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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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vorkommen«, erklärte Hilaris lächelnd. »Nur eine Vorsichtsmaßnahme«, fügte er hinzu. Es sollte keine Entschuldigung sein. Ich hatte mich ja auch nicht aufgeregt. Mit einem höflichen Nicken verständigten wir uns darüber, daß es sich hier um mein Berufsrisiko handelte.
    Eine Stimme fuhr mich so heftig an, daß ich aufsprang.
    »Sie haben ein Armband, das meiner Cousine gehört hat!«
    Ich drehte mich um: die steife junge Frau mit dem kleinen Mädchen. Augen wie gebrannter Karamel in einem Bittermandelgesicht. Goldene Ohrringe, an jedem eine kleine Karneolperle. Plötzlich begriff ich; sie war die Tochter meines Senators – Helena.
    Sie saß in einem Korbsessel, und das Kind turnte fröhlich auf ihrem Schoß herum. (Ich wußte, sie hatte selbst keine Kinder, also mußte das Mädchen in dieses Haus gehören.) Niemand hätte diese junge Frau als unscheinbar bezeichnet, aber was die Ausstrahlung anging, so konnte sie es mit ihrer Tante nicht aufnehmen. Sie hatte die herrischen Augenbrauen ihres Vaters, aber der verächtliche Ausdruck um ihre schmalen Lippen erinnerte mich an seinen Bruder Publius.
    »Sie müssen es zurückgeben, Falco!«
    Frauen mit lauter Stimme und schlechten Manieren waren noch nie mein Typ.
    »Pardon, aber ich behalte es lieber.«
    »Ich habe es ihr geschenkt!«
    »Und sie hat es mir geschenkt!«
    Jetzt verstand ich, warum der Senator seiner Schwester mit den sanften Augen so zugetan war: er selbst hatte nur diesen Drachen in die Welt gesetzt.
    Während die Blitze zwischen uns hin- und herzischten, meinte Älia Camilla mit einem Anflug von Tadel in der Stimme: »Mir scheint, wie wir anderen Menschen die Treue halten, muß jeder selbst bestimmen. Didius Falco, haben Sie meine arme Nichte gemocht?«
    Sie war der klassische Typus der römischen Matrone; zornige Auftritte unterband Älia Camilla auf der Stelle. Aber nachdem ich in dieser Beziehung schon dreißig Jahre lang meiner Mutter ausgewichen bin, gleiten Fragen, die sich auf Frauen beziehen, einfach an mir ab.
    »Oh, ich bitte um Vergebung!« sagte Älia Camilla. »Das war unverzeihlich von mir.«
    Nur mit Mühe brachte ich eine Erwiderung zustande: »Madame, jeder hätte Ihre Nichte gemocht.«
    Sie lächelte traurig. Uns war beiden klar, daß mein schlichtes Kompliment keine Antwort auf ihre Frage war.
    Älia Camilla sah zu ihrem Mann hinüber, der wieder die Führung des Gesprächs übernahm.
    »Ich bin natürlich offiziell über die Gründe Ihres Besuch in Britannien unterrichtet, aber ich würde auch gern aus Ihrem Mund hören, welches Ihre Motive sind. Halten Sie sich für schuldig an ihrem Tod?«
    »Für schuldig halte ich den Mann, der sie getötet hat, Prokurator«. Ich sah, wie sich seine schmalen Augenbrauen hoben. »Aber solange er nicht entlarvt ist, übernehme ich die Verantwortung.«
    Die Frau, mit der ich gestritten hatte, hob jetzt das Kind von ihrem Schoß und ging rasch aus dem Zimmer. Sie war groß. Während ich ihr nachsah, dämmerte mir, daß ich große Frauen früher mal gemocht hatte.
    Da sich Scheinheiligkeit meistens auszahlt, sagte ich respektvoll: »Hatte ich soeben die Ehre, den Unwillen der Tochter meines Klienten zu erregen?«
    Älia Camilla machte ein besorgtes Gesicht wegen der Art, wie das Mädchen nach draußen gestürmt war. Hilaris hielt seinen Finger dem Baby hin, das ihn im Schlaf eine Zeitlang umklammerte. Offenbar betrachtete der Prokurator Wutanfälle mit gelassenem Sarkasmus. Statt breit zu grinsen, konzentrierte er sich darauf, seinem Baby den winzigen Filzschuh wieder anzuziehen, den es eben von sich geschleudert hatte, und sagte dann: »Falco, ich bitte um Vergebung! Das war Helena Justina, die Nichte meiner Frau. Ich hätte sie Ihnen vorstellen müssen – es gibt da offenbar den Plan, daß Sie Helena nach Rom zurückbegleiten sollen?«
    Ich hielt seinem Blick lange genug stand, um den Witz zu verstehen, und erwiderte dann in ungerührtem Ton, ich hätte davon gehört.

XXIII
    Der Trübsinn hatte mich fest im Griff, auch ohne die Auseinandersetzung mit dieser Hexe namens Helena. Ihr stand eine lange, gefahrvolle Reise durch barbarisches Gebiet bevor, wenn sie nach Hause wollte, und der Senator war gewiß gut beraten, ihr professionellen Begleitschutz mit auf den Weg zu geben – aber warum er, nachdem meine Bemühungen um Sosia Camillina in einer Katastrophe geendet hatten, ausgerechnet mich für diesen Posten ausersehen hatte, war mir unklar. Ich wollte ihm behilflich sein, aber nachdem ich

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