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Silbermantel

Titel: Silbermantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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unerwartet ermutigendes Lächeln. Und ihn begreife ich auch nicht, dachte sie verzweifelt.
    Inzwischen war Diarmuid wieder aufgestanden, offenbar unfähig, sich über längere Zeit still zu verhalten. »Du weißt«, wandte er sich an Loren, »dass sich der König heute Abend nicht hier einfinden wird. Hast du –«
    »Er muss! Ich werde nicht zulassen, dass Gorlaes –« »Da kommt jemand«, unterbrach ihn Paul scharf. Er hatte sich unauffällig auf Matts Position an der Tür begeben. »Fünf Männer, davon drei mit Schwertern.«
    »Diarmuid –«
    »Ich weiß. Ihr habt mich nicht gesehen. Ich bleibe in der Nähe«, und damit sprang der Thronerbe Brennins mit raschelnden Gewändern und im Mondlicht glänzendem Blondhaar aus dem Fenster, indem er beinahe träge die Hand nach einem Halt an der Außenmauer ausstreckte. Mein Gott, dachte Kevin.
    Zu mehr kam er nicht. In der Tür erschien Vart, der mürrische Wachsoldat. Als er bemerkte, dass Matt nirgends zu sehen war, flackerte ein dünnes Lächeln über sein Gesicht.
    »Seine Exzellenz, der Kanzler«, verkündete Vart.
    Kevin war nicht sicher, was er erwartet hatte, aber jedenfalls nicht das, was er zu sehen bekam. Gorlaes, der Kanzler, war ein hochgewachsener, breitschultriger Mann mittleren Alters mit einem braunen Bart. Als er ins Zimmer rauschte, entblößte ein huldvolles Lächeln seine Goldzähne. »Willkommen daheim, Silbermantel! Und fürwahr gut gewebt. Du bist gerade zur rechten Zeit zurückgekehrt – wie immer.« Worauf er lachte. Loren, bemerkte Kevin, lachte nicht.
    Der andere Mann, der den Raum an der Seite eines bewaffneten Begleiters betrat, war gebeugt und von hohem Alter. Der König? fragte sich Kevin, einen Moment lang irritiert. Doch der war es nicht.
    »Guten Abend, Metran«, grüßte Loren ehrerbietig diesen weißhaarigen Neuankömmling. »Geht es Euch gut?«
    »Gut, sehr gut, sehr gut«, schnaufte Metran. Er hüstelte. »Hier drinnen ist nicht genug Licht. Ich möchte etwas sehen können«, bemerkte er vorwurfsvoll. Ein zittriger Arm hob sich, und plötzlich flammten die sechs Wandfackeln auf und erleuchteten die gesamte Kammer. Warum, dachte Kim, konnte Loren das nicht auch?
    »Schon besser, viel besser«, fuhr Metran fort und schleppte sich zu einem der Stühle, um sich darauf niederzulassen. Sein Begleiter hielt sich in seiner Nähe. Der andere Soldat, bemerkte Kim, hatte sich zusammen mit Vart an der Tür aufgebaut. Paul war zu Jennifer ans Fenster getreten.
    »Wo«, fragte Loren, »ist der König? Ich habe Vart geschickt, ihn davon zu unterrichten, dass ich angekommen bin.«
    »Und dahingehend ist er auch unterrichtet worden«, antwortete Gorlaes glatt. Vart, der in der Tür stand, kicherte. »Ailell hat mir aufgetragen, Euch seine Grüße zu übermitteln, ebenso Euren« – er hielt inne und blickte in die Runde – »vier Begleitern.«
    »Vier? Nur vier?« unterbrach Metran, kaum zu verstehen, so sehr musste er husten.
    Gorlaes schenkte ihm nur den flüchtigsten aller Blicke und fuhr dann fort. »Jetzt zu Euren vier Begleitern. Ich bin darum gebeten worden, sie in meiner Funktion als Kanzler für die Nacht unterzubringen. Der König hat einen anstrengenden Tag gehabt und würde es vorziehen, sie am Morgen in aller Form zu begrüßen. Es ist schon sehr spät. Ich bin sicher, Ihr werdet dafür Verständnis haben.« Sein Lächeln war freundlich, sogar bescheiden. »Wenn Ihr jetzt die Güte haben würdet, mir unsere Besucher vorzustellen, könnte ich meinen Männern Anweisung geben, sie zu ihren Gemächern zu begleiten … und Ihr, mein Freund, dürft Euch zur hochverdienten Ruhe begeben.«
    »Ich danke Euch, Gorlaes.« Loren lächelte, doch seine Stimme hatte die Schärfe einer geschliffenen Klinge. »Aber unter den gegebenen Umständen fühle ich mich für das Wohlbefinden derer, die mit mir den Übergang vollzogen haben, verantwortlich. Ich werde für ihr Wohlergehen Sorge tragen, bis der König uns empfangen hat.«
    »Wollt Ihr damit andeuten, Silbermantel, dass dies für sie so besser sichergestellt werden kann als vom Kanzler des Reiches?« Da ist sie, dachte Kevin, und unwillkürlich verspannten sich seine Muskeln: die gleiche Schärfe. Obwohl keiner der beiden Männer sich bewegt hatte, war ihm, als seien in dem von Fackeln erleuchteten Raum zwei Schwerter gezückt worden.
    »Keineswegs, Gorlaes«, entgegnete der Magier. »Es geht lediglich um meine Ehre.«
    »Ihr seid müde, mein Freund. Überlasst diese lästige Angelegenheit

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