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Silbermantel

Titel: Silbermantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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erkennen konnte, ihr irgendwelche Sicherheit gab. Sie schüttelte den Kopf und lächelte über sich selbst, denn Sinn für Ironie besaß sie wohl.
    Paul Schafer beantwortete soeben die Frage des Magiers. »Mir scheint«, vermutete er leise – sie sprachen alle nicht laut -»dass wir, da Sie uns hierhergebracht haben, bereits zu Ihrer Gruppe zählen, oder jedenfalls wird man uns als dazugehörig ansehen. Ich werde den Mund halten.«
    Kevin nickte dazu, ebenso Kim. Jennifer wandte sich vom Fenster ab. »Ich werde nichts verraten«, versprach sie. »Aber bitte finden Sie Dave bald, weil ich sonst wirklich Angst bekomme.«
    »Besuch!« knurrte Matt von der Tür her. »Ailell? Schon? Das kann nicht sein«, war sich Loren sicher. Matt horchte einen Augenblick. »Nein … nicht der König. Ich glaube …« Und sein dunkles, bärtiges Gesicht verzog sich zu seiner ureigenen Version des Lächelns. »Höre selbst«, sagte der Zwerg.
    Im nächsten Moment vernahm es auch Kevin: den unsicheren Gesang eines Mannes, der den Flur entlang in ihre Richtung kam, eines Mannes, der ziemlich betrunken war.
     
    Die in jener Nacht mit Revor ritten
    Haben ewig gültige Taten bestritten …
    Der Weber aus besserem Tuche schnitt
    Die mutigen Männer vom Daniloth-Ritt!
     
    »Du fetter Tölpel!« ertönte eine andere Stimme bissig, wenn auch etwas weniger grölend. »Halt’s Maul, Tegid, sonst wird er noch enterbt, weil er dich hier hereingelassen hat.« Dann war das hämische Lachen eines Dritten zu hören, während die Schritte sich unstet den Flur entlang näherten.
    »Der Gesang«, meinte der Troubadour beleidigt, »ist das Geschenk der unsterblichen Götter an die Menschheit.«
    »Nicht so, wie du singst«, fauchte sein Kritiker. Loren unterdrückte ein Lächeln, bemerkte Kim. Kevin prustete vor Lachen.
    »Du Lümmel«, entgegnete der, den sie Tegid nannten, in unverminderter Lautstärke. »Du verrätst deine Unwissenheit. Niemand, der dabei war, wird meinen Gesang in jener Nacht im Großen Saal von Seresh vergessen. Ich hatte sie soweit, dass die Tränen flossen. Ich hatte –«
    »Ich war dabei, du Hanswurst! Ich saß neben dir. Und mein grünes Wams hat heute noch Flecken von den Früchten, die sie nach dir geworfen haben.«
    »Memmen! Was kann man in Seresh schon anderes erwarten? Aber die anschließende Schlacht, der mutige Kampf dort in jenem Saal! Obwohl ich verwundet war, führte ich unsere –«
    »Verwundet?« In der Stimme des anderen fochten Erheiterung und Ärger um die Oberhand. »Eine Tomate ins Auge kann man wohl kaum –«
    »Das genügt, Coll.« Zum ersten Mal sprach der dritte Mann. Und drinnen im Zimmer wechselten Loren und Matt einen Blick. »Direkt vor uns steht ein Wachtposten«, fuhr die lässige, befehlsgewohnte Stimme fort. »Ich kümmere mich um den Mann. Warte eine Minute, wenn ich hineingegangen bin, dann schaffst du Tegid in das letzte Zimmer links. Und halte ihn ruhig, oder ich werde, beim rinnenden Blute Eisens, tatsächlich enterbt.«
    Matt trat behände auf den Flur hinaus. »Guten Abend, Prinz.«
    Er hob den Dolch zum Gruß. Die bläulich geäderte Klinge blitzte. »Es ist keine Wache mehr da. Der Soldat ist fortgegangen, Euren Vater herzubitten – Silbermantel ist soeben mit vier Menschen zurückgekehrt, die den Übergang vollzogen haben. Ihr solltet Tegid möglichst schnell an einen sicheren Ort bringen.«
    »Sören? Willkommen daheim«, begrüßte ihn der Prinz und trat vor. »Coll, bring ihn rasch fort.«
    »Rasch?« protestierte Tegid. »Der große Tegid bewegt sich so schnell, wie es ihm passt. Er lässt sich nicht dazu herab, vor Günstlingen und Vasallen zu kuschen. Er tritt ihnen mit der nackten Klinge aus Rhoden-Stahl entgegen, gerüstet mit der gewaltigen Waffe seines Zorns. Er –«
    »Tegid«, sagte der Prinz außerordentlich sanft, »beweg dich augenblicklich, und zwar hurtig, sonst lasse ich dich durch ein Fenster stopfen und in den Hof hinunterwerfen. Mit Gewalt.«
    Nun trat Stille ein. »Ja, Edler Herr«, lautete schließlich die geradezu lammfromme Antwort. Als sie an der Tür vorbeikamen, erhaschte Kim einen Blick auf einen unglaublich dicken Mann und einen zweiten neben ihm, athletisch gebaut, aber schmal im Vergleich zu dem anderen, da erschien auch schon eine dritte Gestalt im Eingang, vom Licht einer Wandfackel im Flur mit einer Aura umgeben. Diarmuid, konnte sie sich gerade noch erinnern. Diarmuid, so nennen sie ihn. Den jüngeren Sohn.
    Dann ertappte sie sich dabei, dass sie

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