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Silbermantel

Titel: Silbermantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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der Berg, den du gesehen hast.«
    Kim nickte; zögerte. »Jemand … Böses?« Das Wort klang ungewohnt aus ihrem Mund.
    Die zwei hätten ebenso allein im Raum sein können. »Ja«, erwiderte der Magier.
    »Vor eintausend Jahren?«
    Wieder nickte er. In diesem Moment der Irreführung, der Täuschung, in dem alles in Gefahr war auseinanderzubrechen, war sein Blick ruhiger und gütiger als je zuvor.
    Mit einer Hand zupfte Kim an einer Strähne ihres braunen Haares. Sie holte tief Atem. »Also gut«, sagte sie. »Also gut. Wie kann ich beim Übergang helfen?«
    Dave kämpfte noch damit, das alles zu verarbeiten, als die Ereignisse sich zu überstürzen begannen. Er fand sich als Teil eines Kreises wieder, der sich um Kim und den Magier herum bildete. Er ergriff die Hände von Jennifer und Matt, die sich zu beiden Seiten neben ihm befanden. Der Zwerg machte den Eindruck, als konzentriere er sich mit aller Kraft; er stand breitbeinig und steif da. Dann stieß Loren Worte hervor in einer Sprache, die Dave nicht verstand, wobei seine Stimme zunehmend an Kraft und Resonanz gewann.
    Und wurde von Paul Schafer unterbrochen. »Loren – ist das Wesen unter diesem Berg tot?«
    Der Magier richtete den Blick auf die schmale Gestalt, von der die Frage kam, die er fürchtete. »Auch du?« flüsterte er. Dann antwortete er: »Nein« und sprach die Wahrheit aus. »Nein, das ist sie nicht.« Und fuhr fort, in seiner fremden Sprache zu sprechen.
    Dave rang mit seiner Weigerung, Angst zu zeigen, was ein wesentlicher Grund für sein Kommen gewesen war, und mit der unverkennbaren Panik, die in ihm aufzusteigen begann. Paul hatte auf Lorens Antwort hin nur einmal genickt, aber das war auch alles. Die Worte des Magiers waren zu einem komplizierten, anschwellenden Sprechgesang geworden. Eine Aura der Energie begann, sichtbar im Raum zu schimmern. Ein tiefer, summender Ton setzte ein.
    »Nein!« brach es aus Dave hervor. »Ich brauche die Zusicherung, dass ich auch wieder zurückkomme!« Er erhielt keine Antwort. Matt Sören hatte inzwischen die Augen geschlossen. Er hielt Daves Handgelenk fest.
    Das Schimmern in der Luft verstärkte sich, dann wurde das Summen lauter.
    »Nein!« rief Dave noch einmal. »Nein! Ich brauche erst die Zusicherung.« Und mit diesen Worten riss er sich mit aller Kraft von Jennifer und dem Zwerg los.
    Kimberly Ford schrie auf.
    Und in eben diesem Moment begann ihre gesamte Umgebung zu verschwinden. Kevin sah in ungläubiger Erstarrung, wie Kim jetzt hastig die Hand ausstreckte, um Daves Arm zu ergreifen und Jennifers freie Hand zu fassen, während er gleichzeitig den Schrei hörte, der sich ihrer Kehle entrang.
    Dann senkten sich die Kälte des Übergangs und die Finsternis des Raums zwischen den Welten herab, und Kevin konnte nichts mehr sehen. In seinem Kopf meinte er jedoch, ob nur einen Augenblick oder eine Ewigkeit lang, höhnisches Gelächter zu vernehmen. Er hatte einen Nachgeschmack im Mund wie von bitterem Kummer. Dave, dachte er, oh. Martyniuk, was hast du da getan?



 
Kapitel 4
     
    Es war Nacht, als sie drüben ankamen, in einem kleinen, schwach erleuchteten Raum, der sich irgendwo hoch oben befand. Es gab darin zwei Stühle, Bänke und eine kalte Feuerstelle. Ein Teppich mit verschlungenem Muster auf dem Steinboden. Eine der Wände bedeckte ein Gobelin, doch es gab hier trotz der flackernden Fackeln zu tiefe Schatten, als dass sie sein Muster hätten erkennen können. Die Fenster standen offen.
    »So, Silbermantel, du bist also zurück«, stellte eine schrille Stimme von der Tür her fest, ohne Wärme. Kevin blickte rasch hinüber und sah dort einen bärtigen Mann, der sich lässig auf einen Speer stützte.
    Loren ignorierte ihn. »Matt?« fragte er scharf. »Geht es dir gut?« Der Zwerg, der von dem Übergang sichtlich mitgenommen war, brachte ein kurzes Nicken zustande. Er hatte sich in einen der schweren Stühle fallen lassen, und auf seiner Stirn standen Schweißtropfen. Kevin sah sich nach den anderen um. Sie schienen alle in Ordnung zu sein, ein wenig verwirrt, aber in Ordnung, außer bis auf die Tatsache, dass Dave Martyniuk nicht da war.
    »Mein Gott!« setzte er an, »Loren –«
    Und wurde mitten im Satz von einem eindringlichen Blick des Magiers unterbrochen. Paul Schafer, der neben Kevin stand, bemerkte ihn ebenfalls, und Kevin sah, wie er sich unauffällig zu den beiden Frauen hinüber begab. Schafer sprach leise mit ihnen, dann nickte er Loren einmal kurz zu.
    Woraufhin der Magier sich

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