    Dave lehnte sich wieder gegen den Baumstamm. Es war spät, wahrscheinlich hätte er versuchen müssen, zu schlafen, aber er war zu aufgeregt. Torc schien nicht mehr in Stimmung, sich zu unterhalten; ihm war das nur recht.
    Insgesamt sah die Sache gut aus. Hätte viel schlimmer kommen können. Er schien unter Leuten gelandet zu sein, die den Magier kannten. Die anderen konnten nicht allzu weit weg sein; vermutlich würde alles gut gehen, falls er nicht in diesem Wald noch gefressen wurde. Andererseits wusste Torc offenbar genau, was er tat. Mitmachen, dachte er.
    Nach etwa einer Dreiviertelstunde erhob sich Torc,

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