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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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war sie klug wie skythisches Gold. Etwas so Wichtiges hätte sie nicht übersehen; dafür war sie viel zu stolz auf ihre Entdeckungen und viel zu begierig, mir zu sagen, was sie herausgefunden hatte. Meine Gedanken rasten. Vielleicht hatte sie mir noch einmal geschrieben, aber wenn ja, wo war dann diese zweite Nachricht? Zwei unbenutzte Tafelchen ihres Notizbuches hatte sie bei sich, als man sie fand, das dritte hatte sie in meinem Zimmer zurückgelassen, und wir hatten keinen Grund, anzunehmen, daß sie das vierte zu etwas Ernsthafterem als einer Einkaufsliste verwendet hatte.
    Irgend etwas war schiefgegangen.
    »Nein, meine Liebe, Sie müssen mir glauben!«
    »Warum sollte ich?«
    »Weil ich nur lüge, wenn dabei etwas herausspringt.«
    Der Kummer verzerrte ihr Gesicht. »Haben Sie sie angelogen? Oh, meine arme Cousine!« Ich warf ihr einen Blick zu, der sie für einen Moment innehalten ließ, aber es war, als hätte ich einen durchgegangenen Ochsen mit einer Handvoll Heu beruhigen wollen. »Sie war erst sechzehn!« rief die Tochter des Senators, als ob damit alles gesagt wäre.
    Mir sagte es zumindest, was ich ihrer Ansicht nach getan hatte und weshalb sie mich so sehr verabscheute.
    Wütend sprang Helena Justina auf. Aus Zimmern zu stürmen machte ihr anscheinend Spaß. Mit einem barschen »Gute Nacht« schoß sie an mir vorüber. Ich hatte nicht mal das erwartet.
    Ich blieb noch ein Weilchen auf meinem Schemel sitzen und lauschte den Geräuschen dieses fremden Hauses. Von Schwierigkeiten umzingelt fühlte ich mich furchtbar einsam und weit weg von zu Hause.
    Ich hatte recht gehabt: Eigentlich war in Britannien alles beim alten geblieben.

XXIV
    Flavius Hilaris erläuterte mir am nächsten Tag seinen Plan.
    In dem fremden Haus war ich aufgewacht, sobald sich am Morgen die ersten Dienstboten regten. Ich legte vier Schichten von Tuniken an und tastete mich leise nach unten. Ein Sklave mit röchelndem Husten zeigte mir den Weg zum Eßzimmer, wo das Gemurmel ernster Stimmen bei meinem Erscheinen sofort erstarb. Älia Camilla begrüßte mich mit ihrem überströmenden Lächeln.
    »Da ist er ja! Sie sind früh auf den Beinen – dafür, daß Sie so spät gekommen sind!« Eigenhändig stellte sie mir einen Frühstücksteller auf den Tisch und ging dann hinaus, um nach ihrem Haushalt zu sehen. Die Zwanglosigkeit in diesem Beamtenhaus brachte mich immer wieder aus der Fassung.
    Hilaris selbst, die Serviette unter dem Kinn, schob mir den Brotkorb hinüber. Helena und ihr mürrischer Blick waren ebenfalls anwesend. Eigentlich hatte ich erwartet, sie würde sich zusammen mit ihrer Tante zurückziehen, aber sie blieb mit finsterer Miene sitzen, die Hände hatte sie um einen Trinkbecher gelegt.
    »Da Sie hier früher einmal stationiert waren«, begann ihr Onkel mit der Zielstrebigkeit jener Menschen, die zur Sache kommen, sobald sie Publikum wittern, »sind Sie, was die Ereignisse der jüngsten Zeit angeht, doch gewiß auf dem laufenden.«
    Ich setzte die beflissene Miene eines Mannes auf, der sich auf dem laufenden hält.
    Zum Glück hatte der Prokurator die Gewohnheit, Besprechungen mit einer Zusammenfassung lokaler Ereignisse der jüngsten Vergangenheit zu eröffnen. Sogar zum Essen wäre er am liebsten mit der aktuellen Preisliste der zur Zeit erhältlichen Gemüsesorten erschienen. Und auch mich brachte er jetzt höchstselbst auf das laufende:
    »Edelmetalle waren, wie Sie wissen, der Hauptgrund für unsere Investitionen in Britannien. Unsere Eisenhütten in den Wäldern im Südosten werden von der Marine in der bekannten schlampigen Weise geleitet.« Ich mußte grinsen. Er war durch und durch ein Mann des Heeres. »In den Bergen drüben im Westen gibt es Gold, und im mittleren Bergland etwas Blei, obwohl der Silberanteil gering ist – aber die besten Gruben liegen im Südwesten. Früher wurden sie direkt von der Zweiten Augusta betrieben, aber da wir die Selbstverwaltung der Stämme stärken wollen, haben wir das geändert. Wir unterhalten Militärlager bei allen Gruben, um den Überblick zu behalten, aber die Leitung der Gruben selbst verpachten wir an Unternehmer aus der Umgebung.« Es war nicht zu übersehen, wieviel Spaß dem Prokurator seine Arbeit machte. Kein Wunder, daß das Establishment ihn nie ernst nahm! »In den Mendips hält zur Zeit ein Mann namens Claudius Triferus die Konzession, er nimmt seinen Anteil und verfrachtet den Rest an das Schatzamt. Er ist gebürtiger Brite. Ich werde ihn verhaften lassen,

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