Silence
mit den Fingern über die seidige Haut. Meine Zähne nagten an meiner Unterlippe und ich wagte kaum zu atmen.
»Du hast Angst«, flüsterte Giovanni.
»Woher weißt du das?«, ich richtete mich auf und schenkte ihm ein nervöses Lächeln.
»Du zitterst«, grinste er.
»Oh.«
»Du musst keine Angst haben. Wir haben bis in alle Ewigkeit Zeit, das zu tun, oder es auch nie zu tun. Es stört mich nicht.«
»Es stört dich nicht? Du bist ein Mann. Die stört das immer«, sagte ich belustigt.
»Du hast recht. Aber ich werde es überleben. Es reicht mir, dich in den Armen zu halten.« Giovanni zog mich wieder auf seine Brust herunter.
»Was ist diese Abenddämmerung, über die Vincenzo heute gesprochen hat?«, fragte ich nach einigen Minuten des Schweigens, um mich auf andere Gedanken zu bringen. Vincenzo hatte diese Organisation heute in seiner Rede erwähnt. Der Clan seines Meisters gehörte demnach dieser Gruppe an. Aber wenn ich dem Gemurmel unter den Vampiren glauben durfte, waren nicht alle glücklich über diese Abenddämmerung.
»Die Abenddämmerung, das ist eine alte Vereinigung. Die geht auf die Kriege zurück. Im Grunde ist sie so was wie eine Allianz und sorgt dafür, dass wir friedlich zusammenleben. Den Angehörigen ist es verboten, Werwölfe zu jagen. Vincenzos Schöpfer hat sie gegründet, nachdem feststand, dass die Vampire die Werwölfe fast ausgelöscht hatten.«
»Dann ist es wohl kein Zufall, dass die Wölfe sich für den Titel Morgendämmerung entschieden haben«, sagte ich kichernd.
»Morgendämmerung?«
»Ich hab ein altes Buch bei meinem Vater gefunden. Das trug den Titel Morgendämmerung. Im Grunde ging es um die Gründung von Silence, glaube ich. Aber da standen auch Namen im Buch. Ich vermute, eine Liste der Einwohner von Silence, die Wölfe sind.«
»Dann wird diese Morgendämmerung wohl das Gegenteil der Abenddämmerung sein.«
»Eine Vereinigung, die von allen Werwölfen verlangt, sich vor der Welt zu verstecken, auch wenn das bedeutet, ihren Kindern zu schaden?«, fragte ich bitter und spürte wie die Wut in mir wieder keimte.
»Obwohl mir nicht ganz klar ist, warum sie sich völlig zurückgezogen haben. Die Abenddämmerung wäre sicher der bessere Weg gewesen.«
»Und euch ist wirklich nie aufgefallen, dass es uns noch gibt?«, fragte ich erstaunt.
»Natürlich ist uns das eine oder andere Mal ein Wolf über den Weg gelaufen, aber es waren seltene Begegnungen. Die Abenddämmerung hat euch zu einer geschützten Art gemacht«, grinste Giovanni. »Ihr galtet als vom Aussterben bedroht.«
»Vom Aussterben bedroht«, murmelte ich an Giovannis Brust. »Ich wüsste gerne, wie viele es von uns gibt. Vielleicht sind wir gar nicht so bedroht, wie ihr glaubt«, überlegte ich laut.
»Das könnte durchaus sein. Bemerkenswert, wie sie es geschafft haben, sich so lange zu verstecken.«
»Bei den Methoden«, sagte ich bissig.
»Du hast recht, auch wenn ich ihre Beweggründe verstehen kann. Wer wi ll nicht seine Kinder schützen? Aber euch vor vollendete Tatsachen zu stellen, das finde ich schlimm.«
Meine Finger fuhren wieder die Konturen seiner Muskeln nach, die auf seinem Bauch ein perfektes Sixpack bildeten. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter und flüsterte heiser: »Vielleicht will ich es doch tun.«
»Was? Das Internat?«
»Nein! Nicht das. Das, worüber wir vorhin gesprochen haben.«
»Worüber haben wir denn gesprochen?«, fragte mein Vampir unschuldig.
»Das weißt du genau«, sagte ich entrüstet und stupste Giovanni in die Rippen.
»Ach das«, sagte Giovanni gedehnt. »Ich weiß nicht. Irgendwie bin ich ziemlich müde.« Giovanni rollte sich über mich und lachte. »Andererseits. Bist du dir sicher?«
Ich nickte.
Der stürmische Kuss, der folgte, zeigte mir deutlich, wie erfreut Giovanni über diese Entscheidung war.
22 . Kapitel
Am nächsten Nachmittag erwachte ich mit schrecklichen Krämpfen. Jeder Muskel, jeder Knochen in mir schien in Flammen aufzugehen. Mein Körper bäumte sich auf, meine Fäuste klammerten sich in die Laken. Panisch schrie ich den Schmerz und die Angst aus mir heraus.
Sekunden später stürmten drei Vampire in mein Zimmer. Giovanni riss mich in seine Arme. Der Duft, den seine Haut ausströmte, drang brennend in mich und entfachte ein Verlangen in mir, das den Schmerz der Krämpfe fast auslöschte. Gierig schnupperte ich an seiner Haut. Ein Knurren entrang sich meiner Kehle.
Jemand zerrte Giovanni von mir weg. Ich wollte ihn
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