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Silbermantel

Titel: Silbermantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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Fionavar – aber ich weiß nicht, wo. Er muss gefunden werden, und es wäre mir sehr lieb, wenn Gorlaes nicht von ihm erführe.«
    »Selbstverständlich. Woher weißt du, dass er hier ist?« »Kimberly war unsere Klammer. Sie sagt, sie habe ihn festgehalten.«
    Diarmuid drehte sich um und bedachte Kim mit einem abschätzigen Blick. Sie warf das Haar zurück, und während sie ihm standhielt, war der Ausdruck ihrer Augen mehr als nur ein wenig ablehnend. Ohne darauf zu reagieren, wandte der Prinz sich ab, trat ans Fenster und schaute schweigend hinaus. Der abnehmende Mond war aufgegangen – außergewöhnlich groß, doch das fiel Jennifer, die ebenfalls hinausblickte, nicht auf.
    »Es hat übrigens nicht geregnet, während du fort warst«, bemerkte Diarmuid beiläufig. »Wir haben noch einiges zu besprechen. Matt«, fuhr er knapp fort, »Coll befindet sich im letzten Zimmer zur Linken. Vergewissere dich, dass Tegid schläft, dann weihe ihn ein. Beschreibe ihm den fünften Mann. Und sage Coll, dass ich später noch mit ihm sprechen werde.« Wortlos glitt Matt aus dem Zimmer.
    »Überhaupt kein Regen?« fragte Loren leise. »Keiner.«
    »Und die Ernte?« Diarmuid hob eine Augenbraue und machte sich nicht die Mühe, darauf zu antworten. Lorens Gesicht war von Erschöpfung und Sorge gezeichnet. »Und der König?« erkundigte er sich, beinahe widerstrebend.
    Diesmal zögerte Diarmuid, ehe er antwortete. »Es geht ihm nicht gut. Gelegentlich ist er sehr zerstreut. Gestern Abend während des Mahls im Großen Thronsaal hat er augenscheinlich eine Unterhaltung mit meiner Mutter geführt. Beeindruckend, meinst du nicht auch, fünf Jahre nach ihrem Tod?«
    Loren schüttelte den Kopf. »Das tut er seit einiger Zeit, wenn auch bisher nicht in aller Öffentlichkeit. Hört man … hört man irgendetwas von Eurem Bruder?«
    »Nichts.« Diesmal kam die Antwort sehr rasch. Darauf folgte unbehagliches Schweigen. Sein Name darf nicht ausgesprochen werden, erinnerte sich Kevin, und beim Anblick des Prinzen machte er sich seine Gedanken.
    »Es hat eine Zusammenkunft stattgefunden«, sagte Diarmuid. »Vor sieben Nächten, bei Vollmond. Im geheimen. Sie haben die Göttin in der Gestalt der Dana gerufen, und es wurde Blut vergossen.«
    »Nein!« Der Magier machte eine heftige Handbewegung. »Das geht zu weit. Wer hat sie einberufen?«
    Diarmuids voller Mund verzog sich leicht. »Natürlich sie selbst«, erwiderte er.
    »Jaelle?« »Jaelle.«
    Loren begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. »Sie wird uns Ärger machen, das weiß ich!«
    »Natürlich wird sie. Das ist ja ihre Absicht. Und mein Vater ist zu alt, um damit fertig zu werden. Kannst du dir Ailell jetzt am Sommerbaum vorstellen?« Und in seiner lässigen Stimme klang nun ein neues Gefühl an – tiefe Erbitterung.
    »Das konnte ich noch nie, Diarmuid.« Der Tonfall des Magiers war plötzlich sanft geworden. Er hörte auf, neben dem Prinzen hin und her zu gehen. »Welche Macht dem Baum auch innewohnt, sie liegt außerhalb meiner Sphäre. Auch außerhalb derer Jaelles, obwohl sie das gewiss bestreiten würde. Du kennst meine Ansichten in dieser Angelegenheit. Ich fürchte, dass die Magie des Blutes mehr nimmt, als sie zu geben vermag.«
    »Also sitzen wir hier untätig herum«, knurrte Diarmuid, und seine Stimme verriet ohnmächtige Wut, »wir sitzen herum, während überall in Brennin der Weizen auf den Feldern verdorrt! Ein schönes Betragen für ein so genanntes Herrscherhaus!«
    »Mein Herr und Prinz« – der Titel wurde sorgsam, in mahnender Absicht benutzt – »dies ist keine normale jahreszeitliche Erscheinung, und es bedarf meiner nicht, Euch das mitzuteilen. Eine unbekannte Macht ist hier am Werk, und nicht einmal Jaelles mitternächtliche Beschwörungen werden das Gleichgewicht wiederherstellen, bis wir der Sache auf den Grund gegangen sind.«
    Diarmuid ließ sich in einen der Stühle sinken und starrte geistesabwesend auf den Wandbehang gegenüber dem Fenster. Die Fackeln waren beinahe ganz niedergebrannt und ließen den Raum wie ein Gespinst aus lichteren und dunkleren Schatten erscheinen. Am Fenstersims gelehnt meinte Jennifer beinahe die Fäden der Spannung erkennen zu können, welche das abgedunkelte Gemach durchzogen. Was tue ich eigentlich hier, dachte sie. Und es sollte nicht das letzte Mal sein. Eine Bewegung am anderen Ende des Zimmers fiel ihr ins Auge, und als sie sich dorthin wandte, bemerkte sie, dass Paul Schafer sie ansah. Er schenkte ihr ein kleines,

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